Von Claus-Peter Bach
Heidelberg. Gerhard Schäfer ist seit 1995 Vorsitzender des Sportkreises Heidelberg. Der 71-jährige Oberstudienrat im Ruhestand wird sich am 6. April 2019 beim Sportkreistag in Heidelberg-Ziegelhausen für eine neunte dreijährige Amtsperiode zur Wahl stellen. Schäfer wirkt außerdem als Vizepräsident für Bildung und Qualifizierung im Badischen Sportbund Nord (BSB) und ist Schatzmeister der Sportregion Rhein-Neckar. Im RNZ-Gespräch zeigt Schäfer Aufgaben, Chancen und Perspektiven des Sports in Heidelberg und im Rhein-Neckar-Kreis auf.
An der Speyerer Straße wird tüchtig gebaut: Ende des Jahres 2019 soll die Heidelberger Großsporthalle fertig sein, dann jagen sich Sport- und Kulturereignisse. Foto: vaf
Herr Schäfer, der Heidelberger Gemeinderat hat kürzlich den Haushalt 2019/20 und damit ein neues Sportförderungsprogramm beschlossen. Welche Neuerungen gibt es darin?
Ich möchte eingangs herausstreichen, dass es keine negativen Veränderungen gegeben hat. Die Stadt wird den Vereinssport so gut fördern wie bisher, allerdings werden ab sofort nicht nur die lizenzierten Übungsleiter genauso gefördert wie vom Badischen Sportbund Nord, sondern auch die lizenzierten Jugendleiter und Vereinsmanager. In Zahlen: Wer in einem dieser drei Felder jährlich 200 Stunden für seinen Verein wirkt und die Vereinsführung das bestätigt, wird eine staatliche und städtische Belohnung in Höhe von 1000 Euro erhalten, 2,50 Euro pro Stunde, jeweils vom BSB und der Stadt. Alle diese Neuerungen hat übrigens auch der Rhein-Neckar-Kreis beschlossen.
2019 wird der "Brexit" Realität. Wird der Austritt der Briten aus Europa die Sportpartnerschaft zwischen Cambridge und Heidelberg beschädigen?
Nein, die Freundschaften zwischen Heidelberger Vereinen und Sportlern und ihren Partnern in Cambridge sind über Jahrzehnte gewachsen und stabil. An Ostern wird es wieder, diesmal in Heidelberg, ein sportliches Besuchsprogramm mit jungen Rugbyspielern geben. Deutsch-britisch gerudert wird ebenfalls weiterhin, wenn auch nicht immer von Königlichen Hoheiten. Möglicherweise wird es wieder zeitraubende Grenzkontrollen geben, was unsere Sportfreundschaft aber nicht trüben wird.
Wie ist es um die anderen Sportpartnerschaften Heidelbergs bestellt?
Die Partnerschaft mit Simferopol muss gegenwärtig schlummern, weil offizielle sportliche Aktivitäten als Anerkennung des politischen Status Quo auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim missverstanden werden könnten. Der österliche Austausch mit Vichy läuft prima, der Pfingstaustausch mit Montpellier ist stabil. Mit Bautzen gibt es dank der Treue des dortigen Kreissportbund-Ehrenpräsidenten Peter Schmidt jährlich einen mehrmaligen Austausch auf Funktionärsebene, mit Östergötland im August eine Tournee von 30 bis 40 Sportlern, und in Bezug auf Palo Alto wird an einem Basketball-Austausch mit San Francisco gestrickt. Kumamoto ist im Herbst 2019 Spielort für Begegnungen der Rugby-Weltmeisterschaft und hat eine U16-Stadtauswahl Heidelbergs zur Teilnahme an zwei Siebenerrugby-Turnieren und zum Besuch zweier WM-Spiele eingeladen.
Gerhard Schäfer führt seit 23 Jahren den Sportkreis Heidelberg. Foto: vaf
Der Bau der Heidelberger Großsporthalle in der Nachbarschaft zur Bahnstadt hat zügig begonnen. Welche Hoffnungen knüpfen Sie an dieses Projekt?
Grundsätzlich ist es für ein Oberzentrum wie Heidelberg mit wachsender Bevölkerung sehr gut, eine solche Multifunktionshalle für den Sport und kulturelle Ereignisse zu haben. Nachdem die Eppelheimer Rhein-Neckar-Halle aufgrund der Brandschutzgesetze nur noch von maximal 199 Personen genutzt werden darf, besteht Bedarf. Ich gehe davon aus, dass die Großsporthalle nicht nur von den MLP Academics und den Rhein-Neckar Löwen genutzt wird, sondern zu besonderen Wettkämpfen auch von der Kunstturngemeinschaft Heidelberg oder den Volleyballern, sofern die Nutzungsgebühren dies ermöglichen. Auch der Schulsport wird dort stattfinden.
Das stellen wir uns schwierig vor: Abends die Löwen oder Madonna, morgens Geräteturnen der Klasse 3a ...
... Madonna wird eher in Mannheim singen ...
... dann eben die Fischer-Chöre?
Technisch und organisatorisch ist das gut machbar; wir haben ja die "Heidelberger Dienste".
Wird die Großsporthalle auch die neue Heimat des Sportkreises?
Nein. Der Sportkreis wird sein Büro am Harbigweg aber aufgeben und mit dem Polizei-Sport-Verein, dem Eisenbahner-Sportverein und Teilen des Amtes für Sport und Gesundheitsförderung das sanierte Gebäude der ehemaligen Gärtnerei Jochum auf der anderen Seite der Speyerer Straße beziehen, das die Stadt vor langer Zeit gekauft hat. Gegenwärtig arbeitet der Sportkreis mit drei Hauptamtlichen, fünf FSJ-Mitarbeitern und zwei Praktikanten auf 100 Quadratmetern. Wir benötigen wesentlich mehr Raum. Durch die Nachbarschaft zur Großsporthalle sind allerdings Synergieeffekte vorstellbar.
Im Heidelberger Norden wird an einem Masterplan für das Neuenheimer Feld gebastelt. Inwieweit müssen sich die Sportvereine auf Veränderungen einstellen?
Das "Bündnis für den Sport", dem zwölf der 13 im Gemeinderat vertretenen Parteien und Fraktionen angehören, garantiert einen breiten Gedankenaustausch und hat seine Diskussionen bisher so geführt, dass Konsensentscheidungen möglich wurden. In Bezug auf den entstehenden Masterplan gibt es die Grundaussage: Was Sport ist, soll Sport bleiben. Sollte also ein Verein sein Gelände verlieren, müssen Ausgleichsflächen in unmittelbarer Nähe zur Verfügung gestellt werden.
Wer garantiert das?
Für die Zukunft des Sports im Neuenheimer Feld gibt es eine Arbeitsgruppe mit Repräsentanten des Instituts für Sport und Sportwissenschaften der Universität, dem Amt für Sport und Gesundheitsförderung, des Olympiastützpunkts Rhein-Neckar und des Sportkreises, die alle die Interessen der Vereine im Auge haben. Kein Verein muss Angst haben, etwas zu verlieren. Unabhängig von der Gestaltung und Platzierung der Uni- und Sporteinrichtungen muss natürlich die Verkehrssituation zügig und vorrangig verbessert werden.
Die Stadt hat Frau Dr. Katharina Fischer zur Förderung des Kinder- und Jugendsports engagiert. Was wird das bewirken?
Frau Dr. Fischer hat die Nachfolge des verstorbenen Sportpädagogischen Beraters Jürgen van Haaren angetreten, der viele junge Leichtathleten aufgebaut hatte. Sie ist für die Talentförderung in den typischen Heidelberger Sportarten Basketball, Hockey, Leichtathletik, Rudern, Rugby, Schwimmen und Volleyball zuständig und wird zunächst erkunden: Was gibt es bereits, was kann man entwickeln, wo gibt es Gemeinsamkeiten, was kann man gemeinsam machen?
Welche Impulse gibt der Sportkreis zur Jugendförderung?
Wir haben unter der Leitung von Martino Carbotti und unserer FSJ-Mitarbeiter die Programme "Heidelberger Sportskanone", "Sporteln am Samstag", "Kinder-Olympiade" und die Sportabzeichen-Wettbewerbe der Schulen, mit denen wir Kinder und Jugendliche zu lebenslangem Sporttreiben ermuntern. Aber auch unsere Vereine und Fachverbände tragen viel zu einem hochklassigen und attraktiven Jugendsport-Programm bei - man denke nur an die vielen Nachwuchsrennen bei der Ruderregatta, den Bambini-Lauf beim Halbmarathon oder das internationale Siebenerrugby-Turnier für Jungen und Mädchen.
Gibt es Besonderheiten des Heidelberger Sports?
Ja, zahlreiche sogar! Wir haben einen sehr lebendigen Neckar mit Ruderregatta, Drachenboot-Cup, Segelregatten, Beachvolleyball oder Triathlon "HeidelbergMan", und wir haben große Ereignisse für Ausdauersportler wie den Halbmarathon, den Rollstuhlmarathon und den Gelita Trail Marathon, um die uns andere Städte und Regionen beneiden. In vielen Sparten, auch im Seniorensport, sind Heidelberger Athleten und Teams im bundesweiten Vergleich besonders gut.
Die Reform des deutschen Spitzensports zeitigt endlich erste Ergebnisse. Was bedeutet das für Heidelberg?
Schon vor dem alles beschleunigenden Ministerwechsel wurde die für Baden-Württemberg gute Lösung gefunden, alle drei Olympiastützpunkte in Freiburg, Stuttgart und Heidelberg unter der zentralen Trägerschaft des Landessportverbandes Baden-Württemberg als dezentrale Serviceeinrichtungen für unsere besten Spitzen- und Nachwuchssportler zu erhalten. Das garantiert Effektivität in der täglichen Arbeit der Olympiastützpunkte, die für die Athleten da sind. Mit dem OSP Rhein-Neckar, der von Daniel Strigel hervorragend geführt wird, arbeiten wir bestens zusammen. "Unser OSP" funktioniert.
Manche Vereine klagen, dass es schwierig geworden sei, ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Führungs- und Betreuungsaufgaben zu finden. Was tut der Sportkreis zur Ehrenamtsförderung?
Wir haben 2018 anlässlich einer Schlossbeleuchtung eine Schifffahrt für Ehrenamtliche in den Vereinen durchgeführt. Für 200 Plätze gab es 400 Anmeldungen, so dass wir das 2019 oder 2020 wiederholen werden. Wir ehren unsere besten Sportlerinnen und Sportler, die Erwachsenen und die Talente, denn öffentliche Anerkennung ist der Lohn im Amateursport. Und wir folgen dem Regio-Konzept des BSB und laden zu Fortbildungen vor Ort ein. An einzelnen Schulungsabenden im Rhein-Neckar-Raum, die immer gut besucht sind, kann man bei kleinem Aufwand viel lernen. Unser Mitarbeiter Ralph Fülop beispielsweise hilft den Vereinen bei der Öffentlichkeitsarbeit und Digitalisierung.
Wird der Sport entbürokratisiert?
Man spricht davon. Wenn man sich aber betrachtet, wie wir Deutschen die eigentlich sinnvolle Datenschutzgrundverordnung der EU handhaben, kann man verzweifeln. Ich erinnere daran: Man wollte die Datenkraken in der Wirtschaft bändigen ...
2019 ist das Jahr der Wahlen. Es beginnt mit dem Sportkreistag am 6. April in Ziegelhausen. Machen Sie weiter?
Ja, ich trete wieder an. Birgit Grimm und Alfred Lampert wollen aus dem Vorstand ausscheiden, es gibt Nachfolge-Kandidaten. Beim Sportbundtag des BSB am 25. Mai in Wiesloch wird erstmals die neue Satzung angewandt, also werden drei Vertreter der Fachverbände und zwei Vertreter der Sportkreise in das Präsidium gewählt. Und beim Landessporttag am 13. Juli in Mannheim wird entschieden, ob Elvira Menzer-Haasis Präsidentin bleiben darf. Das hoffe ich sehr!