Stadt ordnet Jagdrevierpacht neu
Die öffentliche Ausschreibung für die Verpachtung und kürzere Laufzeit sollen dem Wald dienen. Die Jäger sind in vielem anderer Meinung.

Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. "Auf, auf zum fröhlichen Jagen …" von dieser Liedzeile war keine Rede, als jetzt im Wirtschaftsausschuss des Heilbronner Gemeinderats ein brisantes Thema anstand: Die "Verpachtung der gemeinschaftlichen Jagdbezirke und Eigenjagden der Stadt Heilbronn zum 1. April 2023".
Dass die Interessen der Jäger und die der Verpächterin, der Stadt, immer wieder auseinander laufen ist hinlänglich bekannt. Bei dem Vorstoß der Stadt, die Pachtvergaben und auch einige Jagdreviere in der Fläche neu zu regeln, war damit zu rechnen, dass es Diskussionen geben wird.
In der Sache geht es hier nicht nur um die Jagd, den Naturschutz, den Wald auch als Wirtschaftsfaktor, sondern um eine echte Reform und dabei auch um Öffentlichkeit.
Die Pachtvergaben werden künftig ausgeschrieben, theoretisch kann sich jeder bewerben. Die Pachtdauer wird verkürzt auf sechs Jahre, einen Automatismus für eine Verlängerung gibt es nicht, die Möglichkeit dafür schon.
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Eigentlich hätte so ein Vergabe-Prozedere längst selbstverständlich sein sollen. Die bisherige Praxis, die Reviere sozusagen unter der Hand, auf Zuruf, Nachfrage oder nach Gusto zu vergeben, das habe doch ein "Gschmäckle" gehabt, räumte dann auch Forstamtsleiter Immanuel Schmutz in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses ein.
Für die Papiervorlage der Stadt mussten allerdings sehr viel mehr Bäume sterben als für das Positionspapier der Jäger, beziehungsweise des "Arbeitskreis Pächtergemeinschaft Heilbronn".
Im Grundsatz und in der Zielsetzung, etwa in dem, dass die Jagd vor allem auch dem Bestand und Schutz des Waldes dient, ist man sich weitgehend einig. In der Argumentation liegen Stadt und Jäger dagegen oft weit auseinander.
So war ein wesentlicher Kritikpunkt die Abschussrate beim Rehwild, dem "natürlichen" Feind des Waldes bei dessen Aufforstung wegen des "Rehverbisses". Die Stadt wirft der Jägerschaft vor, zu wenig Rehe zu schießen.
Die Jägerschaft bestreitet dies und kontert, der Abschuss von Rehwild sei angepasst. Das bestätigten auch die Gutachter der Stadt. Und: "Die Rehe sind nicht schuld am Sterben des Waldes."
Trockenheit, Sturm, Schädlinge und eine Fehlplanung über Jahrzehnte hinweg, zum Beispiel durch das Eschentriebsterben, seien die Ursache. Hinzu komme, dass das Wildbret versorgt werden müsse, es aber keine Kühlmöglichkeiten gebe. Auch bei der Vermarktung fühlen sich die Jäger allein gelassen.
Die Stadt geht noch einen Schritt weiter, also über neue Vergaberichtlinien hinaus. Sie hat ein großes Areal am Schweinsberg, hier haben die "Waldpaten" in diesem Jahr schon tausende junger Eichen gepflanzt und die Schößlinge auch vor Verbiss geschützt.
Das Areal will die Stadt nun in Eigenregie bejagen. Auch das können die Jäger nicht nachvollziehen, fühlen sich durch diese Maßnahme gekränkt und führen ins Feld, dass sie als Pächter in den vergangenen Jahren oft sehr viel in ihre Reviere investiert hätten, zum Beispiel in die Hochsitze oder die Sicherheit. Ebenso führen sie an, dass sie "die besten Partner der Stadt" seien wenn es um die Bedrohung durch die Schweinepest geht.
Sie wünschen sich "in Zukunft früher in verschiedene Themen und Maßnahmen mit einbezogen zu werden." Dabei geht es um waldbauliche sowie feldbauliche Maßnahmen oder auch um den Seuchenschutz.
In der Vorlage der Verwaltung heißt es sehr allgemein formuliert, dass die "Jagdverpachtung den Zielen des Jagd- und Wildtiermanagement-Gesetzes dient", die Jagd als Kulturgut erhalten und weiterzuentwickeln sei.
Und das alles "für eine gesunde und stabile heimische Wildtierpopulation um die biologische Vielfalt zu sichern". Weiter steht in der Vorlage, dass "Beeinträchtigungen einer ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Nutzung durch Wildtiere zu vermeiden sind".
Dass die Jagd von Grund auf immer auch ein emotionales Thema ist, zeigte sich dann auch in der Debatte, die auf die "Lesung" von Schmutz folgte. Hier kam die Bandbreite unterschiedlicher Interessen zur Sprache.
Stadträtin Marianne Kugler-Wendt konnte mit ihrem Antrag erreichen, dass die Reviere in Neckargartach und Frankenbach doch nicht verschmolzen werden. Im Vorfeld waren auch schon die Bezirksbeiräte angehört worden.
Dort wurde schon erkennbar, dass sich am Ende die Stadt durchsetzen wird. Davon, dass es bei diesen Interessenkonflikten auch die Möglichkeit einer Moderation gibt, war bei der Sitzung nichts zu hören.