"Gegner"-Unterhemd sorgt für Familienblock-Verbot
Ein Zwölfjähriger durfte nicht in den Familienblock, weil er ein Freiburg-Trikot als Unterhemd trug. Denn: Der Block gehört zum "Heim-Fanbereich".

Von Christiane Barth
Sinsheim. Ein übereifriger Angestellter des Sicherheitsdiensts im Stadion soll einem zwölfjährigen Kind und dessen Familie den Zutritt zum Heimspiel gegen Freiburg verweigert haben, weil der Filius ein Trikot des Spielgegners als Unterhemd trug. So schildern es die TSG-Fans empört; dies auch, weil der Ordner zuvor offenbar unsanft die Jacke des Kinds kontrolliert hat.
Die Familie aus vier Erwachsenen und zwei Kindern waren aus der Ortenau zum Bundesligaspiel ins 140 Kilometer entfernte Sinsheim gereist. "Es wurde zu einem Erlebnis der sehr unangenehmen Art", berichtet Walter Blatt aus Kappel-Grafenhausen. Mit den Tickets für den Familienblock sei die Familie gleich am Einlass gescheitert, weil eins der Kinder unter mehreren Kleidungsschichten ein Freiburg-Trikot trug. Dies sei ohne böse Absicht passiert – sondern weil es an jenem 30. April sehr kalt war.
Bei der Kartenkontrolle habe der Stadion-Ordner dann die blaue Jacke des zwölfjährigen Jungen gehoben und darunter das rote Freiburg-Trikot entdeckt. Regnerisch sei es gewesen, die Kinder hätten beide blaue Jacken und als unterstes Teil das rote Freiburg-Trikot getragen. Der Ordner am Einlass habe nun dem Kind den Eintritt zum Familienblock verwehrt. Die Mutter des Jungen, Michaela Schöffel, berichtet, sie habe dem Ordner vorgeschlagen, dem Kind das Trikot einfach auszuziehen. Doch den Wiedereinlass habe man ihr nicht gewährt.
Nach dem Spiel habe sie sich über die Website der TSG Hoffenheim beschwert und daraufhin eine Rückmeldung von Alexander Eicker vom Sicherheitsmanagement erhalten. Dieser habe ihr mitgeteilt, der Eintritt in den Gästefanblock sei – auch als Wiedereinlass nach Ablegen der Fankleidung einer gegnerischen Mannschaft – laut Stadionordnung nicht erlaubt. Die Mutter vermisst hier die "Verhältnismäßigkeit"; es fehle an Augenmaß und Fingerspitzengefühl: "Es geht doch um ein Kind", sagt sie.
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Zum Verbot äußert sich TSG-Pressesprecher Holger Kliem: Im "Heim-Fanbereich", zu dem auch der Familienblock gehöre, sei das Tragen von Fan-Textilien des gegnerischen Teams nicht erlaubt. Dies diene der Sicherheit und Konflikt-Vermeidung. Kliem verweist auf die Stadionordnung, die auf der Website der "PreZero"-Arena sowie auf den Tickets deutlich mitgeteilt werde, bedauert den Vorfall allerdings: "Sollte es bei einem unserer Heimspiele ein enttäuschtes Kind gegeben haben, dann tut uns das wirklich sehr leid."
Ein bitterer Beigeschmack bleibt für die Mutter des Kinds jedoch zurück. Denn auch mit ihrem Vorschlag, dass das Kind sein rotes Trikot ja ausziehen könne, sei sie am Einlass-Personal mit dem Hinweis gescheitert, dass man dies für "eine miese Nummer" halte. Also kaufte die 47-Jährige notgedrungen zwei zusätzliche Eintrittskarten zu insgesamt 42 Euro für sich und ihren Sohn – zusätzlich zu den 29 Euro für die Familienblock-Tickets, die sie ohnehin schon für sich als Erwachsene sowie das Kind gezahlt hatte. Die beiden mussten das Spiel dann ohne Familie im gemischten Block gegenüber des Familienblocks verfolgen.
"So etwas darf nicht passieren", meint der Großvater, Walter Blatt, und setzt nach: "Was soll ein zwölfjähriges Kind in Begleitung von Eltern und Opa anrichten, die noch dazu bereit sind, dem Kind das verbotene Trikot auszuziehen?", fragt er sich. Die Aktion hält er für maßlos überzogen und in höchstem Maß kinderfeindlich. "Die heutigen Kinder sollen doch die Fans von morgen sein."
Die TSG Hoffenheim wolle "jedem Fan und Besucher ein positives Erlebnis in unserer Arena garantieren", sagt Clubsprecher Kliem. Dies gelte "vor allem in puncto Sicherheit", fährt er fort, "gerade auch für Familien und unsere kleinen Fans"; und auch Anhänger der gegnerischen Mannschaft seien hiermit gemeint. Die TSG arbeite eng mit Sicherheitsdiensten und Polizei zusammen, um für die Besucher einen unbeschwerten Besuch zu ermöglichen. Security-Bedienstete müssten laut Kliem eine DFB-Schulung für den Einsatz bei Spielen absolviert haben.
Grundlage für den Einlass aller Besucher sei die Stadionordnung. Die Regelung werde offen kommuniziert und gelte im Übrigen in allen Bundesligastadien. Die Regelung habe sie zwar gekannt, sagt Michaela Schöffel, jedoch nicht geahnt, dass die gegnerischen Fan-Trikots im Familienblock auch dann verboten sind, "wenn sie nicht sichtbar unter anderen Kleidungsschichten verborgen sind", quasi als Unterhemd.
Kliem wiederum verweist viele Sitzplatz-Angebote für Familien in der Arena, in denen das Tragen gegnerischer Fan-Shirts erlaubt sei. Zudem verweist er auf die Möglichkeit, an Schaltern mitgebrachte persönliche Sachen zu hinterlegen: "Wir bedauern zutiefst, wenn es hier zu Unstimmigkeiten gekommen ist." Michaela Schöffel indes ist die Lust auf einen Stadionbesuch in Sinsheim vorerst vergangen. Sie hält die Entscheidung nach wie vor für eine Kleinlichkeit.