Kalk-Aktion gegen saure Böden
Waldkalkungen sollen Bodenzustand verbessern – Ausbringung auf 270 Hektar Waldfläche

Kurze Pause am Boden: Der Kalktrichter hat unten eine Streuvorrichtung, um das Gesteinsmehl besser verteilen zu können. Foto: Endres
Bad Rappenau. (end) Die kurze Zwangspause kommt Andreas Bernhard gerade gelegen: "Das Fliegen mit dem Behälter unter dem Helikopter erfordert größte Konzentration", sagt der erfahrene Berufspilot, "die paar Minuten kann ich dann etwas entspannen." Doch an Ausruhen ist während der kurzen Flugunterbrechung nicht zu denken, zusammen mit dem Mechaniker muss ein Fehler im Stromkabel gefunden werden. Andreas Bernhard gehört zur Crew der Waldbodenkalkung, die derzeit in den kommunalen Wäldern von Bad Rappenau, Ittlingen und Siegelsbach per Helikopter durchgeführt wird.
Der Kalk aus Dolomitgestein wird erdfeucht ausgebracht und soll die Bodenqualität der Wälder verbessern. In dieser Woche ist der Stadtwald von Bad Rappenau an der Reihe. Über einen speziellen Behälter wird der Bodendünger ausgebracht - knapp über den Baumwipfeln. Bei den derzeit guten Flugbedingungen schwebt der 800 PS-starke Eurocopter AS 350 samt Behälter etwas mehr als einen Meter über den Baumwipfeln, "da muss man mit voller Konzentration bei der Sache sein", erklärt Berufspilot Bernhard. Und dass es manchmal ganz schon knapp hergehen kann, sieht man am verbogenen Rohrrahmen des Kalkbehälters. Der hatte schon mehrfach Baumkontakt, "das lässt sich nicht immer ganz vermeiden", sagt der Pilot mit einem verschmitzten Lächeln.
Die technische Panne ist mit dem Strommessgerät rasch gefunden. Am Behälter ist nämlich eine elektrische Streuvorrichtung am unteren Trichter montiert - ähnlich wie bei einem Gerät für Streusalz beim Winterdienst auf den Straßen. Die Streueinrichtung soll den feinen Dolomitkalk weit über den Baumwipfeln verteilen.
Das Kalkpulver rieselt zu Boden oder bleibt auf Blättern und Nadeln hängen. Das ist aber kein Problem. "Der nächste Regen wäscht das Material in den Boden", erklärt Revierförster Claus Schall, der die Aktion vor Ort koordiniert.
Knapp eine Tonne Material passt in den Spezialbehälter, der mit einer ausklinkbaren Arretierung an der Unterseite des Hubschraubers hängt. Sollte sich nämlich der Behälter einmal in einem Hindernis verheddern, muss der Pilot blitzschnell reagieren und den Ballast abwerfen - das funktioniert sowohl elektrisch wie auch mechanisch.
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Schnell muss auch der Arbeitseinsatz für die Waldgesundheit gehen. Der Zeitplan drängt, denn jede Minute kostet Geld. Rund 180 Liter Kerosin verbraucht die Turbine des Hubschraubers zusammen mit der Außenlast pro Stunde, "da müssen wir die Vorgaben einhalten", erklärt Berufspilot Bernhard weiter. Zwei Minuten sind für Befüllung des Kalkbehälters einschließlich Wiederaufstieg vorgesehen, dann kommt das zweiköpfige Team auf 200 Tonnen Kalk, die pro Tag ausgebracht werden können.
Und beim Beladen bleibt der Heli beim Bad Rappenauer Waldsee in der Luft stehen, der Radlader kippt eine Schaufel Walddünger ein. Eine äußerst staubige Angelegenheit, denn die Rotorblätter des Hubschraubers sorgen für viel Wind, überall legt sich ein feiner Kalkstaub auf die Umgebung nieder. Das müssen auch die neugierigen Autofahrer kapieren, die trotz Verbotsschild den Feldweg zum Waldsee befahren und umkehren müssen.
Insgesamt ist die Kalkaktion für 270 Hektar (das sind 53 Prozent des Stadtwaldes) per Hubschrauber bzw. per Lkw-Gebläse geplant. In Bad Rappenau selbst sind es 150 Hektar, in Bonfeld 70 Hektar und im Bauernwald 50 Hektar.
Bei der Waldkalkung handelt es sich nicht um eine Düngung, sondern vielmehr steht das Konzept der Regeneration eines natürlichen vorindustriellen Bodenzustands als Grundlage einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung im Mittelpunkt.
Die Kalkung soll die vorhandenen Säurealtlasten im Boden, die im zurückliegenden Jahrhundert durch Luftschadstoffe entstanden sind, beseitigen. Das verwendete Material aus natürlichem Dolomitkalk, teilweise mit Holzasche als Nährstofflieferant vermischt, ist für Menschen und Tiere ungiftig.
360 Euro kostet die Waldkalkung je Hektar aus der Luft, 90 Prozent davon übernimmt das Land in einem Sonderprogramm.



