Dialekt reden ist eine Sache, schreiben eine andere
Walter Sauer ist Mit-Autor eines Leitfadens zur verständlichen Verschriftlichung - Mit seinem Verlag veröffentlicht er Bücher in Mundart

In einem Büchlein gibt Walter Sauer Tipps. Foto: Katzenberger-Ruf
Neckarsteinach-Darsberg. (kaz) Egal, wo Walter Sauer unterwegs ist: Er hält allerorten die Ohren auf und freut sich besonders, wenn er Gesprächsfetzen mit Dialektfärbung auffangen kann. Ein rund 40-seitiges Bändchen mit dem Titel "Wie schreibe ich Mundart?" hat der Sprachwissenschaftler zusammen mit einem Kollegen bereits 2003 veröffentlicht. Seither ist dieses ein Leitfaden für diejenigen, die Gedichte und Geschichten in Mundart veröffentlichen und denen daran gelegen ist, dass ihre Werke leicht lesbar sind.
Denn: Dialekt sprechen ist eine Sache, Dialekt schreiben nochmals eine andere. Das weiß Sauer bestens, bringt der Darsberger Verleger doch regelmäßig Mundart-Übersetzungen heraus. In seinem Leitfaden geht er etwa auf den Buchstaben "E" näher ein. Demnach hat das "E" unterschiedliche Klänge und wird vielfach als "Murmelvokal" verwendet, der oft zusammen mit einem "R" vorkommt. Wer in Mundart schreibt, sollte das "St" laut besagtem Leitfaden einfach mal so stehen lassen und kein "Scht" daraus machen. Um besser verstanden zu werden, sollte man sich zunächst an der gängigen Rechtschreibung orientieren - also beispielsweise aus einem "V" kein "F" machen. Worte könnten dadurch entstellt und geradezu unleserlich werden.
Nach einem gerade mal zweijährigen Aufenthalt in den USA kurz nach dem Studium hatte Walter Sauer, Jahrgang 1942, die Liebe zu seiner Heimat neu entdeckt. Seither pflegt er besonders die Mannheimer Mundart und hat Dialekte aus ganz Deutschland sowie dem Rest der Welt in sein Programm aufgenommen. In Sauers Verlag "Edition Tintenfass" ist "Der Kleine Prinz" der Renner. Dieses Werk erschien dort inzwischen in über hundertfacher Übersetzung, selbst in asiatischen und arabischen Dialekten und sogar in Morsezeichen, aber eben auch in vielen deutschen Dialekten, die Walter Sauer besonders am Herzen liegen.
Walter Sauer weiß, dass von rund 7000 Sprachen weltweit einige sozusagen auf der Roten Liste stehen und demnach vom Aussterben bedroht sind. Dass pro Tag zwei Sprachen vom Erdball verschwinden, weil sie nicht mehr gesprochen werden, bereitet ihm Sorgen. Dieser Verlust schmerzt ihn, er würde ihn gerne verhindern. Kann er aber nicht. Also konzentriert er sich weiterhin auf seinen überschaubaren Bereich und die Pflege der Mundart. So wurden er und seine Frau gerade auf eine Sklaven-Sprache in Afrika aufmerksam, die vielleicht noch gerettet werden könnte, wenn es gelingt, Nachfahren ausfindig zu machen.
Sauer findet, auch selten gewordene Muttersprachen müssten gepflegt werden, das fällt ihm als erstes "sorbisch" ein und danach "saterfriesisch" und "südjütisch" als Relikt aus Jütland. Er selbst mag das Alemannische und das Niederbayrische besonders gern - und natürlich den eigenen Kurpfälzer Dialekt. Von dem gibt es wiederum viele Varianten. Auch da hört der Sprachwissenschaftler und Autor gerne genauer hin. Den Kinderbuch-Klassiker "Die Hasenschule" hat er vor einigen Jahren selbst ins Kurpfälzische übersetzt.