Ehemaliges Seniorenstift wird Kindergarten-Notquartier
Nach einem verheerenden Wasserschaden in der Waldstraße ziehen zwei Kita-Gruppen in den früheren "Lindenhof" um

Notquartier für einen abgesoffenen Kindergarten, Figurentheater-Spielstätte und bald auch Sitz der neuen Forstverwaltung: Das Areal mit Alter Sparkasse (l.) und Lindenhof (r.) entwickelt sich unter der Stadt als neue Eigentümerin, wenn auch manchmal unerwartet. Foto: Guzy
Von Armin Guzy
Eppingen. Das Rohr war zwar nur fingerdick, aber defekt, das Wasser warm und das Ende der Ferien noch nicht gekommen. Das Zusammenspiel dieser Faktoren hat nun schwerwiegende Folgen für mehr als 40 Kinder der Kindertagesstätte Waldstraße in der Eppinger Südstadt. Erst am kommenden Montag kann die Einrichtung der evangelischen Kirchengemeinde wieder ihren Betrieb aufnehmen, allerdings in der Nordstadt: im ehemaligen Seniorenheim "Lindenhof". Wie lange diese Notlösung bestehen bleibt, kann noch niemand sagen. Doch schon jetzt sind sich Oberbürgermeister Klaus Holaschke und Pfarrer Friedhelm Bokelmann einig, dass es trotz der misslichen Umstände eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte ist, an der viele mitgeschrieben haben.
Ihr Anfang geht so: In der Ferienzeit, wohl schon einige Tage vor dem 24. August, quittiert die Warmwasserzuleitung eines Waschbeckens im Erdgeschoss ihren Dienst. Der Boiler tut dies hingegen nicht und pumpt unablässig 60 Grad heißes Wasser nach, das erst das Erdgeschoss überschwemmt und sich dann seinen Weg ins Untergeschoss bahnt, auch ins Materiallager der Kita.
Als eine Erzieherin das Fiasko am 24. August eher zufällig beim Blumengießen entdeckt, ist der Schaden bereits immens. Türen und Möbel haben sich vollgesogen, Einrichtungsgegenstände Schaden genommen, viele Materialien sind unbrauchbar, und der Boden ist komplett durchnässt. Die Feuerwehr pumpt das Wasser zwar rasch ab. Auch einige Eppinger Handwerker und Freiwillige unterstützen noch am Samstag die Aufräum- und Reparaturarbeiten, aber allen ist klar, dass es nach den Ferien hier nicht weitergehen kann wie geplant. Nur: Wohin mit den vielen Kindern?
Kirchengemeinde und Stadt schalteten auf Krisenmodus, suchten nach einer Lösung und fanden sie im leerstehenden Seniorenheim, das die Stadt vor einigen Monaten gekauft hat. Immerhin ist die Krippengruppe im Obergeschoss des Waldstraßenkindergartens vom Wasserschaden nicht betroffen und kann dort bleiben. Für die Härtefälle unter den Älteren konnte eine Notgruppe eingerichtet werden. Der überwiegende Teil der Kinder wird aber aktuell noch von den Eltern zu Hause betreut.
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Während nun in der Waldstraße leistungsstarke Lüfter die Wände und den Estrich trocknen, ist das zweite Stockwerk des "Lindenhofs" inzwischen so weit umgebaut, dass die 44 Kinder ab Montag dort einziehen können. Dank der vorherigen Nutzung als Seniorenstift war der Aufwand laut OB Holaschke mit rund 15.000 Euro "überschaubar".
Mittlerweile wurden die Räume auf die Anforderungen an einen Kindergartenbetrieb angepasst, die geretteten Möbel aufgebaut, und es liegen - und das ist das eigentlich Bemerkenswerte - auch die Genehmigungen aller beteiligten Behörden und Verbände vor. In weniger als vier Wochen darauf und auf die Arbeit der Rathaus-Mitarbeiter und der vielen Ehrenamtlichen, die das möglich gemacht haben, sind Holaschke und Bokelmann dann schon ein wenig stolz. "Das Netzwerk funktioniert einfach in Eppingen", betont Holaschke. Dass die zahlreichen bürokratischen Hürden quasi im Parforceritt genommen wurden, "ist für mich ein großes Geschenk", sagt Bokelmann.
Wie es indes in der Waldstraße weitergeht, ist noch nicht absehbar. Mindestens drei Monate, also etwa bis Jahresende, wird die Sanierung wohl dauern. Da sich das Wasser auch unter den Fliesen im Sanitärraum ausgebreitet hatte und in die Wände eingedrungen ist, müssen dort nun alle Fließen entfernt und erneuert werden. Erst dann sind alle Schäden tatsächlich erkennbar und keinesfalls darf sich irgendwo Schimmel bilden.
Immerhin bleibe die Kirchengemeinde als Träger des Kindergartens und Eigentümerin des Gebäudes nicht auf den Kosten sitzen, sagt Bokelmann: "Die Versicherungen übernimmt alles", auch wenn sich der Schaden noch nicht genau in Zahlen fassen lässt. Und trotz der höheren Gewalt, mit deren Auswirkungen man nun klarkommen muss, kann der Pfarrer der Situation doch auch Positives abgewinnen. Die Zusammenarbeit hat bestens funktioniert, durch die Nähe zur evangelischen Kirche und dem Gemeindehaus können deren Außengelände problemlos mitgenutzt werden, der Mietvertrag zwischen Stadt und Kirche wurde zu ortsüblichen Konditionen und mit offenem Ende geschlossen und eine erkleckliche Zahl vormaliger Kindergartenkindern hat nach Ferienende in die Grundschule gewechselt: "Sonst wär’s noch wesentlich dramatischer gewesen."
Info: Am morgigen Donnerstag, 26. September, informieren Kindergartenleitung und Kirchengemeinde die Eltern vor Ort. Treffpunkt ist um 19.30 Uhr das Seniorenstift "Lindenhof" in der Ludwig-Zorn-Straße 8.