Sinsheim

In der Stadt wird es dunkel, aber nicht zappenduster

Die Laternen gehen zwischen 1 und 4 Uhr in der Nacht aus. Gibt es eine Weihnachtsbeleuchtung?

24.09.2022 UPDATE: 24.09.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 59 Sekunden
Traulich funkeln die Lichter der Sinsheimer Weihnachtsbeleuchtung – auch in diesem Jahr? Foto: Stadtmarketing Sinsheim

Von Tim Kegel

Sinsheim. Es wird dunkler in Sinsheims Straßen am Abend und in der Nacht; für drei Stunden wird es vielerorts stockdunkel. Energiesparen ist der Grund, weshalb der Gemeinderat nach mehr als 90-minütiger Diskussion eine Änderung des Straßenbeleuchtungskonzepts beschlossen hat. Und es sollen alle Laternen im Stadtgebiet auf LED-Lampen umgerüstet werden.

Halbnachtschaltung heißt ein Schlüsselbegriff: Die Lampen laufen dann auf reduzierter Leistung. Wie sich das anfühlt, merkt man zurzeit ab 22 Uhr, wenn die Beleuchtung dunkler wird. Künftig soll es ab Einsetzen der Dunkelheit so sein – bis 1 Uhr nachts; ab da soll das Licht in den meisten Straßen komplett ausgehen, bis 4 Uhr.

Ausgenommen sind Bahnhofsumfeld, Bahnhof, Fußgängerzone und Neulandstraße – wie es heißt aufgrund "des erhöhten Fußgängeraufkommens und der notwendigen Steigerung des Sicherheitsgefühls". Auch an Fußgängerüberwegen und Bundesstraßen bleibt die Beleuchtung wie gewohnt. 25 Ja-Stimmen – überwiegend im Lager der Freien Wähler, der Grünen, der SPD und bei Aktiv für Sinsheim –, elf Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen bilden das Fundament der Entscheidung. Die Änderung soll auch im Sommer Bestand haben.

Etwas weiter ging ein Vorschlag der Stadtverwaltung, der eine Abschaltung zwischen 0 und 5 Uhr im Winter sowie die Komplett-Abschaltung im Sommer vorsah. Zur Einordnung: Energie im Gegenwert von momentan rund 285.000 Euro hätte man durchs städtische Modell jährlich einsparen können – bei einmaligen Ausgaben für die technische Umstellung von etwa 95.000 Euro. Diese ist aufwendig, jedoch weniger als gedacht, weil es laut Infrastrukturamtsleiter Bernd Kippenhan keiner Grabungen bedarf. Allerdings wird für die Umprogrammierung an den Schaltkästen, zur "Umklemmung" mancher Lampen und "zur Markierung der Leuchtenmasten, welche nicht die ganze Nacht brennen", mit rund 400 Arbeitsstunden des eigenen Personals und rund 1000 Arbeitsstunden externer Elektriker gerechnet. Deren Auftragslage entscheide, ob die Umstellung Wochen oder Monate dauert.

Im Gremium reichten die Meinungen von der "Maximallösung" bei Grünen-Rätin Anja Wirtherle bis hin zur "durchgehenden Halbnachtschaltung" bei Annerose Hassert von Aktiv für Sinsheim. Gewichtige Argumente fand man für beides: Zeitungszusteller oder Pendler in den Nachtzügen bei SPD-Rat Jens-Jochen Roth etwa, die "nach 1 Uhr und vor 4 Uhr morgens" unterwegs seien.

Was ist zumutbar?

Oder die Besorgnis vieler Menschen, die CDU-Rat Jens Schellenberger schon "bei kleineren Stromausfällen in einzelnen Straßenzügen" wahrnimmt. Angesichts dessen könne er den städtischen Vorschlag "beim besten Willen nicht mittragen". Erfahrungen aus einer zeitweise "komplett dunklen Straße" im Dorf konnte Freie-Wähler-Rat und Eschelbachs Ortsvorsteher Wolfgang Maier beitragen: Zu Fuß unterwegs, sei er dort "über Kisten gestolpert". Und was ist mit entlegenen Siedlungen wie dem Krebsgrund?

Dort wird es wohl genauso dunkel bleiben, wie im Rest der Stadt. Es gibt aber andere Ansichten: Etwa die, was dagegen spricht, die Taschenlampe mitzunehmen. Diese brauche man nicht unbedingt, man könne sich an Dunkelheit gewöhnen, erinnerte Wirtherle an den nächtlichen "Spaziergang mit dem Hund am Ortsrand".

Durchgehend auf Halbnachtschaltung zu setzen, hatte auch Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin im Vorfeld der Sitzung angeregt; eine etwas dunklere Stadt hält er auch angesichts der vorgeschriebenen Ausnahmen für "zumutbar".

Nicht zumutbar finden viele den möglichen Umgang mit der in der Ratsvorlage "Ambientebeleuchtung" genannten Weihnachtsbeleuchtung, und auch an dem Begriff selbst reibt man sich: Laut einer Verordnung schien es, als sei diese nur an Weihnachtsmärkten erlaubt. In Sinsheim wären das nur zwei Tage im Advent; Kippenhan schlug vor, ganz darauf zu verzichten und führte 14.000 Euro an, die das Aufhängen verschlingen würde. Doch im Gremium sorgten sich viele, dass ein Verzicht auf die Weihnachtsbeleuchtung der von Corona-Verordnungen, Kriegsangst und Energie-Sorgen geplagten Bevölkerung das letzte bisschen Freude nimmt. Die Juristen im Rat, Schellenberger und Gmelin, sind fest davon überzeugt, dass "die generelle Beleuchtung laut Text in der Verordnung nicht verboten ist". In der Bahnhofstraße müsse es den Lichterglanz auf jeden Fall geben, ebenso in jedem Ortsteil einen Weihnachtsbaum. Im Rathaus wird die Interpretation des Verordnungstexts zurzeit noch geprüft.

"Wir müssen uns klar machen, wie wir mit den Menschen umgehen" – fast wortgleich äußerten sich CDU-Sprecher Friedhelm Zoller und SPD-Sprecher Michael Czink. Viel nachgedacht wurde darüber, was angesichts der Energiekrise "vermittelbar ist und was nicht". Angesprochen wurden während und im Nachgang der Sitzung die "rund 200 Lampen", die allabendlich Fernfahrerparkplätze an der Raststätte Kraichgau-Süd erleuchten; die 13 Lampen am Kreisverkehr vor dem Kreisschulzentrum, die weithin sichtbare Innenbeleuchtung am Stadion. Und generell das Thema Flutlicht bei Vereinen.

Diese bezahlten den Strahler-Strom aus eigener Kasse, erinnerte OB Jörg Albrecht – was man dem Licht allerdings nicht ansieht. Entsprechend abwartend sind viele bei einer möglichen Flutlicht-Beleuchtung für den Skatepark, die, zumindest solarbetrieben, bei den Grünen Anklang findet. Einigkeit herrscht beim Austausch sämtlicher Glühbirnen im Straßenraum durch LED-Technik; Anfänge sind gemacht. Laut Kippenhan amortisierten sich die hierzu nötigen 350.000 Euro in rund drei Jahren. Das Geld soll nun im Nachtragshaushalt 2022 bereitgestellt werden.

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