Sinsheim

"Urbanes Gärtnern" statt nahes Parken?

Ein fraktionsübergreifender Antrag fordert die Schließung von rund 20 Parkplätzen am Karlsplatz.

17.02.2021 UPDATE: 18.02.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden
Geht der Antrag durch, werden diese Parkplätze größtenteils wegfallen. Foto: Tim Kegel

Von Tim Kegel

Sinsheim. In Zeiten, in denen der Einzelhandel mit Amazon und ähnlichen Online-Konzernen konkurriert, die Ware an die Haustür liefern, müssen Autos bis vor die Ladentür fahren können, um halbwegs attraktiv zu bleiben. So lautet die eine Logik. Der Wandel ist kaum aufzuhalten; die Innenstädte müssen sich mit verändern, brauchen mehr Wohlfühlcharakter und Aufenthaltsqualität für Passanten, Radfahrer und Kinder. Deshalb: Autos raus aus dem Zentrum, wo immer es geht. So lautet die andere Logik.

Einigen Diskussionsstoff dürfte nun ein Antrag an die Stadtverwaltung bieten, mit dem sich der Gemeinderat in seiner Sitzung am 23. Februar erstmals ausführlicher befassen wird. Es geht darum, die Zahl der Parkplätze am Karlsplatz deutlich zu reduzieren. 20 Buchten sollen wegfallen. Unterzeichner des Antrags sind Anja Fürstenberger für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Alexander Hertel für die Fraktion Aktiv für Sinsheim, Harald Gmelin für die Fraktion der Freien Wähler und Michael Czink für die SPD-Fraktion. In der CDU-Fraktion, so hört man, wird das Ansinnen eher kritisch betrachtet.

Das Parkhaus an der Dr.-Sieber-Halle, heißt es in dem Antrag, "ist seit einiger Zeit in Betrieb und hat erhebliche Kapazitäten". Trotzdem herrsche am Karlsplatz "weiterhin extremer Parksuchverkehr". Diese Fahrzeuge nutzten den Bereich am Kopf des Karlsplatzes, in dem auch ein Spielplatz liegt, "regelmäßig als Wendehammer". Sowohl Suchverkehr, als auch auf freie Buchten wartende Autos hätten zur Folge, dass der Fußgänger- und Radverkehr zwischen der Allee, dem Karlsplatz und der Friedrichstraße "nicht sicher ist". Dies treffe gerade für ältere Menschen und Kinder zu, "die die Situation nicht schnell genug erfassen" könnten. Von "Spießrutenlaufen" ist in dem Schriftsatz die Rede. Ferner sei "damit zu rechnen", dass eine Erhöhung der Parkgebühren in diesem Bereich "den Effekt noch unterstützen" werde, "die Durchfahrt zur Rosengasse als Kurzhaltezone "zu missbrauchen" was "frei nach dem Motto: Mein Beifahrer holt nur schnell was" geschehe. Die Antragsteller glauben ferner daran, dass die "zunehmende Nutzung" des Parkhauses an der Dr.-Sieber-Halle "mehr Fußgängerverkehr zwischen Parkhaus und Innenstadt – und damit eine Überquerung des Karls-platzes – mit sich bringen wird".

Aus diesen Gründen fordere man die Schließung und Umnutzung von rund 20 Parkplätzen auf einem Steifen zwischen Zwinger- und Rosengasse. Die 40 Parkplätze auf dem Karlsplatz und 47 weitere auf dem Deck "Zwingermühle" würden bleiben. Anlieger, Nutzer der bestehenden "und erweiterten" Behindertenparkplätze sowie Lieferverkehr könnten weiter durchfahren.

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Auf der gewonnenen Fläche sollen Behindertenparkplätze ausgebaut werden und Radabstellplätze entstehen – "insbesondere Platz für Fahrräder mit Anhänger und für Lastenfahrräder", wie es heißt. Beim öffentlichen Grün denkt man an "Popup-Hochbeete", weil bereits eine Gruppe für sogenanntes "Urban Gardening" – "Urbanes Gärtnern" – in "den Startlöchern" stehe. Eine Neugestaltung des Karlsplatzes halten die Antragsteller für "aufgrund der angespannten Finanzlage in die Zukunft gerückt".

Zurückhaltende Stimmen zu dem Vorhaben gibt es beim Handel: Dort wird zurzeit jede Maßnahme, die auch nur den Anschein hat, Frequenz abzuziehen, mit Argusaugen betrachtet. Dies auch, weil der in der Neulandstraße geplante "Kaufland"-Vollsortimenter Hunderte Parkplätze bereitstellt. Letzten Endes würden die Kunden "mit den Füßen abstimmen". Dass das Parkhaus an der Dr.-Sieber-Halle nicht in dem Maß frequentiert wird, wie man sich dies erhofft hatte, deutet für manche – unter ihnen auch Schwergewichte wie Unternehmer Manfred Hütter – in eben diese Richtung. Zweckoptimismus bei Handel-Sprecher Klaus Gaude vom Wirtschaftsforum, der von "passenden Kompensationsmaßnahmen" spricht. Er sagt: "Die Zukunft heißt mehr denn je Aufenthaltsqualität."

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