Rhein-Neckar-Löwen

Zwischen Fortschritt und Skepsis

Die Handballer haben gegen Wetzlar zwar deutlich gewonnen, müssen sich aber vor allem in der Abwehr noch steigern

15.03.2019 UPDATE: 16.03.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden

Wie in den alten Zeiten: Kapitän Andy Schmid versprühte gegen Wetzlar Spielfreude. F.: vaf

Von Daniel Hund

Mannheim. Ist das Spiel rum, kennt Nikolaj Jacobsen eigentlich nur eine Richtung: Ab in Richtung Kabine, Tunnelblick inklusive. Schnell über das reden, was zuvor auf der Platte passiert ist. Loben oder kritisieren. Je nachdem. Am Donnerstagabend, der 31:21-Sieg gegen die HSG Wetzlar war gerade mal ein paar Sekunden alt, hatte der Trainer der Rhein-Neckar Löwen mehr Zeit. Er nahm sie sich, genoss das Hochgefühl ganz bewusst: Während seine Spieler im Hintergrund mit den Fans in der SAP Arena die La-Ola-Welle starteten, drehte Jacobsen seine ganz persönliche Mini-Ehrenrunde. Ganz nah dran war er, schüttelte Hände, nahm Glückwünsche entgegen - tankte Kraft für die Wochen der Wahrheit.

Bis zum letzten Titel-Strohhalm ist es nämlich nicht mehr lange hin. Am kommenden Mittwoch steigt im Mannheimer "Ufo" das Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen Nantes. Der Traum vom Weiterkommen, vom Durchmarsch bis zum Final Four in Köln, er lebt. Doch ist der auch realistisch? Nimmt man die Leistung gegen Wetzlar als Maßstab, schwingt da eine gehörige Portion Skepsis mit. Selbst beim letztlich klaren Heimerfolg gegen die Mittelhessen war nicht alles Gold, was glänzte. Vor der Pause klappte wenig, danach wurde es besser, teilweise sogar richtig gut. Jacobsen sagte es so: "Wenn man sich die ersten 45 Minuten anschaut, muss man sehen, dass die Differenz von zehn Toren am Ende zu hoch war."

Selbstkritik ist immer gut. Wenngleich da auch Dinge waren, die Mut machen. Gerade der Angriff, der in dieser Saison meist das Problem war, gefiel. Diesmal wurden stets Lösungsansätze gefunden. Gehapert hat es zuweilen lediglich am Abschluss. Die Gelben verballerten viel, hätten sich schon deutlich früher entscheidend absetzen können.

So viel zum Guten, weiter mit dem Ausbaufähigen: der Abwehr. Jacobsen leicht nachdenklich: "Wir haben uns durch Abspracheprobleme das Leben selbst schwer gemacht. Das müssen wir abstellen, im Hinblick auf einen Gegner wie Nantes sowieso." Gerade der gelbe 6:0-Riegel glich am Donnerstag eher einem Schweizer Käse. Große Löcher taten sich auf, Lücken, die Wetzlar immer wieder geschickt nutzte. "Da müssen wir enger zusammenrücken und 60 Minuten lang die Konzentration oben halten." Sagt Oliver Roggisch, der jetzige Sportliche Leiter der Löwen, der Deutschland 2007 als Abwehrchef zum WM-Titel geführt hatte.

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Genug gemeckert. Es gab nämlich auch Gewinner. Elf-Tore-Mann Andy Schmid natürlich, aber auch ein gewisser Vladan Lipovina demonstrierte, wie wertvoll er in dieser Saison noch sein kann. Nach der Pause rückte er im Angriff auf die Platte und mit ihm eine Wucht, die auch in großen Spielen den Unterschied machen kann. Lipovinas linker Arm ist eine Waffe. Knallhart und präzise kann er den kleinen Ball auf die Reise schicken. Gegen Wetzlar gelangen ihm drei Bilderbuch-Treffer. Seinen Chef überrascht das nicht: "Seit der WM-Pause macht er das sehr gut, er kommt mit viel Energie und kann eben auch aus der zweiten Reihe treffen", lobt Jacobsen.

Der Held des Abends war dennoch Schmid. Der Schweizer erinnerte gegen Wetzlar stark an den Mann, der die Löwen zweimal zur Meisterschaft geführt hat, diesen genialen Handballer, den es so auf diesem Planeten kein zweites Mal gibt. Ihn selbst freute die Gala auch, doch man merkte trotzdem, dass die letzten Wochen und Monate nicht spurlos an ihm vorübergegangen sind. Als alles vorbei war, schnappte sich der Kapitän das Mikrofon und ging in der SAP Arena auch verbal voran. Schmid in Richtung Anhang: "Die Saison ist jetzt wie sie ist. Wir werden bis zum Schluss alles versuchen, um noch das Beste rauszuholen. Aber habt Vertrauen in uns und daran, dass wir in den nächsten Jahren wieder erfolgreich sein werden."

Nach Wetzlar und vor Nantes ist nun Lemgo: Am Sonntag ab 13 Uhr geht es beim Altmeister um Bundesliga-Punkte. "Dort wartet eine schwere Aufgabe auf uns", warnt Roggisch.

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