Von Roland Karle
Obrigheim. Mit Silber im Gepäck machte sich Jakob Neufeld auf die Heimfahrt von der deutschen Meisterschaft in Roding. Der Gewichtheber des SV Obrigheim hatte seinem 17 Jahre jüngeren Konkurrenten Roberto Gutu aus Samswegen lange Paroli und dem Publikum ein spannendes Duell geboten.
Jakob Neufeld, Sie sind jetzt 35 Jahre alt, Familienvater und mitten im Lehramtsstudium. Welche Bedeutung haben da noch deutsche Meisterschaften?
Jakob Neufeld: Für mich ist die DM nach wie vor der wichtigste Einzelwettkampf des Jahres und ein Fixtermin. Seit 1998 starte ich bei deutschen Meisterschaften und habe nur einmal, im Jahr 2003, gefehlt. Solange ich noch gut beieinander bin und ich es mir zeitlich einrichten kann, will ich dort starten.
Am vergangenen Wochenende haben Sie sich ein spannendes Duell mit dem erst 18-jährigen Roberto Gutu geliefert, einem der wenigen großen Talente im deutschen Gewichtheben. War das ein besonderer Ansporn?
Ich muss mir nichts beweisen, aber solche Wettkämpfe machen Spaß. Ich habe versucht, den jungen Kerl zu kitzeln und herauszufordern. Das hat mir gefallen.
Waren Sie enttäuscht, dass es nicht zum Meistertitel gereicht hat?
Das nehme ich sportlich, Gutu hat am Ende eben ein paar Kilo mehr geschafft. Ich war mit meinem Wettkampf zufrieden, vor allem wenn ich bedenke, wie wenig ich zum Trainieren komme. Wenn es gut klappt, sind zwei bis drei Einheiten in der Woche drin, aber meist erst am späteren Abend, wenn alles andere erledigt ist. Dabei kommt natürlich die Regeneration zu kurz.
Vermutlich spüren Sie harte Trainingseinheiten heute länger als früher.
Na klar. Da tut am nächsten Tag alles weh, und die Schmerzen bleiben erstmal. Als junger Athlet habe ich mich viel schneller erholt und zu meiner Zeit als Leistungssportler waren natürlich die Bedingungen besser. Gewichtheben war mein Beruf, jetzt bin ich nur noch Freizeitsportler.
Der fast nochmal deutscher Meister geworden wäre.
Viel gefehlt hat wirklich nicht. Ich hatte im Reißen 130 Kilo vorbereitet, am Ende waren es 133. Und im Stoßen hatte ich 160 Kilo geplant, die im zweiten Versuch auch gekommen sind. Aber dann musste ich um fünf Kilo steigern, um Gutu zu schlagen. Das waren an diesem Tag zwei, drei Kilo zu viel. Ich bin schwer aus der Hocke gekommen, musste arg kämpfen und dann hat beim Ausstoßen die Kraft gefehlt. Schade drum, aber ich hab’s probiert.
Am Samstag steht der letzte Bundesliga-Wettkampf des Jahres 2018 auf dem Programm. Was haben Sie sich vorgenommen für den Auswärtskampf in Heinsheim?
Wenn ich es schaffe, mein Ergebnis von Roding zu wiederholen, wäre das prima. Wir wollen das Jahr auf jeden Fall mit einem Sieg abschließen und möglichst viele Punkte holen.
Sie rechnen fest damit, dass Obrigheim trotz des verlorenen Duells in Speyer auch in diese Saison den Sprung ins Finale schafft?
Das ist unser Ziel, daran halten wir fest. Die Niederlage in Speyer war unglücklich und extrem knapp. Aber wir haben es noch selbst in der Hand, uns für den Endkampf zu qualifizieren. Mitte Februar im Heimkampf gegen den AC Mutterstadt wird sich das wohl entscheiden.
Wenn Mutterstadt am Samstag gegen Speyer siegt, bestünde sogar die Chance, dass Obrigheim die Gruppenphase als Erster abschließt und das Finale in der Neckarhalle ausrichtet. Drücken Sie Mutterstadt die Daumen?
Da bin ich unentschieden. Gewinnen die Mutterstädter und wir geben gegen sie einen Punkt ab, könnte es sein, dass wir am Ende nur Dritter sind und den DM-Endkampf ganz verpassen. Natürlich ist die andere Option reizvoll - wieder mal ein Finale vor eigenem Publikum. Aber dann müssen wir auch viele Relativpunkte holen, weil es am Ende darauf ankommen kann. Es wird wohl richtig spannend werden in dieser Saison.
Können Sie sich auf einen Wettkampf wie gegen Mutterstadt speziell vorbereiten und ein größeres Trainingspensum einplanen?
Das geht nur sehr bedingt. Im Hauptjob bin ich Student und derzeit im Praktikum an der Neuburg-Grundschule in Dossenheim. Da bin ich sehr gefordert, die Zeit fürs Training ist knapp. Ich sitze ja allein schon gut zwei Stunden jeden Tag im Auto, um von meinem Wohnort Pleutersbach nach Dossenheim und zurück zu fahren.
Unterrichten Sie schon selbst?
Ja, zurzeit bin ich voll im Einsatz.
Haben Sie die Entscheidung, Grundschullehrer für Mathematik und Sport zu werden, schon mal bereut.
Überhaupt nicht, das war eine super Entscheidung. Mir macht es riesigen Spaß mit den Kleinen, das ist mein Ding. Aber es ist auch sehr anstrengend. Ich ziehe den Hut vor jedem Lehrer, für mich sind das Leistungssportler.