Eppinger Bahnhof ist nun Mobilitätszentrale
Das Land übernimmt jetzt einen Großteil der Betriebskosten. Bald soll es dort noch weitere Angebote geben.

Von Armin Guzy
Eppingen. Selbstverständlich wünsche sie niemandem, dass sein Zug Verspätung hat, sagt Elke Zimmer – schließlich ist sie ja auch Staatssekretärin im Verkehrsministerium des Landes –, aber falls man doch mal strande, dann doch bitte möglichst im Eppinger Bahnhof, in dessen Mittelbau sie am Montagabend steht und sich freut, dass es hier auch ein Café mit Tischen und Stühlen gibt, also einen warmen Aufenthaltsort, saubere Toiletten sowieso, eine freundliche Atmosphäre und außerdem: Menschen, die einem eine Fahrkarte verkaufen und bei Bedarf auch noch etwas zur Stadt erzählen. "Ich bin echt geplättet", bekennt sie. Den Geist des fast 150 Jahre alten Gebäudes könne man atmen. Ein "Wohlfühlbahnhof", einer für die Bürger. Und dann sagt sie noch einen Satz, der Oberbürgermeister Klaus Holaschke und auch den Gemeinderäten runtergehen dürfte wie Öl: "Das haben Sie genau richtig gemacht!"
Und weil es so richtig war, dass der Gemeinderat nicht nur den Kauf des Bahnhofgebäudes und dessen Sanierung beschlossen und finanziert hat, sondern seither auch Geld in die Hand nimmt, um einen andernorts ausgestorbenen Service wiederzubeleben, ist Zimmer hier, angereist aus dem Ministerium in Stuttgart, mit einer erfreulichen Botschaft im Gepäck: Das Land würdigt Eppingen nun als Mobilitätszentrale, übernimmt künftig unter anderem die Kosten für die Fahrkartenverkaufsagentur der Deutschen Bahn und beteiligt sich darüber hinaus mit einem fünfstelligen Euro-Betrag an den Gesamtkosten. Und weil ein guter Personennahverkehr doch so wichtig für die Verkehrswende und somit auch für das Erreichen der "sportlichen" Klimaziele sei, gibt die Grünen-Politikerin dem OB und der Stadt noch ein Versprechen: "Wir gehen gerne mit Ihnen die nächsten weiteren Schritte, um das ÖPNV-Angebot noch attraktiver zu machen."
Diese Schritte sind, weil schon geplant und jetzt auch mit ministeriellem Rückenwind, offenbar nur noch eine Frage kurzer Zeit. Markus Schnizler umreißt sie mit Eintrittskartenvorverkauf für Veranstaltungen, E-Bike-Verleih, Sharing-Angebote und Gepäckaufbewahrung. Schnizler ist Geschäftsführer der DJHN, der Diakonischen Jugendhilfe Landkreis Heilbronn, die die beiden Türme des Bahnhofs seit der Sanierung als Verwaltungs- und Schulungszentrale nutzt und seit 2017, im Auftrag und bezahlt von der Stadt, auch das Personal für Café und den Fahrkartenverkauf stellt. Nun freut er sich, "dass wir dazu beitragen dürfen, dass Eppingen nachhaltiger und noch attraktiver wird". Schließlich habe Mobilität auch eine wichtige soziale Komponente, und der Eppinger Bahnhof stehe nicht erst seit der Gartenschau für die Begegnung aller Altersgruppen.
Nicht nur der persönliche Beratungsservice und die Aufenthaltsqualität im Inneren, sondern auch, dass der gesamte Bahnhof kein "Angstraum" sei, unterscheide den Eppinger Bahnhof von anderen, stellt Staatssekretärin Zimmer auch noch wohlwollend fest. Außerdem sei hier "nichts to go".
Auch interessant
Der Bahnhof werde rege genutzt, sei aber immer auch ein Zuschussgeschäft, informiert OB Holaschke, gibt außerdem einen geschichtlichen Abriss und lässt dabei nicht unerwähnt, dass die beiden Bahnlinien, die in Eppingen zusammenlaufen, noch vor wenigen Jahren hätten stillgelegt werden sollen. Und natürlich berichtet er der Staatssekretärin vom "Erfolgsmodell Bürgerbus" und dem besseren Busangebot, das wichtig sei, weil Mobilität schließlich nicht am Bahnhof beginne und ende. Seinen Dank an Zimmer und die drei anwesenden Wahlkreisabgeordneten Erwin Köhler (Grüne), Georg Heitlinger (FDP) und Dr. Michael Preusch (CDU), die sich sehr für die Mobilitätszentrale eingesetzt haben, verpackt Holaschke in den Kalauer: "Wir sind dankbar, dass Eppingen zum Zuge gekommen ist."
"Menschen lieben es, persönlich beraten zu werden", sagt Wolfgang Weiß, Prokurist des Karlsruher Verkehrsverbunds (KVV). Daher sei eine solche Mobilitätszentrale trotz des geplanten Deutschlandtickets wichtig. Dem OB und dem Gemeinderat dankt er für deren "weitsichtige Entschlossenheit", denn schließlich hat die Stadt den Service jahrelang weitgehend aus eigenen Mitteln finanziert.
Die Abkürzung von Weiß’ Verkehrsunternehmen ist dann nur eine unter insgesamt fünf, die auf der Türe prangen, als die Tür der Mobilitätszentrale geöffnet wird und Anja Kleinhans die mobile Mobilitätszentrale herausrollt. Ihr neuer Arbeitsplatz ist dort geparkt, wo zeitweise ein Eine-Welt-Laden untergebracht war. Seit Oktober 2021 ist sie zusammen mit Bärbel Sticher dabei, verkauft Fahrkarten und gibt auf Wunsch auch Informationen zu Eppingen und der Umgebung – und wohl bald auch zu neuen Angeboten.
Info: Ab 1. März werden die Öffnungszeiten erweitert. Dann ist die Mobilitätszentrale montags bis freitags von 9 bis 12.30 und von 13 bis 17 Uhr sowie samstags von 9 bis 12 Uhr besetzt.