"Wir können mit Hörenden mithalten"
Am kommenden Freitag und Samstag finden hier die Deutschen Meisterschaften statt.

Von Falk-Stéphane Dezort
Bad Rappenau. Lautes Motorengeheul hallt durch die Halle, kräftiger Benzingeruch wabert durch die Luft, gelb-schwarze Flitzer drehen ihre Runden. Alles sind Dinge, die für eine Kartbahn typisch sind. Doch am Freitag, 7., und Samstag, 8. Oktober, ist die Anlage in der Bad Rappenauer Raiffeisenstraße Austragungsort für eine ganz besondere Veranstaltung geöffnet: Denn dann findet die Deutsche Meisterschaft im Kartfahren für Gehörlose statt.
Es ist das erste Mal, dass dieser Wettbewerb in der Kurstadt ausgetragen wird, erzählt Christian Black, Geschäftsführer der Kartbahn, sichtlich stolz. Als Verein hat die Gehörlosen Sport-Gemeinschaft (GSG) Stuttgart die Organisation der Meisterschaften übernommen und feiert damit auch das zehnjährige Bestehen der Abteilung Motorsport. Aber warum wird der Wettkampf nicht in der Landeshauptstadt ausgetragen? Stefan Dieudonné, Motorsportleiter der GSG, hat eine simple Antwort auf die Frage: "Im Raum Stuttgart gibt es keine so große Bahn wie in Bad Rappenau, obwohl Stuttgart eine weltbekannte Autostadt ist." In der Vergangenheit habe man einige Strecken ausprobiert, und der Rundkurs in der Kurstadt habe den Motorsportlern am besten gefallen.
"Sie sind dann auf uns zugekommen und wir haben uns zusammengesetzt", erzählt Black. "Wir konnten uns das erst nicht vorstellen, wie das funktioniert. Wir wussten bei ihrem ersten Besuch auch nicht, wie wir sie einweisen sollen." Doch weil die Gehörlosen die Lippen der Mitarbeiter lesen konnten und auch untereinander mit Gebärdensprache kommunizierten, funktionierte alles problemlos und Black hat der Austragung ohne lange zu überlegen zugestimmt.
Die Deutschen Meisterschaften finden am Freitagabend ab 18 Uhr als Teamrennen und am Samstag zwischen 12 und 16 Uhr als Einzelrennen statt – Zuschauer sind willkommen. Bei den Einzelrennen wird es drei Gruppen geben: zwei Herren-Mixed sowie eine für Senioren, Junioren und Frauen. Insgesamt haben mehr als 40 Motorsportler – unter anderem aus Ludwigsburg, Augsburg, München, Rosenheim, Köln, Essen, Osnabrück und Berlin – ihr Kommen zugesagt. "Das ist leider sehr gering", bedauert Dieudonné und hätte sich mehr Teilnehmer erhofft.
Auch interessant
Nichtsdestoweniger freuen sich er und seine Mitstreiter auf einen schönen Wettbewerb. Es ist nach Ampfing und Osnabrück die dritte Meisterschaft in Deutschland in diesem Jahr. Und in Tschechien fand kürzlich der Euro Deaf Karting Cup statt. Dies ist eine Europameisterschaft im Einzel- und Nationcup speziell nur für Gehörlose.
Besondere Regeln wie spezielle Fahnen im Vergleich zu Hörenden gibt es nicht, erklärt Dieudonné auf Nachfrage: "Fahren können wir wie alle, wir können nur nicht hören." Einzige Voraussetzung: Hilfsmittel wie Hörgeräte oder CI-Implantate müssen vor dem Rennen abgelegt werden, damit Gehörlose sowie Schwerhörige die gleichen Bedingungen haben.
Und wie nehmen die Motorsportler ihre Umgebung im Rennen wahr? "Wir arbeiten meistens visuell. Wir schauen ab und zu nach hinten, um zu sehen, ob die Konkurrenz in der Nähe ist. Nur manchmal werden alle überrascht, wenn ein Überholmanöver gelingt." Einen besonderen Fokus auf die Vibration des Karts beziehungsweise eines heranfahrenden Kontrahenten gibt es laut Dieudonné nicht. "Die Vibration beim Überholen im Fahrzeug spürt man nicht, da wir auf das Fahren, die Technik sowie das Überholen fokussiert sind." Schwerer sei hingegen, dass man die Motoren nicht höre und so man den höheren Drehzahlbereich nicht einfach halten kann. "Ansonsten können wir auch mit Hörenden mithalten".