Kirchenglocke bleibt nach Anwohner-Beschwerde nachts vorerst still
Lärmmessung hat ergeben, dass sie zu laut sind. Eine Anwohnerinitiative hatte die Beschwerde eingelegt.

Von Anjoulih Pawelka
Epfenbach. Das war’s mit dem nächtlichen Glockenschlag – zumindest vorerst, denn die Glocke der evangelischen Kirche beim Mehrgenerationenpark ist zu laut. Das hat nun das Amt für Gewerbeaufsicht und Umweltschutz festgestellt. Bei der nächtlichen Lärmmessung wurde der Lärmpegel deutlich überschritten. Zulässig wäre laut Landratsamt ein Immissionsrichtwert von 40 Dezibel. Gemessen wurde 500 Meter vor einem geöffneten Fenster im Obergeschoss eines Hauses in der Straße Dimpfel, die direkt an die Kirche angrenzt.
Dabei kam heraus, dass die Glocke zur lautesten Nachtstunde, um Mitternacht, im Durchschnitt mit 54,1 Dezibel läutet. Der Spitzenwert lag sogar bei 71,5 Dezibel, erlaubt wären 60 Dezibel. Und selbst für ein Mischgebiet sind die Glocken zu laut. Hier wären 45 beziehungsweise Spitzenwerte von 65 Dezibel erlaubt. Zur Einordnung: 70 Dezibel entsprechen der Lautstärke eines Staubsaugers, 40 Dezibel laut ist es im Durchschnitt in einer Bücherei. Laut einer Tabelle des Umweltbundesamtes entsprechen 60 Dezibel einem leise laufenden Radio.
"Die Messungen sind eindeutig. Es liegt in unserer Verantwortung, die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und das Wohl aller Bürger zu berücksichtigen", sagt Bürgermeister Pascal Wasow. Denn für den Zeitschlag ist, anders als für das Glockenläuten bei Gottesdiensten, die Gemeinde zuständig. Er betont aber auch: "Das Glockenläuten am Marktplatz ist ein Teil unserer Geschichte und Kultur. Es ist uns wichtig, eine Lösung zu finden, die die Tradition respektiert und gleichzeitig den Anliegen der Anwohner gerecht wird."
Eine Anwohnerinitiative hatte sich über den nächtlichen Lärm der Kirchenglocke geärgert und Beschwerde beim Landratsamt eingereicht. In einer schriftlichen Stellungnahme an die RNZ berichtet die Initiative, die eine eigene E-Mail-Adresse hat und mit IG Zeitschlag unterschreibt, dass die gemessenen Werte derart hoch sind, "dass laut Umweltamt schädliche Umwelteinwirkungen sehr wahrscheinlich vorhanden sind".
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Das Amt sehe bei nächtlichen Lautstärken von mehr als 40 Dezibel eine Gesundheitsgefährdung, da der Schlaf dadurch gestört werde und die Erholung beeinträchtigt sei. Zwischen 22 und 6 Uhr würde die Glocke 300 Mal schlagen, berichtet die Interessensgemeinschaft.
Dass die Glocke derzeit nachts nicht mehr läutet, soll Raum für Diskussionen und Lösungsansätze schaffen, erklärt Wasow. Er weist aber auch darauf hin, dass dieser Schritt nicht unbedingt endgültig sei: "Das Aussetzen des nächtlichen Zeitschlags ist vor allem eine erste, schnelle Maßnahme. Gemeinsam mit Vertretern der Kirche, der Anwohnerinitiative und dem Gemeinderat werden wir die langfristigen Lösungen diskutieren." Es gebe nämlich auch Epfenbacher, die nun zu ihm ins Rathaus kämen und sich darüber beschwerten, dass die Glocke nicht mehr läutet.
Um allen Einwohnern gerecht zu werden, gebe es mehrere Möglichkeiten, berichtet Wasow. Eine Option wäre, Schallklappen an den Turm anzubringen. Aber auch Dämmungen an der Glocke wären denkbar. Das koste allerdings mehr Geld. Eine weitere Option wäre die endgültige Abschaltung der Glocke nachts.
Die Interessensgemeinschaft wäre zu einem nicht öffentlichen Gespräch mit der Verwaltung und dem Gemeinderat bereit, um, wie sie schreibt: "alternative Erfüllungsoptionen zu diskutieren". Damit möchten die Personen auch verhindern, dass Maßnahmen umgesetzt werden, die dann der Beurteilung des Umweltbundesamtes nicht standhalten. Wasow hingegen sagt: "Wir laden alle Bürgerinnen und Bürger von Epfenbach ein, sich an diesem Prozess zu beteiligen."
Bezüglich eines Kompromisses hält sich die IG bedeckt. Auf die Frage der RNZ, ob sich die IG einen Kompromiss vorstellen und wie dieser aussehen könnte, antworten die Initiatoren nicht, verweisen nur auf die "Erfüllungsoptionen" der Gemeinde. Überhaupt halten sie sich sehr bedeckt.
Auf die Frage, wie viele Personen sich der Interessensgemeinschaft angeschlossen haben, heißt es in der E-Mail an die RNZ: "Bereits ein einzelner Bürger hat einen Abwehranspruch gegen eine rechtswidrige Handlung. Es ist rechtlich völlig unerheblich, wie groß die Zahl der Beschwerdeführer ist. Wir, eine zweistellige Personenzahl, bestehen auf der Einhaltung der Rechtslage." Dass die Glocken zu laut sind, habe man der Verwaltung schon im April mitgeteilt. Allerdings sei man sicher, die Verwaltung habe aus Unwissen rechtswidrig gehandelt.