Von Rainer Kundel
Mannheim. In Zeiten großer Not ist jeder Vorschlag willkommen. Um die eklatanten Zuschauer-Einbußen auszugleichen, mit denen sich die Klubs der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) angesichts der nur partiell erlaubten Hallenauslastungen konfrontiert sehen, hat das Fachmagazin Eishockey-News eine Idee unterbreitet: Das "Pay-per-View-Modell".
Damit könnte jeder Interessierte statt eines Stadionbesuches mit Eintrittspreisen zwischen 16 Euro (Stehplatz Erwachsene) und rund 40 Euro (teuerste Sitzplatzkarte) durch Buchung aller Spiele seines Heimklubs zu einem Preis von zehn Euro bei MagentaSport, dem TV-Partner der Liga, einen erheblichen, wenn nicht sogar rettenden Beitrag zur Saisonfinanzierung leisten. Voraussetzung wäre, dass der Sender nach Abzug von Kosten die Gebühr mit dem jeweiligen Heimklub abrechnet und ausreichend Interessenten das Modell über die komplette Saison buchen. Die technische Umsetzung dürfte dabei das geringste Problem sein.
Wie durchgedrungen ist, sollen sich auf der Gesellschafterversammlung der DEL am 21. September die Klubs aus Bremerhaven, München und Wolfsburg bereit erklärt haben, unabhängig von Auflagen am 13. November zu starten. Dies bestritt Wolfgang Brück, Aufsichtsratsmitglied der Iserlohn Roosters: "Wir sind nach innen geschlossen, wenn im Außenverhältnis etwas anderes behauptet wird, kann ich das nicht verhindern."
In einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung war angesichts der Forderungen der Liga an die Politik von einer "Lösegeldforderung" die Rede Andere sprachen von "Erpressung" oder "Bankrotterklärung". Das alles dementiert Brück. Der Rechtsanwalt weist auf die Haftungsrisiken hin, die ein Geschäftsführer einer GmbH hat – in dieser Rechtsform sind sämtliche Klubs organisiert. Zum Beispiel, wenn er Verbindlichkeiten eingeht im Wissen, diese nicht erfüllen zu können oder zumindest die vertragliche Zusage von Mitteln zur Begleichung solcher nachweisen kann.
Während der Aufsichtsrat weiter klare Kante zeigt, rudert Geschäftsführer Gernot Tripcke teilweise zurück. "Wir wollen die Saison nicht absagen, das sind wir Fans, Partnern, Spielern, dem Nachwuchs und der Nationalmannschaft schuldig". Darüber hinaus sagte Tripcke gegenüber dem Spiegel: "Wir haben im Augenblick die ironische Situation, dass der Staat durch das Kurzarbeitergeld die Vereine mehr unterstützt, als wenn wir in den Spielbetrieb mit eingeschränkten Zuschauern starten. In meinen Augen ist es aber deutlich sinnvoller, eine gesamte Branche am Leben zu halten".
An diesem Freitag will sich die DEL wieder äußern. Da sich angesichts steigender Infektionszahlen an den Hygiene-Auflagen und der geringen Belegungszahl der Spielstätten kaum etwas zum Positiven ändern wird, und eine verbindliche, also einklagbare Zusage von Bundesmitteln wegen deren Koppelung an EU-Richtlinien weiter fehlen wird, bleibt nur ein Szenario: Die DEL hangelt sich zum nächsten Termin, zieht den zweiten "Joker" aus der Schublade und versucht, im Dezember oder spätestens zum 2. Januar des neuen Jahres den Spielbetrieb aufzunehmen. Dann würde der Meister 2021 mit Ende der Hauptrunde ermittelt werden. Playoff-Spiele würde es nicht geben.
Was die Hygiene-Richtlinien der SAP Arena betrifft, so hat diese schon länger ein 100-seitiges Papier den Behörden vorgelegt. Dieses musste jedoch wegen der 20 Prozent-Grenze nachjustiert werden.