Kommunen feilen an Plänen für den Notfall
Auch das Landratsamt Heilbronn investiert verstärkt in den Bevölkerungsschutz. Es wurden Not-Tankstellen und zahlreiche Stromaggregate gekauft.

Von Falk-Stéphane Dezort und Armin Guzy
Bad Rappenau/Eppingen. Angesichts der angespannten weltpolitischen Lage, aber auch drohender klimawandelbedingte Katastrophen wie die Flut im Ahrtal, haben der Landkreis Heilbronn und viele seiner Kommunen in den zurückliegenden Wochen erhebliche Summen und Arbeitskraft investiert, um beim lange vergleichsweise stiefmütterlich behandelten Thema Bevölkerungsschutz und der dafür nötigen Infrastruktur nachzurüsten. Erst vor wenigen Tagen hat die Landkreisverwaltung beispielsweise sechs auf Anhänger montierte Not-Tankstellen und einen Teleskoplader gekauft, nachdem der Kreistag das Geld dafür freigegeben hatte. "Die Tankstellen dienen im Einsatzfall dazu, die Treibstoffversorgung der Einsatzfahrzeuge zu sichern und nötige Hilfseinsätze so deutlich beschleunigen zu können", erklärte Marc Hoffmann, Leiter des Amts für Sicherheit und Ordnung. "Teleskoplader kommen neben großen Einsatzlagen auch bei Feuerwehreinsätzen wie Verkehrsunfällen oder Großbränden zum Einsatz", ergänzt Bernd Halter, Kreisbrandmeister des Landkreises Heilbronn.
In kurzer zeitlicher Abfolge haben sich unter anderem auch die Großen Kreisstädte Bad Rappenau und Eppingen und die Gemeinde Ittlingen Notstromaggregate bestellt und teilweise auch bereits geliefert bekommen, um bei einem länger anhaltenden, flächendeckenden Stromausfall, einem "Blackout", handlungsfähig zu bleiben. In Ittlingen war die Beschaffung Thema am Rande einer Sondersitzung des Gemeinderats zur Eröffnungsbilanz des ersten doppischen Haushaltes, in Eppingen verkündete Oberbürgermeister Klaus Holaschke in der jüngsten Sitzung den Kauf von fünf kleineren und eines großen Notstromgenerators für insgesamt fast 110.000 Euro, erwähnte dabei aber auch, dass der Markt für solche Geräte derzeit sehr angespannt sei.
Die Vorbereitungen stehen im Zusammenhang mit der "Rahmenempfehlung für die Planung und den Betrieb von Notfalltreffpunkten für die Bevölkerung in Baden-Württemberg", die Mitte September vom Innenministerium des Landes an Landkreise und Kommunen herausgegeben wurde. In solchen Notfalltreffpunkten soll die Bevölkerung im Krisenfall Schutz, Erste Hilfe und Informationen zur aktuellen Lage finden, aber auch Trinkwasser und Lebensmittel.
Für Landkreis und Kommunen ist die schnelle Umsetzung dieser Empfehlung eine Herausforderung, schließlich ist es mit dem Kauf von Notstromaggregaten, mobilen Tankstellen und Erste-Hilfe-Sets nicht getan. In Eppingen arbeitet die Stadtverwaltung derzeit die Liste der Empfehlungen ab, doch der Bedarf an Koordinierung ist groß, schließlich sollen im Katastrophenfall nicht nur die Hallen auf dem Schulcampus Anlaufstellen sein, sondern auch Hallen oder Gebäude in den einzelnen Ortsteilen.
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Vor allem aber die Frage, wer die Hilfesuchenden im Notfall betreut, ist nicht nur in der Fachwerkstadt nur ansatzweise beantwortet, denn die Angehörigen von Feuerwehr und DRK hätten im Ernstfall wohl kaum noch Kapazitäten frei, weil sie in ihren originären Einsatzbereichen gebraucht würden. Und das Landratsamt hat zwar eine beratende Funktion und unterstützt, wo es geht, letztlich aber sind die Kommunen für die Feinarbeit beim Bevölkerungsschutz vor Ort zuständig – und nicht jede Gemeinde verfügt dabei über das nötige Geld.
Dem Kauf eines Notstrom-Aggregats für rund 38.000 Euro hat kürzlich auch der Bad Rappenauer Gemeinderat zugestimmt. Dieses soll an der Mühltalhalle stationiert werden, sodass diese und die Kraichgauhalle im Ernstfall als Anlaufpunkte dienen können. Nicht nur bei einem flächendeckenden Stromausfall, sondern auch bei anderen Szenarien wie einer Evakuierung aufgrund eines Bombenfunds, erklärte Ordnungsamtsleiter Roland Deutschmann im Gespräch mit der RNZ. Damit das Aggregat auch eingesetzt werden kann, muss jedoch ein Elektriker noch für die Einspeisung in die Stromversorgung der Hallen sorgen, die mit Fernwärme beheizt werden.

"Im Zweifel müssten Bauhof und Feuerwehr den Diesel für das Aggregat in entsprechenden Transportbehältern anliefern", sagte Oberbürgermeister Sebastian Frei. Damit die Kommune im Ernstfall weiterhin mit Treibstoff versorgt werden kann, rüstet die Agroa-Genossenschaft laut Frei ihre Tankstelle ähnlich wie in Eppingen um, sodass diese mit Notstrom betrieben werden kann.
Im Feuerwehrhaus der Abteilung Süd sei bereits ein mobiles Notstrom-Aggregat stationiert, das im Bedarfsfall innerhalb von 15 Minuten das Rathaus versorgen soll. Frei: "So können wir einigermaßen in einem Krisenstab arbeiten." Damit auch die EDV noch funktioniert, stelle man auf Satellitentelefone um. So könne weiterhin Kontakt mit Feuerwehr, Polizei oder Technischem Hilfswerk gehalten werden. Zudem ist für die beiden Hallen ein Starlink-Adapter vorgesehen, der für Internet via Satellit sorgen soll.
OB Frei betont aber auch, dass man maximal ein bis zwei Tage überbrücken könne. "Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass die Stadt oder der Landkreis im Ernstfall das Geschehen in der Hand haben. Die Gesellschaft ist auf Strom angewiesen. Es ist mitnichten der Fall, dass wir alles lösen können." Denn wenn die Stromversorgung längere Zeit ausfällt, habe man noch ganz andere Themen, beispielsweise Vieh, das nicht gemolken oder Patienten, die gegebenenfalls nicht mehr beatmet werden können. Oder auch die Kläranlage, die maximal einen Tag weiter betrieben werden kann und anschließend das Abwasser ungefiltert in die Flüsse leitet. Lediglich die Frischwasserversorgung könne bis zu fünf Tage lang aufrechterhalten werden.
"Es ist an der Politik in Berlin, dafür zu sorgen, dass sie die nötigen Entscheidungen trifft, um solche Situationen zu verhindern. Ich finde es richtig, wenn wir erwarten, dass sie die Stromversorgung sicherstellen", betonte Frei.
Unabhängig von der Energiekrise, vielmehr mit Blick auf die Flutkatastrophe im Ahrtal, wird in Bad Rappenau die Arbeitsgruppe für Katastrophenschutz neu aufgestellt.