Sinsheim

Nach etlichen Drinks wurde es im Badewelt-Nacktbereich handgreiflich

Schläge und Tritte hatten gerichtliches Nachspiel. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von Schmerzensgeld eingestellt.

25.01.2025 UPDATE: 25.01.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden

Badewelt Sinsheim. Foto: BSG

Sinsheim. (tk) Wer die Badewelt besucht, möchte sich entspannen. Doch bisweilen kommt es dort zu Vorfällen, die ein gerichtliches Nachspiel haben. Am Donnerstag befasste sich das Amtsgericht mit einer gewalttätigen Auseinandersetzung, bei der auch der Alkohol eine große Rolle gespielt haben dürfte.

Die offizielle Version ging laut Gerichtsakte so: Zwei Kumpels aus dem Raum Pirmasens – heute 25 und 32 Jahre alt – und zwei 26- und 27-jährige Frauen geraten beim Umziehen am Rand des Nacktbereichs aneinander; eine der Frauen bespuckt einen der Männer.

Dann flippt der 28-jährige Lebensgefährte der eine Frau aus und vermöbelt das Duo nacheinander mit Fausthieben auf den Kopf- und Brustbereich. Zum Schluss treten die beiden Frauen auf einen der Geschädigten ein, als der am Boden liegt. Das Sicherheitspersonal entwirrt das Getümmel und sperrt den Schläger in einer Kabine ein, bis die Polizei kommt.

Passiert ist das alles Ende Januar 2022, ziemlich genau vor drei Jahren. Seither war die Verhandlung dreimal geplatzt und verschoben worden, reisten drei Verteidiger, neun Zeugen, eine Gutachterin der Rechtsmedizin, Staatsanwältin und Gerichtspersonal – oft mehrfach und über weite Strecken – nach Sinsheim.

Und auch jetzt sah es ganz danach aus, als könne wieder nichts stattfinden: Teile des Prozesses waren bereits abgekoppelt worden, der verbliebene Hauptangeklagte sei mit seinem Auto "im Stau gestanden". Als er zwölf Minuten zu spät auftauchte, hatten sich Anwälte, Staatsanwältin und Richterin gerade zum ersten Rechtsgespräch zurückgezogen, um auszuloten, wie – und ob – es weitergeht.

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"Du geile Schlampe" – nach Schilderung des Beschuldigten sei es dieser Satz in Richtung einer der Frauen gewesen, der ihn austicken ließ. Dass auch der enormen Zahl an Long- und Shortdrinks eine Rolle in dem beschriebenen Enthemmungsszenario zukommt, gilt als wahrscheinlich: Unter anderem drei Caipirinha, elf Jack Daniel’s, sieben Bier, drei Cuba Libre, drei Sex on the Beach und ein sogenannter Touchdown standen auf der Rechnung des Bürgergeldempfängers und seiner Begleiterinnen.

Richterin Bärbel Hönes nannte das "schon ’ne Leistung". Der Alkoholisierungsgrad, gepaart mit "gekränkter Männlichkeit", könne zu den Eskapaden geführt haben, sagte auch die Gutachterin. Tatsächlich gab der Beschuldigte an, hauptsächlich deshalb "in Rage gewesen" zu sein, weil er nach seinem ersten Angriff von seinem deutlich stämmigeren Opfer "gegen eine Kabine geschubst" worden sei.

Alkohol nicht zu knapp hatten auch die beiden jungen Pfälzer intus: Wohl auch deshalb und wegen der langen Zeit zwischen dem Vorfall und der Verhandlung war kaum mehr zu entwirren, wer wo genau stand, wer sich zuerst Schläge einfing, auf welche Weise die Frau gespuckt hat, ob die Spucke ihr Ziel überhaupt traf, und ob der Satz des Anstoßes überhaupt so gesagt wurde: Die zwei Pfälzer, sagte der Ältere, hätten "vielleicht Geräusche gemacht".

Und er räumte auf Nachfragen des Anwalts ein, dass es sich möglicherweise um "Stöhngeräusche" gehandelt haben könnte. Nach all der Zeit könne er das alles "aber nicht mehr auswendig sagen".

Unterm Strich blieb bei der Verhandlung wenig Greifbares. Außer der Schläge, die der Angeklagte von Anfang an gestanden und mit denen er laut Staatsanwaltschaft eine Lebensgefahr bei den Opfern in Kauf genommen hat. Im Arztbericht des Sinsheimer Krankenhauses war von der ersten von drei Stufen eines Schädel-Hirn-Traumas beim älteren Opfer zu lesen.

Dass Schläge und Tritte gegen Kopf und Wirbelsäule grundsätzlich lebensgefährlich sind, legte die Rechtsmedizinerin dar. Sie kam aber trotz der "katastrophalen Fotos" in der Akte zum Schluss, dass die Diagnose "nicht korrekt" sei und eigentlich eine Schädelprellung vorgelegen habe. Vor diesem Hintergrund sprach sie von einer "abstrakt das Leben gefährdenden Handlung".

Der Angeklagte nahm’s mit wissendem Grinsen zur Kenntnis. Die meisten Zeugen konnten ungehört heimfahren. Das Verfahren wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung wurde nach einem zweiten Rechtsgespräch eingestellt. Der Schläger muss Schmerzensgeld an seine Opfer zahlen, einmal 500 und einmal 250 Euro.

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