Lichtblicke im Dietmar-Hopp-Stadion: Tim Linsbichler erzielt in der 60. Minute per Kopf das 1:3. Foto: Grün
Von Christopher Benz
Sinsheim-Hoffenheim. Trotz des Pokal-Aus hat Benjamin Wallquist seinen Humor nicht verloren. Also zitierte der A-Junioren-Spieler der TSG 1899 Hoffenheim seinen österreichischen Landsmann Anton Pfeffer, der 1999 beim Länderspiel gegen Spanien (0:9) beim Halbzeitstand von 0:5 einen legendären Spruch zum Besten gab. "Hoch gewinnen wir nicht mehr", sagte Wallquist, wie ihm und seinen U19-Kollegen beim Halbzeitstand von 0:3 gegen den FC Bayern München zu Mute war. Am Ende unterlag die TSG 1:3 in der ersten DFB-Pokalrunde.
Der eingewechselte Joshua Keßler macht Dampf auf der rechten Seite. Foto: GrünVon einer derartigen Blamage wie die Österreicher vor 19 Jahren waren die Kraichgauer am Samstagvormittag weit entfernt. Vor allem der couragierte Auftritt in den zweiten 45 Minuten gibt dem Bundesliga-Nachwuchs Mut für die kommenden Aufgaben in der Liga, zumal erst vor drei Wochen das deftige 0:5 in der Liga gegen den FCB ein herber Rückschlag zum Saisonstart gewesen ist. Ein ähnlicher Zweikampf um Rang eins in der Bundesliga Süd/Südwest wie in der vergangenen Runde ist dieses Jahr ausgeschlossen. "Man muss sich nur den Marktwert der beiden Mannschaften anschauen", verweist "Hoffe"-Trainer Marcel Rapp auf die finanzielle Zahlen. Während die Münchner vermutlich wieder um den nationalen Titel mitspielen, ist in Hoffenheim ein Übergangsjahr zu erwarten.
Die erste Hälfte gehörte ohne Ausnahme den Gästen, die spielerisch und athletisch überlegen waren. Dazu hätte der Spielverlauf für die TSG nicht unglücklicher sein können. Mit dem ersten Angriff brachte Joshua Zirkzee den FCB in Führung (2.). Dabei umkurvte der zentrale Angreifer Torhüter Luca Philipp und schob problemlos ein. Zirkzee war ein ständiger Unruheherd, seine Spielfreude war unübersehbar, nachdem er in der Liga aufgrund seiner Roten Karte im Finale der deutschen Meisterschaft im Juni gegen Dortmund noch gesperrt ist. Bereits in der 9. Minute traf Bayerns "Neuner" zum 0:2, als er eine flache Hereingabe von Rausch durchsetzungsstark über die Linie drückte. Im Spiel nach vorne gelang den Gastgebern, die zwischen den Ketten viel zu viel Raum ließen, wenig bis nichts, während die Münchner mühelos von der Abwehr bis in den Sturm kombinierten. Zu allem Überfluss fiel die Vorentscheidung zum 0:3 mit dem Halbzeitpfiff durch Christopher Richards Kopfball nach einer Ecke.
Deutlich verbessert kamen die Hoffenheimer aus der Kabine. Präsenter in den Zweikämpfen und cleverer im Pressing setzten sie die Gäste zunehmend unter Druck. "Aus dieser Halbzeit nehmen wir viel Positives mit", erklärte Rapp im Nachgang. "Da waren wir teilweise überlegen." Mit einem Mal wirkte das Offensivspiel strukturierter, was in zahlreichen Torabschlüssen mündete. Der quirlige Tubluk hatte die erste Gelegenheit (53.), ehe er sieben Minuten später einen gefühlvollen Freistoß an die Unterkante der Latte setzte. Diskussionen darüber, ob der Ball die Linie überquerte, erübrigten sich umgehend, da Tim Linsbichler den Abpraller per Kopf zum 1:3-Anschluss verwertete.
Die Rapp-Elf übernahm zusehends das Kommando, verpasste aber mehrmals den zweiten Treffer. Die beste Gelegenheit hatte der eingewechselte Joshua Keßler, der über die rechte Seite mächtig Dampf machte, bei seiner Chance aber die Kugel nicht kontrolliert genug Richtung Tor bugsierte (85.). Tubluks Pfostentreffer hätte letztlich nur noch Ergebniskosmetik bedeutet (90.+1). Es blieb am Ende beim 1:3.
"Wir haben gesehen, dass wir nicht nur mithalten, sondern den Gegner an die Wand spielen können", zog Wallquist ein sehr optimistisches Fazit. In einem Punkt hat der Innenverteidiger dafür vollkommen Recht: "Unser Spiel heute sollte uns Selbstvertrauen für die nächsten Wochen geben."
Unterm Strich stellt sich die Frage, ob Hoffenheim in der zweiten Halbzeit dem Spiel seinen Stempel aufgrund der eigenen Klasse aufdrückte, oder ob die Bayern das Ergebnis kontrolliert Richtung Abpfiff verwalteten. Die Wahrheit liegt wie so oft irgendwo in der Mitte. Ein zweiter Treffer der TSG hätte die Roten in ernste Bedrängnis gebracht. Dennoch hatte man stets das Gefühl, dass der Favorit, wenn nötig, noch eine Schippe hätte drauflegen können.
TSG 1899 Hoffenheim: Philipp - Curda (84. Landwehr), Lengle, Wallquist, Görlich - Elmkies, Mvom Onana - Tubluk, Heiland (66. Khan Agha), Geschwill (73. Geschwill) - Linsbichler (85. Dautaj).
FC Bayern München: Wagner - Rausch (57. Johansson), Richards, Stanisic, Lungwitz - Stiller - Timossi Andersson (85. Mihaljevic), Jelisic, Pudic, Batista Meier (64. Herrmann) - Zirkzee (71. Hollerbach).
Schiedsrichter: Karl Marx. Zuschauer: 500.
Tore: 0:1 Zirkzee (2.), 0:2 Zirkzee (9.), 0:3 Richards (45.), 1:3 Linsbichler (60.).