Von Joachim Klaehn
Eine Stippvisite in die attraktive Isarmetropole lohnt sich immer. Kulturell, touristisch und sportlich. Zumal wenn es um den Branchenkrösus FC Bayern München geht - oder die deutsche Nationalmannschaft in der Allianz Arena gastiert. Das sagten sich viele Fans auf der Zielgeraden der Ferien in Bayern und Baden-Württemberg. Und wenn es etwas Bemerkenswertes am Rande des Klassikers zwischen Deutschland und Frankreich herauszuheben gibt, dann dies: Das Team erhielt trotz des WM-Fiaskos von Russland einen unglaublichen Rückhalt, ja Vertrauensvorschuss seitens der Anhängerschar.
Beileibe keine Selbstverständlichkeit. Wir kennen zur Genüge das deutsche Phänomen des Jammerns und Herummeckerns. Neben Jogi Löw existieren - gefühlt - rund 83 Millionen Bundestrainer, Besserwisser und Chefkritiker in "Schland". Doch vorgestern entwickelten die Zuschauer ein feines Gespür für ein Team, das seine Wunden lecken muss und im Prestige-Duell mit den Franzosen sieben (!) WM-Versager vom 0:2 gegen Südkorea am 27. Juni in Kasan aufbot. Ein aus Deutschlandfähnchen geformtes Riesenherz, Sprechgesänge, Lieder, Ovationen - die Gescholtenen wurden mit ungewohnter Zuwendung bedacht, was ihnen sichtlich gut tat. "Die brauchen heute unsere positive Haltung", sagte eine hübsche Anhängerin im Toni-Kroos-Trikot in der U-Bahn nach Fröttmaning vor dem Anpfiff. Und erntete Zustimmung von ihrer Gruppe mit fränkischem Zungenschlag.
Jenes Maß an Empathie, Sensibilität und Entgegenkommen würde man sich genauso vom Verband wünschen. Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht hat im Vorfeld des Freundschaftsspiels gegen Peru völlig zu Recht den DFB kritisiert. Die stolzen Eintrittspreise (zwischen 25 und 80 Euro, ermäßigt zwischen 18 und 60 Euro) sowie die späte Anstoßzeit sind für Albrecht ein Unding. "Man wäre gut beraten gewesen, zurück zu den Wurzeln zu gehen. Man hat es stattdessen versäumt, nach der WM einen Schritt auf die Menschen zuzugehen", so Albrecht klipp und klar.
Die Herrschaften aus der Frankfurter Schaltzentrale werden argumentieren, dass sie eben dem Diktat des zahlenden Fernsehens unterliegen. Doch gerade das "Raumschiff DFB" muss mal wieder aus dem Orbit zurück zur Erde fliegen. Die Entscheider haben beim Fußballvolk viel Kredit verspielt. Grindel und Co. denken vornehmlich ans "Leuchtturmprojekt" der EM 2024, die am 27. September in Nyon vergeben wird. Eine Theaterbühne ohne zufriedenes Publikum ist freilich sinnlos. Ob das einer der "högschden" DFB-Intendanten versteht?
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