Von Thorsten Eisenhofer
Heidelberg. Wenn das Wetter mitspielt, werden sich am Sonntag über 1500 Teilnehmer auf die verschiedenen Strecken beim 4. Gelita Trail Marathon in Heidelberg machen. Vorauslaufen über die 42,195 Kilometer möchte dabei Florian Neuschwander. Normalerweise schaut sich ein Athlet eine Strecke an, erst dann gibt er eine Prognose ab, wie schnell er sie zu laufen gedenkt - wenn es super läuft. Bei Neuschwander sieht das im Vorfeld des Heidelberger Trail-Marathons ein bisschen anders aus. Er gab erst am Dienstag auf der Pre-Race-Pressekonferenz eine Zeit an, die er gerne laufen will (nämlich unter drei Stunden), danach erst sah er sich die Strecke an - bis auf die letzten Kilometer die Himmelsleiter hinauf, die kannte er schon.
Aber irgendwie passt dieses Vorgehen zum 35-Jährigen. Er ist eben ein etwas anderer Leistungssportler. Mit seinem Schnauzbart, den langen Haaren und den hippigen Klamotten erinnert er eher an einen Skater. Er wohnt in einer WG, schert sich nicht besonders viel um gesunde Ernährung und haut lockere, flotte und forsche Sprüche heraus.
Das gehört zu seinem Image. Aber der Erfolg ist ja auch sehr überraschend und schnell über Neuschwander hergefallen, dass es vielleicht gar nicht so schwer war, er selbst zu bleiben. Wenn man an einem Tag noch ein recht normaler Ausdauersportler ist - wie die zwei Jahrzehnte zuvor auch mit ein paar Erfolgen wie der Vize-Weltmeisterschaft im Ultratrail-Lauf - und dann nach dem Gewinn des Wings-for-Life-World-Run in München 2015 plötzlich berühmt wird, dass sogar Sänger Max Herre anfragt, ob man ihn nicht bei seinem ersten Marathon begleiten möchte, dann bleiben einem wohl ungefähr so viele Sekunden zum Nachdenken wie einem Fußball-Profi vorm Torabschluss.
Neuschwander genießt es, auf der Erfolgswelle zu surfen. "Das ging alles so schnell. Ich versuche, das alles mitzunehmen", sagt er. Er ist nun das Gesicht des Ultralaufs in Deutschland, und weil er die Reisen meistens bezahlt bekommt, wie er sagt, kann er sich die Rennen aussuchen. "Es ist toll, so viel von der Welt sehen zu können", sagt Neuschwander.
Am Sonntag wird er ein bisschen was von Heidelberg und der Umgebung sehen, wenn er versuchen wird, den Streckenrekord unter drei Stunden zu drücken. Bereits eine Stunde vor den Marathonläufern startet um 10 Uhr auf dem Heidelberger Schloss der Kids-Trail über 1,3 Kilometer. Ab 11 Uhr wird neben der Marathon-Strecke auch ein Half-Trail über 30 Kilometer und der Himmelsleiter-Trail über 10 Kilometer angeboten. Die Marathonstrecke lässt sich auch zu zweit als Duo oder in der Staffel absolvieren. 1300 Voranmeldungen gab es, mit mindestens 200 Nachmeldungen rechnen die Veranstalter.