Dieffenbacher erweitert mit "Bertsch Energy" sein Energieanlagen-Portfolio
Das Eppinger Unternehmen hat den insolventen Mitbewerber gekauft und damit 150 neue Mitarbeiter mit speziellem Know-how.

Von Armin Guzy
Eppingen/Bludenz. Die Dieffenbacher-Gruppe hat zum Jahreswechsel die überschuldete Energie-Sparte des österreichischen Familienunternehmens Bertsch gekauft und sich damit im Kraftwerksbau deutlich stärker als bisher positioniert.
In der Eppinger Firmenzentrale von Dieffenbacher sieht man den Zukauf als "perfekte Ergänzung" der eigenen Energie- und Recycling-Sparte, schließlich wird "Bertsch Energy" international zu den führenden Unternehmen im Kraftwerksbau gezählt, und die in Bludenz gefertigten Anlagen gelten als besonders energieeffizient.

Über den Kaufpreis war auch auf Nachfrage nichts zu erfahren. Klar ist aber, dass "Bertsch Energy" weit mehr als 100 Millionen Euro Schulden aufgehäuft hat und daher am 14. Dezember das Konkurs-Verfahren eröffnet wurde.
Zwar hatten sich anfangs noch sechs Unternehmen für den insolventen Anlagenbauer interessiert, wie Masseverwalter Wilhelm Klagian dem ORF sagte, zum Jahresende aber war dann alleine noch Dieffenbacher im Rennen.
Auch interessant
Inzwischen sind die Verträge unterschrieben und damit auch die rund 150 Arbeitsplätze im Werk in Bludenz (Vorarlberg) gerettet. Das boulevardeske Online-Magazin Vorarlberg bezeichnete dies als "verspätetes Weihnachtswunder", aber auch das seriöse "Industriemagazin" thematisierte, dass eine Rettung eigentlich unwahrscheinlich schien: Die "Bertsch Energy"-Pleite war im vergangenen Jahr die zweitgrößte Insolvenz in Österreich.
Das Unternehmen setzte zwar zuletzt rund 100 Millionen Euro pro Jahr um, war aber seit 2020 stark angeschlagen. Thomas Smetana, der das Unternehmen seit 2020 als Sanierer auf Kurs hielt, hatte die Schieflage österreichischen Medien gegenüber mit verzögerten Auftragsabwicklungen infolge der Corona-Pandemie sowie den gestiegenen Rohstoffpreisen begründet.
Der Eppinger Anlagenbauer Dieffenbacher wird seinen bisherigen Mitbewerber nun unter dem Namen Dieffenbacher Energy GmbH weiterführen und will mit der bisherigen Belegschaft in Österreich nicht nur drei noch laufende Großaufträge fertigstellen, sondern den Standort auch weiterentwickeln, wie Unternehmensvorstand Christian Dieffenbacher ankündigte: "Das vorhandene Know-how der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die fortschrittliche Technologie passen hervorragend zur Ausrichtung unseres Unternehmens."
Obwohl sie Mitbewerber auf teilweise demselben Markt waren, hatten Dieffenbacher und "Bertsch Energy" bereits in der Vergangenheit auch gemeinsam Anlagen für verschiedene Kunden gebaut. Daran soll nun angeknüpft werden – nicht zuletzt, weil die beschleunigte Energiewende der Kraftwerkssparte viel Rückenwind gibt.
Bislang bot Dieffenbacher den Kunden, die eine Anlage zur Holzwerkstoffplatten-Produktion bestellten, auch gleich eine Rostfeuerungs-Anlage mit an, in der die Holzabfälle verbrannt und damit zur Energieerzeugung genutzt werden können. Die Anlagentypen von "Bertsch Energie" sind jedoch vielfältiger und erweitern somit das bisherige Dieffenbacher-Portfolio deutlich, beispielsweise um Wirbelschichtfeuerungsanlagen, Dampf-Turbinen und sogenannten Abhitze-Systeme für die chemische und petrochemische Industrie.
Auf Nachfrage bestätigte Firmensprecher Markus Trame, dass Dieffenbacher diese Kraftwerksanlagen künftig auch unabhängig vom eigentlichen Kerngeschäft – dem Bau von Pressen – anbieten könne. Mit den Anlagen des aufgekauften österreichischen Herstellers können beispielsweise auch Reste aus der Papierherstellung, der Landwirtschaft und sogar Haushaltsabfälle energetisch genutzt werden. "Bertsch Energy" hat in den vergangenen 20 Jahren rund 40 solcher Kraftwerke gebaut.
Hintergrund
Bertsch-Energie war bis zur Insolvenz Teil der Bertsch-Unternehmensgruppe, die seit fast 100 Jahren unter anderem Anlagen für die Molkereitechnik und Fleischproduktion baut. Diese Teile des Familienunternehmens sind von der Insolvenz der "Energy"-Sparte nicht
Bertsch-Energie war bis zur Insolvenz Teil der Bertsch-Unternehmensgruppe, die seit fast 100 Jahren unter anderem Anlagen für die Molkereitechnik und Fleischproduktion baut. Diese Teile des Familienunternehmens sind von der Insolvenz der "Energy"-Sparte nicht betroffen.
Dieffenbacher beschäftigte weltweit mehr als 1600 Mitarbeiter an 16 Produktions-, Service- und Vertriebsstandorten. Seit Januar sind nun 150 Mitarbeiter und ein neuer Standort in Österreich hinzugekommen. (guz)