So steht es um Sinsheims Finanzen
Sinsheims Stadtkämmerer Ulrich Landwehr zog Bilanz der alten Legislaturperiode und blickte aufs Jahr 2020

Symbolbild: Archiv
Von Tim Kegel
Sinsheim. Stadtkämmerer Ulrich Landwehr ist neben seiner Akribie für einen trockenen Humor bekannt. Zuletzt wandte er sich mit einem Finanz-Zwischenbericht über die vergangenen fünf Jahre an den "alten" Gemeinderat - "zur besten Sendezeit", wie Landwehr sagte: Nach zweieinhalb Stunden intensiver Ratsarbeit hing der eine oder andere Stadtrat da schon schief im Sitz. Bis 22 Uhr wollte Landwehr fertig sein.
Die ersten Jahre seien noch von der Finanzkrise 2009 bis 2011 geprägt gewesen. Ein massiver Instandhaltungsrückstau kostete jährlich deutlich sechsstellige Beträge. Bei den Einnahmen sei man in jedem der fünf Jahre der Legislaturperiode "von Rekord zu Rekord" gesprungen, sagte Landwehr. Gleichzeitig sei man in der Lage gewesen, in diesem Zeitraum für insgesamt 78 Millionen Euro neu zu investieren.
Von "Megainvestitionen" war die Rede, auch dank Zuweisungen und Zuschüssen von insgesamt zwölf Millionen Euro. "Noch niemals zuvor in einer Sitzungsperiode" sei diese Dimension erreicht worden. Noch nicht enthalten seien hierin die "vielen Millionen" aus Mitteln der Dietmar-Hopp-Stiftung.
Das "heitere Landstädtchen" - da war es wieder - habe sich hierdurch "extrem entwickelt", findet der Kämmerer. "Besonders stolz" könne man sein, dass in der gesamten Zeit "keine einzige neue Kreditaufnahme" benötigt worden sei, selbst wenn Haushaltsplanungen immer Kreditermächtigungen vorgesehen hätten.
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Das neue kommunale Haushaltsrecht werde künftig offener und schonungsloser zeigen, wie sich die "enorme Infrastruktur", die Stadtteilstruktur und die Stadtfläche von Sinsheim finanziell auswirken. Neue gesetzliche Regelungen verlangten stärker als bislang nach ausgeglichenen Haushalten, deutete Landwehr an.
Die aktuelle Finanzlage von Sinsheim habe sich gegenüber dem Vorjahr verbessert. 2018 sei im Ergebnishaushalt ein Überschuss von 8,6 Millionen Euro erzielt worden - geplant gewesen seien 2,8 Millionen Euro. Höhere Erträge von 2,7 Millionen Euro sowie Einsparungen von 3,1 Millionen Euro hätten hierzu beigetragen. 23,8 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen lägen nur knapp unter dem "Allzeithoch" aus dem Jahr 2017.
Altbekannt: Die Verwaltung braucht viel Geld fürs Personal. "Erstmals seit Jahren" hätten dessen Kostenansätze von 24,3 Millionen Euro nicht ausgereicht und seien um 285.000 Euro überschritten worden. Dies liege an steigenden Aufgaben und zeitgleich zu erledigenden Investitionsmaßnahmen, sagte Landwehr. Insgesamt könne man jedoch "von einem sehr guten Jahr 2018" sprechen.
Ursprünglich sei man auch bei der Haushaltsplanung fürs Jahr 2019 von positiven Vorzeichen ausgegangen, gestützt von 600.000 Euro Überschuss im Ergebnishaushalt, einem bisherigen Investitionshöchststand von 30,6 Millionen Euro und geplanten Kreditaufnahmen von 9,2 Millionen Euro als wesentliche Eckdaten.
Leider entwickle sich das laufende Jahr "bei weitem nicht so erfolgreich wie erwartet", sagte Landwehr. Die bundesweite Maisteuerschätzung deute auf "enorme Beträge" hin, die künftig fehlen. Landwehr nannte eine Verringerung des Einkommenssteueranteils zwischen 800.000 Euro und bestenfalls 500.000 Euro. Aktuell 22,4 Millionen Euro Gewerbesteuer deuteten darauf hin, dass es "mit den rasanten Steigerungen der letzten Jahre vorbei" sei.
Der Nachtragshaushalt, den der Gemeinderat im Oktober diskutiert, habe im Ergebnishaushalt um 400.000 Euro reduziert werden müssen, sodass nur 200.000 Euro Überschuss blieben. Im Finanzhaushalt und besonders bei den Investitionen müsse ebenfalls "deutlich angepasst werden". Die geplanten 30,6 Millionen Euro Investitionen dürften, sagt Landwehr, bei über 36 Millionen Euro liegen, die "auch sicherlich weitgehend benötigt werden würden".
Große Teile davon flössen in "laufende Projekte"; Landwehr nannte unter anderem die Dr.-Sieber-Halle und Brückensanierungen sowie "enorme Grunderwerbsvorhaben". Logischerweise müsse daher auch die Kreditermächtigung erhöht werden, riet der Kämmerer. Allerdings habe man von Januar bis Juli lediglich von der Rücklage gelebt - und diese "um beachtliche" 7,4 Millionen Euro reduziert.
Die Haushaltsplanung für 2020 wird nach Meinung Landwehrs schwierig. Millionenschwere Entscheidungen ohne Finanzierungsvorschläge gehörten wohl der Vergangenheit an. Für 2020 rechnet der Kämmerer mit bis zu 2,5 Millionen Euro weniger an Steuerzuweisungen. Einen ausgeglichenen Haushalt nannte er ein "ehrgeiziges Ziel". Ulrich Landwehrs Ausführungen endeten - auf die Sekunde - um 22 Uhr.