Sinsheim

Der Dompfaff, die Polka und die Wadlstutzen

Das Orchester Holger Mück brachte "Egerländer Blut" in die Dr.-Sieber-Halle. 130 Gäste lauschten, viele Plätze blieben leer.

19.12.2021 UPDATE: 20.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Moderatorin Sandra Spindler und Holger Mück gaben den Takt vor beim Konzert des Orchesters, das sich der „Egerländer Blasmusik aus Leidenschaft“ verschrieben hatte. Foto: Christiane Barth

Von Christiane Barth

Sinsheim. Die Dompfaff-Polka, "Böhmisch mit Herz" und "Egerländer Blut": Schon bei den Musik-Titeln denkt man an Lederhosen und handgestrickte "Wadlstutzen". Und so war es auch: Blasmusik vom Orchester Holger Mück in der Dr. Sieber-Halle. Der Saal war am Freitag Abend nicht annähernd voll besetzt, rund 130 Gäste schunkelten mit vielen Lücken im Saal zu böhmischer Blasmusik. Die Lücken waren den Zugangsbeschränkungen geschuldet und im Sinne des Infektionsschutzes durchaus gewollt.

Unter der Moderation von Sandra Spindler war das erklärte Ziel, den Klang und die Spielart der Egerländer Blasmusik zu erhalten und dem Publikum näherzubringen. Die Zuhörer schienen den Melodien mit Titeln, die bereits den Klang in sich tragen wie "Rauschende Birken" oder "Herzfeuer", von Anfang an sehr nahe zu sein. Schon beim zweiten Stück bewegten sich die Rücken taktvoll nach rechts und links.

Für das Orchester war der Auftritt in Sinsheim eine Premiere, der Termin für das Konzert hatte aber verschoben werden müssen. Die Moderatorin holte ein wenig aus und berichtete über die konzertfreie Zeit, der die Musiker von März 2020 bis Oktober 2021 ausgesetzt waren. 13.920 Stunden ohne Publikum seien dabei zustande gekommen. "Man stelle sich vor, unsere Musiker hätten so lange auf ein Bier warten müssen", witzelte Spindler, die auch über den Werdegang des Dirigenten Holger Mück einiges zu berichten hatte: "Schon als Bub hat er gespürt, dass Blasmusik ihn fasziniert. Sein größter Wunsch auf Erden: Er wollte Startrompeter werden. Das Instrument, das hat er schon, der Vater schenkte es dem Sohn. Für sich bestellte er per Fax, ’ne große Packung Ohropax."

Das Orchester spielte viele Stücke aus dem neuen Album "Egerländer Blut". Mück begeisterte gleich in der ersten halben Stunde, unter anderem mit seinem Trompetensolo beim Stück "Herzfeuer". Den Zugang zu dieser Art von Musik hatten die Gäste längst intus, es wurde mitgeklatscht und geschunkelt. Böhmisch also, und zwar mit Herz: Die Botschaft war einfach, und die Musik feierte stilecht die Heimatmelodien der Egerländer Musikanten, darunter auch einige Titel von Ernst Mosch, dem bekannten, bereits im Jahr 1999 gestorbenen Komponisten und Gründer der Original Egerländer Musikanten.

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"An diesem Namen kommt man nicht vorbei", meinte die Moderatorin. 1956 wurden erstmals einige seiner Walzer und Märsche im Rundfunk gesendet: "Der Startschuss einer einmaligen Karriere", sagte Spindler, "viele unvergessene Melodien sind dabei entstanden – und ein paar dieser wunderschönen Kompositionen haben wir jetzt für Sie dabei." Ein musikalischer Streifzug, der mit dem "Egerländer Musikantenmarsch" begann und mit dem Titel "Ohne Liebe geht es nicht" noch lange nicht endete: "Wir gönnen uns eine stille Stunde, um dem Dompfaff zu lauschen und die Sterne der Heimat zu betrachten", lautete eine Textzeile. Dieser musikalische Reigen schloss mit dem Stück "Wir sind Kinder der Eger". Das Publikum war begeistert.

Die Musiker hielten die Kultur "ihres" Egerlandes als historischer Teils Böhmens hoch. Dieser Landstrich liegt heute in Tschechien und Bayern. Volksmusik also, die sich mit Leidenschaft der Egerländer Kultur verschrieben hat und diese mit eingängigen Titeln wie "Liebstes Mädchen" oder "Oberlausitz, geliebtes Heimatland" feiert. Polkas, Märsche und Balladen schwangen sich träumerisch ein auf den Takt eines tief empfundenen Heimatgefühls.

Flügelhorn, Tenorhorn, Alphorn: Die Instrumente riefen sie hervor, die Bilder, die an das Fichtel- oder Erzgebirge erinnern. Schlagzeug, Posaunen, Tubas und Klarinetten gaben den Rhythmus heimatlich gefärbter Melodien vor, die ihre Fangemeinde auch in Sinsheim fanden.

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