Der Einsatz der Kinder für die Schule
Kinder, die an die Schule möchten, müssen einen Schnelltest machen - Kinderarzt Dr. Folkert Fehr ruft zu Dankbarkeit auf

Von C. Barth und C. Beck
Sinsheim. Corona-Schnelltests sind gerade ein Thema, das fast jeden beschäftigt. Doch während dies bei den meisten Erwachsenen ein Angebot ist, das auf Freiwilligkeit beruht, müssen sich Kinder seit Montag testen lassen – zumindest dann, wenn sie in die Schule möchten. Zudem müssen sie den ganzen Schultag über eine Maske tragen und Abstand halten. "Die Kinder bringen gerade den höchsten Einsatz", findet Holger Gutwald-Rondot, Rektor der Kraichgau-Realschule. Und dafür müsste man dankbar sein, sagt Dr. Folkert Fehr. Der Kinderarzt hat deshalb ein Schreiben verfasst, in dem er dies zum Ausdruck bringt.
Zudem möchte der Mediziner, der am Karlsplatz eine Praxis betreibt, den Kindern Mut machen. Er sagt: "Es wird bei der Pandemiebekämpfung viel über Kinder geredet, aber man spricht eigentlich wenig mit ihnen." Dies allerdings hält Fehr nun für dringend angezeigt, da deren Betreuer, Eltern, Erzieher und Lehrer aufgerufen würden, "einen ganz wesentlichen Beitrag zu leisten, nämlich die Pandemie dadurch abzubremsen, dass sich die Kinder regelmäßigen Selbsttests unterziehen". Fehr will darauf hinweisen, dass von Kindern etwas erwartet wird, was für den überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht verpflichtend ist. Dennoch möchte der Kinderarzt nicht kritisieren, sondern "die Dankbarkeitsglocke läuten." Darüber hinaus sei ihm wichtig, dass man mit Kindern und Jugendlichen im Dialog bleibe "und nicht über sie verfügt".

Die überwiegende Mehrzahl von Eltern, Lehrern und Erziehern gehe nun vor allem pragmatisch vor und mache sich an die Organisation der Selbsttests. Nur eine Minderheit wehre sich dagegen. "Das Verhältnis ist etwa 90 zu zehn", lautet die Erfahrung des Kinderarztes. Gutwald-Rondot erklärt, dass von den 800 Schülern an der Kraichgau-Realschule etwa 40 weiterhin ausschließlich zu Hause unterrichtet werden, weil sie oder vielmehr deren Eltern die Tests ablehnen. Ein Teil dieser Eltern stehe den Corona-Maßnahmen kritisch gegenüber, andere wiederum seien so vorsichtig, dass sie den Tests nicht vertrauen und ihr Kind trotzdem nicht in die Schule lassen.
Fehr hält die verpflichtenden Selbsttests für einen Schritt in die richtige Richtung. Er vermutet aber, dass eine große Menge falsch positiver Ergebnisse weitere Irritationen nach sich ziehen könnte. Zudem hält es Fehr für ratsam, das Szenario, wenn positive Ergebnisse auftreten, in der Einrichtung vorab zu besprechen und zu üben. Auf Nachfrage teilte Gutwald-Rondot mit, dass von den etwa 2800 Tests, die bislang an der Kraichgau-Realschule vorgenommen wurden, zwei positiv waren. Für die beiden Schüler sei dies eine Art Schock gewesen, doch man habe sie betreut, bis sie von den Eltern abgeholt wurden. Tränen habe es keine gegeben.
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Kinderarzt Fehr hält es für unstrittig, dass Bildung unter der Pandemie leidet, und dass die Eltern meist überlastet sind, wenn sie die Beschulung ihrer Kinder währen der Arbeit im Homeoffice begleiten müssen. Doch auch manche Schüler und deren Eltern seien mit der Testpflicht manchmal überfordert. So berichtet Fehr, er sei von Andreas Fuchs, Schulleiter der Steinsbergschule, gebeten worden, in der Einrichtung die Tests fachlich zu begleiten. Doch finanzielle Unterstützung sei von politischer Seite nicht vorgesehen: "Kinder der Sonderschulen sollen mit den gleichen Mitteln auskommen wie ein gesunder Gymnasiast." Fehr kritisiert: "Für Kinder mit besonderen Bedürfnissen sind in dieser Situation keine besonderen Ressourcen vorgesehen." Man erwarte auch von den Eltern und Lehrern besonders eingeschränkter Kinder uneingeschränkte Mitwirkung. "Und ich finde, dass dies unbedingt ein Grund zur Dankbarkeit ist", betont Fehr.
Die Mädchen und Jungen an der Kraichgau-Realschule machen laut Gutwald-Rondot bei den Selbsttests gut mit und haben mittlerweile Übung. Denn an der Realschule wird bereits seit 15. März getestet, anfangs auf freiwilliger Basis. Die Stimmung unter den Schülern sei gut: "Die sind froh, dass sie an die Schule dürfen", berichtet der Rektor. Die Klassenstufen 7, 8 und 9 können erst seit Montag wieder im Präsenzunterricht lernen. Davor waren sie vier Monate im Fernunterricht.
Doch wie geht es weiter? In Corona-Zeiten zu planen, ist schwierig. Alle hoffen, dass die Kinder weiterhin an die Schule dürfen, sagt der Rektor. Doch momentan gilt noch das Wechselmodell: Aus jeder Klasse kommt nur die Hälfte der Schüler, die andere Hälfte bekommt Fernunterricht. Im Wochenrhythmus wird getauscht. Gutwald-Rondot wünscht sich, dass bald wieder alle Schüler gleichzeitig im Klassenzimmer lernen können. Um dies zu erreichen, ließen sich die meisten Schüler gerne auch ein drittes Mal pro Woche testen.



