Heilbronn

Die Kasse ist voll, der Sparstrumpf ebenfalls

Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt nun bei sechs Euro. Der Finanzzwischenbericht zeigt: Alles ist besser als erwartet und es sind keine Kredite notwendig.

24.09.2024 UPDATE: 24.09.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Das Heilbronner Rathaus ist die „Schaltzentrale“ für die derzeit glänzende Finanzwirtschaft der Stadt. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Die Frage schwebte – allen schönen Zahlen zum Trotz – doch über dem Oval der Stadträte im Großen Ratsaal von Heilbronn: "Wie lange wird das, wird es uns, noch so gut gehen?"

Die Finanzen der Stadt, so zeigt es der aktuelle Finanzzwischenbericht, könnten kaum besser sein und sind im Vergleich zum Vorjahr sogar noch besser geworden. Inzwischen ist die Pro-Kopf-Verschuldung bei sechs Euro angelangt – das ist eigentlich ein "Null-Wert". Die Verschuldung der rund 130.000 Einwohner zählenden Stadt beträgt derzeit kaum eine Million Euro.

Auch die Gewerbesteuerschätzung ist wieder einmal zu niedrig angesetzt worden: Statt der erwarteten 140 Millionen sind es 15 Millionen Euro mehr geworden. Auch deshalb hielt sich Finanzdezernent Martin Diepgen diesmal ziemlich zurück mit seinen seit Jahren schon zum Ritual gewordenen Unkenrufen, die sonst wohl zum Berufsbild von Finanzbürgermeistern gehören.

Dass dieser Zustand kein dauerhafter sein dürfte und damit auch keine Bestandsgarantie verbunden ist, ist allen klar. Dennoch: Unterm Strich steht ein Gewinn, und derzeit fällt kaum ein Schatten auf die Haushaltslage. Bei der Erstellung des Haushaltsplans 2023 war noch von einem negativen Ergebnis von rund 26 Millionen Euro ausgegangen worden.

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Der vorläufige Abschluss 2023 zeigt nun hingegen einen Überschuss von rund 19 Millionen Euro, also eine Verbesserung des ordentlichen Ergebnisses um 45 Millionen Euro. Die Kämmerei hatte sich bei der Prognose wohl ein wenig "verrechnet".

Der relativ späte Zeitpunkt für die Vorlage des Finanzzwischenberichtes hat auch einen Vorteil. Man kann davon ausgehen, dass sich in der Tendenz und im Ergebnis nicht mehr viel ändert, und hat damit auch eine realistische Grundlage für die im Oktober beginnenden Haushaltsverhandlungen. 2023 musste kein Kredit aufgenommen werden; auch in diesem Jahr wird dies offenkundig nicht erforderlich sein.

Als im Ratssaal dann doch noch kritische Anmerkungen fielen, bezog sich diese nicht auf "rote" Zahlen, sondern auf den immer noch wachsenden Berg "schwarzer" Zahlen, also auf die Haushalts- oder auch "Ermächtigungsreste". Auf dieser hohen Kante bewilligter, aber nicht abgerufener Mittel liegen inzwischen nahezu 180 Millionen Euro – rund 20 Millionen mehr als Vorjahr. Verbraucht wurden von diesem Posten nur 35 Millionen.

Etwa so hoch wie der "Geldberg" sind übrigens die Personalkosten der Stadt, für die aber ein spürbarer Rückgang prognostiziert wird. Wird sich diese hohe Bugwelle nicht doch einmal abflachen, also abgearbeitet werden? Diepgen wählte für diesen derzeitigen Status das Bild eines "guten Sprungbrettes in die Zukunft".

Bei genauer Betrachtung sieht man, dass der Investitionsbedarf der Stadt die Einnahmen übersteigt. Für mindestens eine neue Schule in der Innenstadt, für Digitalisierung, Straßenbaumaßnahmen sowie für Klima- und Lärmschutz wird auch eine Prioritätenliste gefordert.

Im "Sparstrumpf", sprich: Auf dem Rücklagenkonto, auf das unter anderem die Erlöse aus Grundstücksverkäufen fließen, liegen bis Jahresende voraussichtlich mehr als 218 Millionen Euro. Gerade mit Lärm- und Klimaschutz, mit dem "grünen Umbau" der Stadt, will man ja auch als Sieger im Wettbewerb um die europäische "Green Capital" hervorgehen, wenn nicht jetzt im November, dann eben im nächsten Jahr.

So passte es dann auch gut, dass der Gemeinderat in derselben Sitzung dem Antrag zur Unterzeichnung des "Green City Accords" zustimmte – eine von der EU-Kommission angestoßene Bewegung europäischer (Ober-)Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die sich für Umweltschutz einsetzt – und ebenso den Beitritt zur "Global Covenant of Mayors for Climate and Energy" – einer ähnlichen EU-Initiative zur Verringerung des Treibhausgas-Ausstoßes.



> Ein Alleinstellungsmerkmal unter den Kommunen in der ganzen Republik hat Heilbronn auch mit dem "Indikator Pro-Kopf-Verschuldung". Viele andere Städte und Gemeinden sind so finanzschwach, dass sie schon Probleme mit der Grundversorgung haben.

Die Verschuldung der Gemeinden und Gemeindeverbände wuchs im jüngsten Vorjahresvergleich um 13,8 Milliarden Euro beziehungsweise um 9,8 Prozent auf 154,6 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich für 2023 eine durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung von 1979 Euro, im Jahr 2022 waren es noch 1810 Euro. Von solchen Beträgen ist Heilbronn mit sechs Euro fast schon Lichtjahre entfernt. 

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