Lisa Gutfleisch (rechts) und Marie-Sophie Zeidler rudern im Zweier. Foto: DRV/Seyb
Von Katharina Eppert
Heidelberg.In die Startlöcher, Deutschlandskulls in die Auslage, Blätter stecken und "Go". Ein Ablauf, den Lisa Gutfleisch kennt. In- und auswendig. International und national. Schließlich hat die Leistungsruderin aus dem "Stall" des Heidelberger Ruderklubs (HRK) bereits viel Wettkampferfahrung.
Dass am Wochenende bei der European Rowing Championship U 23 in Duisburg dieser positive Wetteifer, jenes körperlich-mentale Spannungsgefühl, wieder bis zum Anschlag erzeugt wird, ist für die 21-Jährige dennoch aufregend. Und damit sitzt sie nicht allein im Boot. Ruderpartnerin Marie-Sophie Zeidler, die Schwester von Einer-Weltmeister Oliver Zeidler, ist mit von der Zweier-Partie, sitzt auf Schlag, Gutfleisch auf Bug.
Die letzten Wochen trainierte Gutfleisch hart, um auf Co-Schlag den bestmöglichen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Eine Wissenschaft für sich, bekennt sie. Doch Gutfleisch sei es gewohnt, sich auf neue Situationen, neue Positionen, fix einzustellen.
Trainiert werden die beiden Athletinnen von Marie-Sophie Zeidlers Opa, der Ruderlegende Hans-Johann Färber. Ein Bonus für ihre Ruderpartnerin? "Ganz und gar nicht", meint Gutfleisch: "Ich hatte eher das Gefühl, dass er ihr gegenüber sogar kritischere Töne äußerte. Das verlief alles schon sehr professionell."
Trotz ihres vollen Trainingsplans der vergangenen Wochen – mit Stationen in Ratzeburg und Essen – sah man Gutfleisch gelegentlich auch auf dem Neckar rudern, im Einer. Und wenn man sie nicht gleich von der Alten Brücke aus erspähte, dann zumindest ihre schwarz-rot-goldenen Deutschlandskulls. Ein unverkennbares Lisa-Indiz!
Ihr persönliches Ziel bei der EM ist eine Medaille und eine für sie zufriedenstellende Leistung, so Gutfleisch. "Ich schätze Kroatien und Rumänien relativ stark ein – vielleicht auch Griechenland oder die Schweiz. Ist schwer zu sagen". Immerhin gehen 650 Teilnehmende aus 32 Ländern an den Start, um ihre Hände nach dem beliebten Wedau-Gold zu strecken. Sehr gut aufgestellt ist der Deutsche Ruderverband, der in allen Bootsklassen an den Start geht und damit die größte Mannschaft stellt.
Gibt es ein Ritual für Ruderer? Sie lacht: "Das habe ich nicht mehr". Eine Apfelschorle oder einen Kaffee am Morgen seien ihr Booster vor dem Wettkampf. Doch früher hatte sie so etwas tatsächlich. Ihre Mutter drückte vor dem Rennen kurz einen Tennisball ans Boot. Das stand symbolisch dafür, dass selbst eine halbe Sekunde noch über den Sieg entscheiden kann. Ein Ansporn, den die 21-Jährige auch ohne physisches "Ritual" abgespeichert hat.
Gutfleisch anfeuern und ihr zujubeln können Familie, Freunde und HRK-Klubmitglieder am Samstag und Sonntag leider nicht, jedenfalls nicht direkt vor Ort und Stelle. Es gibt strikte Corona-Auflagen. Der Weltruderverband FISA überträgt jedoch alle Rennen live auf seinem YouTube-Kanal (WorldRowingFISA). Gutfleisch und Zeidler gehen am Samstag um 11.30 Uhr ins erste Rennen.