Loblied auf "Hattrick-Harry": Bayerns Anführer mit Bass
Er trifft und trifft: Harry Kane ist in dieser Spielzeit nicht zu bremsen. Sportvorstand Eberl gratuliert dem Garanten, der Schwächen in Bayerns zweiter Reihe überpinselt. Und Thomas Müller grüßt.

Sinsheim (dpa) - Nach der erfolgreichen Dienstreise nach Sinsheim setzte sich Harry Kane daheim noch eben vor die Handykamera und grüßte seinen alten Kumpel Thomas Müller. "Mal sehen, wie viele Hattricks wir zusammen schaffen können", sagte Bayerns Tormaschine nach dem 4:1 bei der TSG Hoffenheim. Für seinen Dreierpack durfte Kane mal wieder den Ball mit nach Hause nehmen.
"Schon wieder einer", antwortete der nach Vancouver gewechselte Ur-Bayer Müller aus Nordamerika postwendend via Instagram. Die makellosen Münchner befinden sich auch dank Kane früh in der Saison auf einer Erfolgswelle und haben die ersten sieben Pflichtspiele allesamt gewonnen - zwölf Punkte und plus 15 Tore nach vier Spieltagen sind eine Bestmarke in der 62-jährigen Geschichte der Bundesliga.
Der berühmte Wiesn-Spruch "O'zapft is!" passte am Wochenende bei herrlichem Spätsommerwetter nicht nur zum Auftakt des 190. Oktoberfests, sondern auch zur bestens funktionierenden Münchner Torfabrik.
Kane hat nichts gegen "Hattrick-Harry"
Und Kane ist das Gesicht des Bayern-Knallstarts, der das Gerede um einen zu dünnen Kader und einen mäßigen Transfersommer aktuell in den Hintergrund drängt. Auf der Suche nach einem passenden Spitznamen wurde der 32-Jährige am Samstag mit "Hattrick-Harry" konfrontiert. "Ich habe nichts dagegen. Hattrick-Harry wurde ich in der Schulzeit genannt", erzählte Kane bei DAZN.
Gegen Hoffenheim traf er einmal nach einer raffinierten Eckenvariante sowie zweimal per Elfmeter - es waren die Bundesliga-Saisontore sechs bis acht. Vom Punkt ist Kane eine Maschine. Und intern komplett unumstritten. "Wir haben auch andere gute Elfmeterschützen, aber wenn ich einen aussuchen müsste, würde ich 100 Mal Harry nehmen", sagte Jonathan Tah. "Wenn ich sehe, wie er die Dinger im Training reinknallt und das 20 Mal nacheinander. Das ist schon Wahnsinn."
Sportvorstand gratuliert persönlich
Doch seine Tore sind längst nicht die einzige Qualität, die Kanes Wert beim FC Bayern definieren. Der Kapitän von Englands Nationalteam ist auch in der von Stars geprägten Münchner Kabine schnell zu einem der Chefs geworden - und wird intern geschätzt. "Das, was er beim FC Bayern seit über zwei Jahren leistet, ist einfach herausragend. Das habe ich ihm heute auch persönlich gesagt", sagte Sportvorstand Max Eberl, der ins Schwärmen geriet.
Beim Gastspiel in Sinsheim hatte Trainer Vincent Kompany seine Stars Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Michael Olise zunächst geschont und aus der ersten Elf rotiert. Kane begann wie üblich - und überzeugte, obwohl er in ungewohnter Rolle als hängende Spitze auflief und seine Mitspieler um den unsichtbaren Nicolas Jackson und den immerhin bemühten Lennart Karl einige Schwierigkeiten hatten.
Eberl: "Wenn er spricht, hat das Hand und Fuß"
"Das ist ein wahrer Leader. Er macht den Unterschied, weil er neben der Leader-Fähigkeit auch noch die Tore macht. Sein Wort hat auch aufgrund seines Basses Widerhall, auch in der Kabine - ohne dass er viel spricht. Aber wenn er spricht, dann hat das Hand und Fuß", sagte Eberl.
Als Olise, Kimmich und der spätere Torschütze Gnabry bereits im Spiel waren und die Bayern beim Stand von 2:0 einen Elfmeter erhielten, stellte sich die Frage nach dem Schützen gar nicht. Der unumstrittene Kane bekam den Ball überreicht und vollendete mit Wucht und Präzision. "Er will so viele Tore machen, wie es nur geht", sagte Tah. Mit so einem Stürmer habe er noch nie zusammengespielt, betonte der deutsche Nationalspieler.
Jackson fehlt noch die Bindung
Die rund 100 Millionen Euro, die Bayern vor gut zwei Jahren an Tottenham Hotspur überwiesen hat, haben sich längst amortisiert. Gerade wenn man vergleicht, dass in diesem Sommer Stürmer wie der Ex-Leipziger Benjamin Sesko und der von Bayern umworbene Nick Woltemade für Summen zwischen 80 und 90 Millionen Euro in die Premier League gewechselt sind.
Angesichts des dünnen Kaders dürfte Kane in dieser Saison noch mehr als bisher zu einer Art Lebensversicherung des Clubs werden. Hinter der ersten Offensivreihe um Kane, Gnabry, Olise und Luis Diaz werden die Optionen angesichts des langfristigen Ausfalls von Jamal Musiala schnell knapp. Zumal Neuzugang Jackson bislang nicht die gewünschte Bayern-Tauglichkeit unter Beweis gestellt hat.
"Die Zeit ist noch relativ kurz. Das merkt man, dass die Bindung noch nicht so da ist. Das muss man ehrlicherweise sagen", sagte Eberl über den 24 Jahre alten Offensivspieler. Jackson spielte noch vor Kane im Sturmzentrum, hatte bis zu seiner Einwechslung aber kaum gelungene Aktionen.
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