17 kleinere Filialen werden "automatisiert" - trotz Schließungen kundenfreundlicher?
Die Sparkasse zieht Personal ab: Die Filialen in Eppingen-Elsenz und Kleingartach werden neben 15 anderen zu Selbstbedienungsfilialen.

Von Angela Portner und Armin Guzy
Eppingen-Elsenz/-Kleingartach. Während sich, wie am Dienstag berichtet, in Adelshofen Protest gegen die Schließung der dortigen Filiale der Volksbank Kraichgau formiert, sorgt nun auch die Sparkasse Heilbronn in Eppinger Stadtteilen für Unmut. Sie hat angekündigt, ihre bislang mit Mitarbeitern besetzten Filialen in Elsenz und Kleingartach in Selbstbedienungsfilialen umzuwandeln. In allen drei Orten ist der Tenor der Kritik aus der Bevölkerung derselbe: Die großen Geldhäuser der Region ziehen sich aus der Fläche zurück und vor allem ältere Kunden haben dabei das Nachsehen.
"Wir reagieren ausschließlich auf die grundlegenden Veränderungen im Verhalten unserer Kunden", heißt es in einer Stellungnahme der Kreissparkasse Heilbronn, "wir wollen uns mit unseren Maßnahmen weder aus der Fläche zurückziehen noch Kosten sparen." Nähe bedeute heute etwas anderes, schreibt die Sparkasse, "als eine Filiale in Geh-Entfernung möglichst jedes Kunden vorzuhalten". Das mögen Senioren, die in einer der insgesamt 17 von Sparkassen-Schließungen betroffenen Orte leben, durchaus anders sehen: Wer Geld braucht, wird sich künftig an einen Automaten wenden müssen, was immerhin in vielen Orten noch möglich ist. Ist hingegen eine Überweisung fällig oder ein Bankgeschäft, bei dem ältere Menschen vielleicht Hilfestellung brauchen, ist der Schalter verwaist. Einzig positiver Effekt dürfte sein, dass es Enkeltrickbetrüger künftig schwerer haben dürften, große Summen von Senioren zu ergaunern, denn diese lassen sich an Automaten meist nicht abheben.
Hintergrund
Geschlossenund in SB-Filialen umgewandelt werden bis zum 1. Mai die Sparkassen-Standorte in:
Abstatt
Eberstadt
Ellhofen
Eppingen-Elsenz
Eppingen-Kleingartach
Erlenbach
Neudenau-Herbolzheim
Heilbronn
Geschlossenund in SB-Filialen umgewandelt werden bis zum 1. Mai die Sparkassen-Standorte in:
Abstatt
Eberstadt
Ellhofen
Eppingen-Elsenz
Eppingen-Kleingartach
Erlenbach
Neudenau-Herbolzheim
Heilbronn Cäcilienbrunnen
Heilbronn-Horkheim
Heilbronn-Kirchhausen
Heilbronn Marktplatz
Jagsthausen
Massenbachhausen
Neckarwestheim
Neckarsulm-Amorbach
Neckarsulm-Obereisesheim
Zaberfeld
Die derzeitige SB-Ausstattung soll an allen 17 Standorten unverändert verfügbar bleiben, teilte die Kreissparkasse auf Anfrage mit. Die betroffenen 18 Mitarbeiter sollen derselben Mitteilung zufolge "gleichwertige alternative Aufgaben in unserem Haus" bekommen. Niemand von ihnen müsse sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen. (guz)
Betrachtet man den vorangestellten weitaus längeren Teil der Kreissparkassen-Mitteilung zur Jahresbilanz 2020 wird deutlich, dass es dem Kreditinstitut wirtschaftlich richtig gut geht: Das Geldinstitut hat die elf Milliarden-Euro-Marke bei der Bilanzsumme überschritten.
Trotz der Filialschließungen will das Institut kundenfreundlicher werden: Durch mehrere neue, zentral gelegene Beratungszentren, in denen "Bankgeschäfte in einem modernen Ambiente völlig neu erlebbar werden", wie es heißt. Nur: Ältere Bürger haben oft gar keine Möglichkeit, dorthin zu gelangen.
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Ab 1. Mai heißt es auch in Elsenz: Plastikkärtchen statt persönliche Bedienung. "Die älteren Bürger sind mit der Technik total überfordert", sagt der Elsenzer Ortsvorsteher Mike Frank. Bisher war die Filiale an Wochentagen wenigstens einige Stunden besetzt. Vertraute Gesichter erklärten, steckten notfalls sogar die Karte ein und halfen beim Ausfüllen von Überweisungen. Künftig übernehmen das Automaten. "Schade" findet das Ortsvorsteher Frank, der selbst eine 87-jährige Mutter hat – aus einer Generation, in der Bargeld immer noch einen hohen Stellenwert genießt.
Was Maik Frank aber wirklich wütend macht, sind die Kontogebühren: 5,90 Euro werden jeden Monat fällig. Dafür ist der Kundenservice am Schalter inklusive. Da das vor Ort dann nicht mehr möglich ist, könnte man das Konto ja auf ein Onlinekonto umstellen, bei dem weniger Gebühren anfallen. "Zumindest das hätte man den Leuten mitteilen müssen", sagt Maik Frank verärgert.
Andreas Oechsner, Ortsvorsteher von Kleingartach, sieht die vermuteten Auswirkungen der Sparkassen-Schließung in seinem Ort ebenfalls kritisch und meint: "Die Banken schaffen sich selbst ab." Bisher hätten sie mit persönlichem Service und einem dichten Filialnetz gepunktet, auch wenn das jüngere Kunden selten in Anspruch genommen haben. Mit der Schließung kleiner Filialen sinke die Attraktivität jedoch enorm. Wer seine Geldgeschäfte nur online machen kann, der könne gleich zu einer kostengünstigen Direktbank wechseln, sagt Oechsner.
Von der Schließung habe man von einem Bankmitarbeiter bei einem Treffen mit Oberbürgermeister Klaus Holaschke erfahren. Beide Ortsvorsteher konnten dort ihrem Unmut zwar Luft machen, aber das hat an der Entscheidung nichts geändert. Für uns ist das eine "sehr bedauerliche Situation", sagt Oechsner und unterstreicht damit auch die Reaktion seines Elsenzer Kollegen. Zwar gibt es in beiden Orten noch Niederlassungen der Volksbank, aber es sei nicht zu erwarten, dass betagtere Bürger nun dorthin wechseln, zumal auch die Volksbank mehr und mehr Filialen dichtmacht – in Adelshofen etwa wird es dann nicht mal einen Bankautomaten geben.
Angesichts der ausgezeichneten wirtschaftlichen Lage der Kreissparkasse, sei die Entscheidung gleich gar nicht zu verstehen, finden die Ortsvorsteher. Wer keine Vertrauensperson hat, die bei der Bedienung der Automaten hilft, oder der vielleicht sogar die gesamten Geldgeschäfte übernehmen kann, für den wird es in den künftigen SB-Filialen mit der Bargeldbeschaffung schwierig. Oechsner: "Die Älteren sind etwas abgehängt." Ob die Sparkasse bei deren Kindern und Enkeln mit "hochmodernen Beratungszentren" statt persönlicher Betreuung durch bekannte Gesichter punkten kann, bleibe abzuwarten.