André Thieme war beim Maimarkt eine Klasse für sich. Foto: Yadel Möhler Photography
Von Roland Kern
Mannheim. Er ist nicht ohne Grund der amtierende Europameister: André Thieme hat am Dienstag die traditionsreiche Mannheimer "Badenia" zum Abschluss des Maimarkt-Turniers gewonnen. Der 47-jährige Mecklenburger war im Stechen um den Sieg auf seiner DSP-Stute Chakaria eine Klasse für sich – auch als Sieger der Herzen und mit den passenden Worten bei der Siegerehrung vor Tausenden Maimarkt-Besuchern. "Ich liebe diese Stute", erklärte er, "sie gehört zur Familie und ich gebe sie nie mehr her." Er komme ganz aus dem Norden Deutschlands. "Aber selbst dort ist die Badenia ein Begriff", sagte Thieme. Dann brachen sie – er und seine Stute in love – zur Ehrenrunde auf.
Thieme entschied das 1.60 Meter-Springen um den Preis der Mannheimer MVV für sich vor der Bayerin Jörne Sprehe mit Hot Easy, der Österreicher Championatsreiterin Julia Houtzager-Kayser mit High Five, dem baden-württembergischen Hallenspezialisten Timo Beck mit Mirabel van de Oudevelhoeve und Rene Tebbel mit Good Morning. So endete das Maimarkt-Reitturnier mit großem Sport am Dienstag, die Turniertage wurden von fast 50 000 Menschen besucht.
Vor der "Badenia" hatte Turnierleiter Paul Hofmann ein positives Fazit gezogen. Der 39-jährige Unternehmer und ehemalige deutsche Junioren-Meister im Springreiten, musste kurzfristig die "Pole-Position" der Organisation einnehmen, weil sein Vater Peter Hofmann wegen Corona in Quarantäne bleiben musste. Der Mannheimer Reiterpräsident ließ sich jeden Abend online in die Orga-Sitzung zuschalten. Besonders schade für ihn: Es wäre sein 40. Turnier gewesen.
Außerdem hatte Hofmann, der auch Präsidiumsmitglied des deutschen Reiterverbandes FN ist, sein ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen, um den Nationenpreis ins Mühlfeld zu holen. Jetzt konnte er das ganze Geschehen nur zuhause über einen Monitor verfolgen. "Natürlich bin ich auf der einen Seite enttäuscht, aber andererseits bin ich sehr froh und stolz auf mein Team, das den Maimarkt in seiner gewohnten Qualität durchgezogen hat." Schon am Sonntagabend hatte FN-Präsident Hans-Joachim Erbel durchblicken lassen, dass der Reiterverband bei der Austragung des EEF-Nationenpreises weiterhin mit Mannheim plant. Dann wird Peter Hofmann im nächsten Jahr seine Präsenz nachholen können.
In der "U 25-Tour" ist Hannah Schleef, Bereiterin am Stall Deuerer in Bruchsal, knapp an einer Qualifikation zum Finale des "U 25-Springpokals" vorbeigeschrammt. Dabei sah es am Montag noch ganz anders aus, als die 24-jährige Amazone im Sattel des großen elfjährigen Fuchswallachs Perry die erste Mannheimer U 25-Wertung gewinnen konnte – stilistisch blitzsauber wie immer. Aber am Dienstag in der zweiten Prüfung, die mehr Punkte bringt als die erste, genügte eine kleine Unsicherheit, um die Finalhoffnungen ein Stück zurückzuschrauben. Nach einer Verweigerung am Einsprung der dreifachen Kombination nahm Schleef den Hannoveraner nach Rücksprache mit Trainerin Tina Deuerer aus dem Wettbewerb – also null Wertungspunkte aus Mannheim.
Am Morgen des Schlusstag siegte noch einmal der Wahl-Mannheimer Richard Vogel in einem weiteren internationalen Springen, wieder auf dem neunjährigen Hengst Carlchen, der dem früheren internationalen Springreiter Hugo Simon gehört. Die lebende Legende aus der Pfalz zählte zu den Zuschauern und Fans im VIP-Bereich. Vogel sammelte in diesem Jahr vier goldene Schleifen.
Einen besonders emotionalen Moment bot der Sport am Montagabend, als Rene Tebbel im Sattel des Oldenburger Hengstes Tulum den Preis der Stadt Mannheim gewann, die Qualifikation zur "Badenia". Tebbel, im Emsland ansässig, startet seit Jahren international für die Ukraine und reitet die Pferde schwerreicher Ukrainer. Er legte Wert darauf, dass bei der Siegerehrung die ukrainische Nationalhymne erklang und die blau-gelbe Flagge aufgezogen wurde.
Dennoch fiel auch ein dicker Wermutstropfen in die Turnierbilanz. In einem Springen am Montagabend, dem Preis der Stadt Mannheim, stürzte die Südbadenerin Pia Reich mit ihrem zehnjährigen belgischen Wallach Maserati so schwer, dass sich das Pferd einen Trümmerbruch im Ellenbogen zuzog und noch vor Ort getötet werden musste. Maserati, den Reich erst vor Kurzem vom Schweizer Weltcupsieger Steve Guerdat übernommen hatte, sollte ihr Nationenpreispferd werden.
Ein Wachwechsel fand im Dressurviereck statt: Matthias Alexander Rath meldete sich sieben Jahre nach seinem Totilas-Desaster an der deutschen Spitze zurück, siegte im Grand Prix-Special und peilt nun eine Rückkehr ins deutsche Championatsteam an. Ein Ergebnis von über 76 Prozent könnte ein Meilenstein auf diesem Weg sein. Isabell Werth musste sich im Sattel ihrer Nachwuchshoffnung Superb knapp geschlagen geben und Paul Schockemöhles Dressur-Ausbilderin Isabel Freese bewies im Sattel des Hengstes Total Hope, dass sie für ein Championat durchaus in Frage kommt. Den "Grand Prix"-Special sicherte sich erneut Dorothee Schneider mit Faustus.