Leben in Sinsheim schaltet zusehends auf Corona-Modus
Allmählich wird’s ruhiger in Sinsheim - Neue Ideen inklusive

Von Tim Kegel
Sinsheim. War’s das kalte Wetter mit Wind und teilweise Regen? Allmählich scheint sich Sinsheim mit den Einschränkungen halbwegs zu arrangieren, die die Corona-Krise mit sich bringt. Dies legen Beobachtungen aus der Stadt am Wochenende nahe.
Die Geschäfte und Restaurants sind geschlossen, mit wenigen Ausnahmen. Im Baumarkt von Eisen-Schmitt wurden Kunden gebeten, vor dem Einkauf die Hände zu waschen. Viele – nicht alle – taten es. Man kam ja schließlich "von zu Hause".
Im Hornbach-Baumarkt herrschte Hochbetrieb. Von dort erreichte der verzweifelte Anruf einer Mutter und Mitarbeiterin die Redaktion: Die Angestellten, teilte sie mit, seien doch auch "versorgungsrelevante Gruppen". Für deren Kinder, monierte sie, gebe es keine Notbetreuung. Stattdessen sei das Personal – trotz Zugangskontrollen – dem Ansturm all derer ausgesetzt, die jetzt den Markt stürmten und "möglicherweise unter Quarantäne" stünden. In den engen Reihen des Markts seien Abstandsregelungen schwer einzuhalten, es werde nach wie vor gedrängelt.
Am Imbissstand vor dem Markt saß und stand man bis Ende vergangener Woche noch dicht beisammen.
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Ohne Einschränkungen verlief der Wochenmarkt auf dem Burgplatz. Menschen hielten Abstand, so gut dies ging, kontrolliert wurde nicht; um Abstands-Hinweise kümmerten sich die Händler selbst. In der Innenstadt von Sinsheim waren Polizei-Patroullien unterwegs. Im Großen und Ganzen hielten sich die Menschen an die geltende Versammlungs-Obergrenze von drei Personen.
Die Suche nach einem Weg durch die Corona-Krise zeigt sich in den Schaufenstern und -kästen der Händler und Gastronomen: Bei Lederwaren-Gmelin wurden die Auslagen durchnummeriert; Kunden können ihren Wunschartikel so besser zuordnen, ein Foto oder eine Beschreibung schicken. Per eigener Lieferung oder Post werde dann versandt.
Hintergrund
Mutmacher am Häuslein
"Alles das ist nicht abgesagt" – so steht es in Schönschrift am öffentlichen Bücherregal in Sinsheim-Dühren zu lesen, das sich über Nacht zum Aufmunterungs-Anlaufpunkt in Zeiten der Corona-Krise verwandelt hat. Unbekannte haben
Mutmacher am Häuslein
"Alles das ist nicht abgesagt" – so steht es in Schönschrift am öffentlichen Bücherregal in Sinsheim-Dühren zu lesen, das sich über Nacht zum Aufmunterungs-Anlaufpunkt in Zeiten der Corona-Krise verwandelt hat. Unbekannte haben das Holzhäuslein – eine frühere Bushaltestelle, die mittlerweile zum Ausleihen, Mitnehmen, Teilen und Bereitstellen von Büchern genutzt wird – zum Poesiealbum umfunktioniert. Sinnsprüche, Biedermeierkärtchen, Zeitschriften-Ausschnitte – dies alles ist binnen kürzester Zeit dort aufgetaucht, angeheftet von Spaziergängern, die das nahe Feld ansteuern.
Das Bücherregal in der Seilerstraße in Dührens Unterdorf – auch Ortsvorsteher Alexander Speer hat’s schon gesehen. Er wohnt auch in der Nähe. Weiß er, wer’s war? "Nein, weiß ich nicht", sagt er. "Die Wand kann gern mit weiteren Texten ergänzt werden." (tk)
Sich noch schnell etwas gönnen konnte man beim Drogeriemarkt Müller - dem einzigen Ort in Sinsheim, der zur Zeit noch eine hochwertige Parfüm- und Kosmetikabteilung aufrechterhält. Wie lange noch, das war bis zuletzt unklar.
Die Parfümerie Werner war einer der ersten Läden der Innenstadt, der vorübergehend geschlossen hatte. Dort hieß es ernüchtert: "Die Kunden sparen zuerst am Luxus." Für Verwunderung bei der Bevölkerung hatten Ende vergangener Woche zahlreiche noch offene – und rege besuchte – Barbershops gesorgt. Inzwischen haben auch diese vorläufig den Betrieb eingestellt.
Unsicherheit herrschte in manchen Wirtshaus: Weil Liefer- und Mitnehm-Service nach wie vor erlaubt ist, laufen Bemühungen, solche Angebote einzurichten, etwa im Gasthaus "Linde". Wirtin Gudrun Wurzer zeigte die "Whatsapp"-Nachricht ihrer Köche; dort steht: "Wir schaffen das."

Erste Apotheken im Stadtgebiet hatten am Samstag Desinfektionsmittel selbst hergestellt, das zu Preisen zwischen 6 und 7 Euro schnell ausverkauft war. Weitere Chargen seien geplant, hieß es. Aber wo zuerst die Verfügbarkeit der Zutaten die Herausforderung war, gebe es jetzt Probleme mit der Verfügbarkeit von Abfüll-Flaschen.
Besondere Aufmerksamkeit erzeugten zwei Banner am Krankenhaus sowie am Lokschuppen der Eisenbahnfreunde, aufgehängt von der "Aktiven Fan-szene" der TSG 1899 Hoffenheim. Auf letzterem stand zu lesen: "Trotz Virus Tag für Tag im Markt und an der Kasse – was Ihr liefert, ist einfach klasse."



