Kunstmäzenin Ruth Reinwald im Alter von 99 Jahren gestorben
Sie war eine überzeugte Heilbronnerin. Und wird in die Stadtgeschichte eingehen.

Von Brigitte Fritz-Kador
Nur wenige Wochen vor ihrem 100. Geburtstag ist Ruth Reinwald am vergangenen Dienstag, 30. Juli, nach langer Krankheit gestorben, wohlumsorgt in ihrem Heilbronner Zuhause. Die Ehrenringträgerin wird als großzügige und bedeutende Mäzenin in die Stadtgeschichte eingehen.
Was sie tat und was sie gab, diente nie dem eigenen Nutzen oder Gefallen, sondern den Kindern, den Kunstfreunden und den Bürgern, die diesen Begriff so lebten wie sie: interessiert, engagiert, kundig, tätig aber nie untertänig. Selbstbewusst und selbstbestimmt war sie, mit eigener Meinung aus eigener Anschauung.
2007, als sie älter als 80 Jahre alt war, gab sie eine Million Euro Stiftungsgelder für den Ankauf eines Beuys-Konvolutes frei. Solches war ihr nicht in die Wiege gelegt. Aufgewachsen ist sie mit zwei Schwestern, ihren Vater kannte man als "Zellulose-Bauer", ihrer Liebe zur Gärtnerei durfte sie den akademischen Hintergrund in Weihenstephan aber nicht geben. An der Seite ihres Mannes, Gärtner Hermann Reinwald, wurde das Ladengeschäft in der Wollhausstraße zu einem beliebten Treffpunkt – nicht nur, wenn es um Rosen oder Geranien ging.
Ihre selbst gebackenen "Weihnachtsbrötle" waren legendär, ihre Geburtstagsfeiern am 1. Dezember auch, das Weihnachtsfest 1985 wurde zur Schicksalswende. Ihr künstlerisch begabter Sohn Christoph, in den Ferien von der Odenwaldschule nach Hause gekommen, verunglückte tödlich. Mit der Christoph-Reinwald-Stiftung, 1990 von ihr ins Leben gerufen, hielt sie das Andenken an ihn wach, verbunden mit der Förderung anderer Kinder und mit Kunst als Mittel von Erziehung und Bildung. Damals eine Pioniertat ist das Projekt bis heute wesentlicher Teil der Museumsarbeit.
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Darüber hinaus galt ihre Liebe vor allem der Musik, jahrzehntelang war sie Stammgast in der Staatsoper Stuttgart und beim Heilbronner Kulturring. Zum Lebensprogramm gehörte auch die stete Anteilnahme an der Entwicklung der Stadt und an dem, was im Rathaus so vor sich ging. Manchmal kommentierte sie es ganz schön "frech", dann aber auch mit Lob. Sie war eine der eher wenigen ihrer Generation, die bis ins hohe Alter auch per E-Mail kommunizierte.
Im reiferen Alter, beide nun ohne Ehepartner, fanden sich Ruth Reinwald und der Fabrikant Ernst Franz Vogelmann (Cille-Chemie Vogelmann) in gemeinsamen Interessen zusammen. Neben Reisen galt ihr Engagement als Mäzene der Kunst, auch, um mit ihr, wie Vogelmann es einmal formulierte, "die Stadt nach vorne zu bringen".
Ohne Ruth Reinwalds Zustimmung und ohne die Ernst-Franz-Vogelmann-Stiftung gebe es weder die Kunsthalle Vogelmann noch den hoch dotierten und hochrenommierten "Ernst-Franz-Vogelmann-Preis". Es war beeindruckend, wenn Ruth Reinwald, wie immer gut gekleidet, offen und freundlich, manchmal mit spitzbübischem Humor das Geschehen um die Preisvergabe kommentierend, neben den Preisträgern aus der Avantgarde stand: Weltkünstler und eine Heilbronnerin, die mit den Tugenden der "schwäbischen Hausfrau" auch kein Problem hatte.
"Ruth Reinwald war Herz, Kopf und Motor zweier Stiftungen, die das Kulturleben in Heilbronn maßgeblich geprägt haben. Sie wird uns und allen Kultureinrichtungen sehr fehlen", sagt Barbara Flosdorf-Winkel, die langjährige Wegbegleiterin, enge Freundin und Betreuerin der Verstorbenen wie auch Sprecherin beider Stiftungen. Dr. Marc Gundel, Direktor der Städtischen Museen Heilbronn, nannte Ruth Reinwald einmal "die Lebensversicherung unserer Museen und der Kunsthalle Vogelmann". Was das betrifft, hat sie, abermals zusammen mit Ernst Franz Vogelmann, gut vorgesorgt.