Angelbachtal

Unmut über neues Pflegeheim

Der Betreiber des "Sonnenhofs" sieht sein Seniorenheim gefährdet. Er glaubt, dass zu wenig Personal vorhanden ist für zwei Einrichtungen.

01.12.2021 UPDATE: 02.12.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden
Thorsten Barth hätte sich von der Gemeinde in Sachen neues Pflegeheim mehr Loyalität gewünscht. Er befürchtet, dass er möglicherweise den „Sonnenhof“ schließen muss. Foto: Anjoulih Pawelka

Von Anjoulih Pawelka

Angelbachtal. Thorsten Barth ist ziemlich sauer. Grund dafür sind die Signale aus dem Gemeinderat, grünes Licht für ein weiteres Pflegeheim im Ort zu geben. "Ich finde die Aktion von der Gemeinde nicht gut", sagt der Heimleiter der beiden Pflegeeinrichtungen im Ort, dem "Sonnenhof" und dem "Hofgut". Barth hätte sich gewünscht, dass die Verantwortlichen ihn schon früher über die Pläne informieren und nicht erst rund eine Woche vor der Gemeinderatssitzung. Immerhin sei die Familie Barth einer der größten Arbeitgeber in Angelbachtal. Bürgermeister Frank Werner sagt, er habe immer offen mit der Betreiberfamilie kommuniziert. Es sei seit Jahren klar gewesen, "dass dieses Thema kommt". Werner findet: "Ich kann einen Investor, der das Angelbachtal anbieten will, nicht abweisen." Ihm sei aber auch klar, dass das Projekt nicht bei jedem auf Beifall stößt.

Barth betont immer wieder, dass es ihm nicht darum gehe, dass das neue Pflegeheim Konkurrenz für ihn sei. Das gehöre zum Geschäft, sagt er. Trotzdem hat Barth Angst. Er glaubt nicht, dass sich zwei Pflegeheime im Ort halten können. Zwar sei der Bedarf für Pflegeplätze da, allerdings nicht das Personal. Barth befürchtet, dass sich seine Chancen, geeignetes Personal zu finden, dadurch schmälern. Denn die wenigen Menschen, die überhaupt bereit wären, in der Pflege zu arbeiten, und das auch noch im ländlichen Raum, hätten so mehr Möglichkeiten, sich zu entscheiden, wo sie arbeiten möchten. Die beiden Einrichtungen würden so um das Personal konkurrieren. Barth ist sich sicher, dass das neue Pflegeheim der Vitalis-Gruppe seinem Personal mehr bezahlen kann, denn die Preise, die die Bewohner als Eigenanteil zahlen müssen, wären – davon geht er zumindest aus – um rund 1000 Euro teurer als im "Sonnenhof".

Tatsächlich bezahlen Bewohner laut dem "BKK Pflegefinder" im "Sonnenhof" durchschnittlich einen Eigenanteil von rund 1580 Euro, in Mühlhausen, dem nächstgelegenen Heim der "Vitalis", sind es knapp 2688 Euro. Barth erklärt, dass dies damit zusammenhänge, dass die Firma Vitalis Care, die das neue Pflegeheim betreiben wird, mehr anfallende Kosten gegenüber den Kostenträgern wie beispielsweise der Krankenkasse und dem Sozialamt geltend machen kann. Denn sie kann ihre Baukosten anführen. Das kann Barth mit seinem 40 Jahre alten Haus nicht. Er könne höchstens Sanierungskosten geltend machen. Dass sich der Eigenanteil auch nach dem Alter des Seniorenheimes richtet, hält Barth für gerechtfertigt. Wer mehr Kosten nachweisen kann, der bekomme von den Kostenträgern auch mehr Geld. Es sei "wie auf einem türkischen Basar", sagt Barth in Hinblick auf die Verhandlungen mit den Kostenträgern. Die müsse jeder Träger für sein Heim einzeln führen, da es keinen bundesweiten einheitlichen Tarifvertrag gebe. Daher könne er seinem Personal auch nicht mehr Geld zahlen, selbst wenn er wollte. Nicht mal 50 Cent könne er aufschlagen, denn er sei auf die Absprache mit den Kostenträgern angewiesen, sagt er. Was genau eine Pflegekraft bei ihm verdient, damit rückt Barth nicht raus. Das könne man so pauschal nicht sagen, meint er.

Für einen großen Träger wie die Vitalis Care sei es auch einfacher, Personalmangel auszugleichen. Die könnten innerhalb ihrer unterschiedlichen Häuser mit dem Personal jonglieren. Wenn bei Barth zehn Leute wegfallen, sei das "schwierig aufzufangen". Dass es nun ein zweites Pflegeheim in Angelbachtal geben soll, wäre Barth vor fünf Jahren egal gewesen. "Aktuell gibt das der Arbeitsmarkt aber nicht her." Viele Pflegekräfte würden bald in Rente gehen, daher gehe es hier auch um die Zukunft seines Heims. Eine Idee, wie man das Problem lösen kann, hat Barth nicht. Das sei Aufgabe der Politik. Er jedenfalls glaubt nicht, dass im Ort rund 80 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Er glaubt vielmehr an eine Umverteilung der Stellen.

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Auch Werner sieht ein Problem, was den Personalmangel betrifft. Daher muss der Investor sein eigenes Personal mitbringen. Das werbe er im Ausland an, sagte Werner. In direkter Nachbarschaft gebe es ja auch Pflegeheime, die zum "Sonnenhof" in Konkurrenz stünden. Es wäre keine Hilfe für Barth, wenn die Gemeinde das Projekt ablehnen würde. Es gebe aber einen "klaren Bedarf" im Ort. Das liege unter anderem daran, dass es eine Einzelzimmervorgabe in Pflegeheimen gibt. Dadurch seien im "Sonnenhof" 35 Pflegeplätze weggefallen. Ziehe man diese von den geplanten 75 Betten im neuen Seniorenheim ab, könne man 40 zusätzliche Plätze schaffen.

Barth rechnet damit, dass er sein Heim schließen oder verkaufen muss, da er künftig zu wenig Personal hat. Werner glaubt nicht an eine Schließung. Der "Sonnenhof" sei ja weiterhin günstiger als andere Heime in der Umgebung. Dadurch bleibe er im Geschäft. Das sei freie Marktwirtschaft. Von der Gemeinde hätte Barth sich mehr Loyalität gewünscht. "Das kann man schon erwarten", findet der Heimleiter.

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