Von der Ramschware zum begehrten Gut
Nadelholz ist nach drei Jahren Überangebot knapp und teuer geworden. Für Waldbesitzer und Kommunen ein Segen, für Bauherren ein Fluch.

Von Armin Guzy
Eppingen/Landkreis Heilbronn. Zimmerleute und Bauherren machen gerade das, was Waldbesitzer die vergangenen drei Jahre fast ununterbrochen getan haben: Sie klagen – und das zunehmend lauter. Weil Bau- und Konstruktionsholz fehlt und kein Nachschub in Sicht ist, stehen mitunter bereits ganze Baustellen still. Große Bauunternehmen besorgen sich sogar schon eigene Trocknungsanlagen, um Rohholz selbst verarbeiten zu können und unabhängiger von den Sägewerken zu werden. Die großen Waldbesitzer, unter ihnen Kommunen wie Eppingen, freut’s hingegen, auch wenn sie von Partystimmung noch weit entfernt sind. Aber immerhin nähert sich der Preis für Nadelholz wieder einem "normalen" Niveau.
"Der Lieferengpass ist für uns kein Problem, sondern eine positive Nachricht für alle Waldbesitzer", sagt Martin Rüter, der Leiter des Kreisforstamts Heilbronn angesichts der Entwicklung. Er kennt den Eppinger Wald aus dem Effeff und weiß, dass es für den Haushalt der Fachwerkstadt, die zu den größten Waldbesitzern im Land zählt, bei steigenden oder fallenden Holzpreisen schnell um Hunderttausende Euro geht. Die derzeit so begehrte Fichte hat im Stadtwald zwar lediglich einen Flächenanteil von sieben Prozent, aber einen ungleich höheren am finanziellen Ertrag. Seine Beobachtung: Was noch da ist, wird deutlich schneller abgefahren als bisher. Und da ist nur noch wenig: "Das Überangebot ist leergelaufen." Längst gehen viele Stämme, roh oder gesägt, in die USA. In den Staaten wird gerade eifrig gebaut, aber die Lieferungen aus dem deutlich näherliegenden kanadischen Forst sind ins Stocken geraten. Also wird in Europa eingekauft – und gut gezahlt. Die Preisspirale rotiert immer schneller.
Damit scheinen zumindest vorerst die Zeiten vorbei, in denen Nadelholz aus der Region "zum Nulltarif verramscht" wurde, wie Rüter sagt, weil der Verkaufspreis oft nicht mal mehr die Erntekosten decken konnte. Nach drei Jahren Trockenheit, höchst vermehrungsfreudigen Borkenkäfern und einigen Stürmen war durch "Noternten" viel mehr Kiefern-, Lärchen- und Fichtenholz zwangsweise auf dem Markt, als zu jener Zeit gebraucht wurde. Phasenweise kostete der Festmeter nur noch 25 Euro, inzwischen nähert sich der Preis wieder der Dreistelligkeit.
Reich würden Waldbesitzer dabei nicht, aber der höhere Ertrag gleiche immerhin die schlechten Jahre aus, sagt Rüter. Allerdings steht das Forstamt, das sich um rund 30.000 Hektar Wald im Landkreis, um Holzernte und -verkauf kümmert, nun wieder stärker im Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.
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Privatwaldbesitzer müssen sich darum weniger scheren, tun es im Idealfall aber dennoch. Falls nicht, dürften die Motorsägen nun öfter zu hören sein. Denn an Stämmen mangelt es nicht: Weil die Preise jahrelang im Keller waren, wurde auch nur das aus dem Wald geholt, was ohnehin im Überfluss da war und raus musste: Käfer- und Sturmholz. Das dürfte sich in manchem Privatwald mit Nadelholzbestand nun grundlegend ändern.
Im Kreisforstamt will man hingegen warten, bis klar ist, wie viel Käferholz anfallen könnte. Solange gilt ein Einschlagstopp. "Erst im September werden wir entscheiden, ob frische Fichte geschlagen wird", erklärt Rüter. "Wir könnten mehr verkaufen", schildert auch Markus Dörfle von der Holzverkaufsstelle des Kreisforstamts die aktuelle Lage, "aber die Nachhaltigkeit steht dem entgegen." Nur: Das Frühjahr war nass und kalt, und der ungeliebte Schädling macht sich anders als in den Vorjahren eher rar: "Keine idealen Bedingungen für den Käfer, für uns aber sehr, sehr gut", sagt Dörfle. Zumindest was die Waldgesundheit angeht. Andererseits: Um keine gesunden Bäume fällen zu müssen und dennoch etwas anbieten zu können, wären vier Käfergenerationen wie im Vorjahr durchaus förderlich. Die Forstleute rechnen in diesem Jahr höchstens mit maximal drei.
Derweil steigt die Nachfrage weiter, was sich auch im Fichtenholzpreis widerspiegelt, selbst bei minderwertiger Qualität: Vor wenigen Monaten kostete der Kubikmeter Konstruktionsvollholz noch 300 Euro, jetzt liegt er bei 1000 und mehr. Das Kreisforstamt hat mit einigen großen Unternehmen feste Lieferverträge, manches wird aber auch "frei Hand" verkauft. Was die Abnehmer dann daraus machen, liegt nicht mehr in der Hand des Forstamts. Es gibt durchaus Sägewerke, die bewusst nur für den heimischen Markt produzieren, andere liefern an den, der am meisten zahlt, egal wo er sitzt. Auch das trägt zu aktuellen Holzknappheit bei, die auf dem besten Weg zum Politikum ist: Inzwischen mehren sich die Stimmen, die regulierende Eingriffe von der Politik fordern. Nicht nur in Waldbesitzerkommunen wie Eppingen verfolgt man die aufkeimende Diskussion gespannt.