Zu teuer

Dossenheim erneuert Spielplatz nicht

Der Gemeinderat bewertete die Kosten von über 100.000 Euro für das Areal "Am Kirchberg" als unangemessen.

23.07.2022 UPDATE: 23.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden
Seit der Spielplatz „Am Kirchberg“ gesperrt ist, hat sich die Natur das Gelände langsam aber sicher zurückerobert. Foto: Alex

Von Nicolas Lewe

Dossenheim. Nach intensiver Diskussion hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung eine Erneuerung des Spielplatzes "Am Kirchberg" abgelehnt. Seit Mai 2019 ist der Zugang zum Gelände untersagt, das Eingangstor abgesperrt und auf einem Aushang steht seit nunmehr drei Jahren dieselbe Botschaft: "Leider können wir aufgrund von TÜV-Mängeln diesen Spielplatz zurzeit nicht freigeben." Kritisiert worden war vor allem der zu geringe Fallschutz. Laut Aushang plane die Gemeinde eine Neugestaltung und werde "im Laufe des Jahres mit den Arbeiten beginnen".

Doch dazu kam es damals nicht und dazu kommt es auch jetzt nicht. Die Natur hat sich den Spielplatz inzwischen mehr und mehr zurückerobert, im April tauchte das Thema einer Sanierung dann etwas überraschend im Technischen Ausschuss auf. Die Umsetzung schien dabei nur eine Frage des Umfangs zu sein. Konkrete Vorschläge gab es bereits für Geräte zum Balancieren, Rutschen, Tischtennisspielen, Klettern und für ein Spielhaus. "Nach der Abfrage der jungen Dossenheimerinnen und Dossenheimer, könnte die Entscheidung leichter fallen", hieß es in der April-Sitzung in dem von Elin Mallinger erarbeiten Konzept. Auch eine Vorbesprechung mit dem TÜV habe bereits stattgefunden.

Alf Kindinger vom gleichnamigen Planungsbüro aus Darmstadt präsentierte die Gestaltungsvorschläge, worauf die Dossenheimer zwei Monate Zeit hatten, ihre Meinungen kundzutun. Nun in der jüngsten Ratssitzung ging es darum, die Ergebnisse zu präsentieren. "Die Rückmeldungen waren nicht so stark", resümierte Mallinger. Lediglich 26 Anregungen seien eingegangen. Immerhin seien diese eindeutig gewesen: Hangrutsche, Spielturm und Sonnensegel seien gewünscht, auf eine Tischtennisplatte und auf die Balancierelemente könne verzichtet werden.

Apropos verzichten: Als die Sachbearbeiterin auf die Kosten zu sprechen kam und diese mit 108.000 Euro bezifferte, wendete sich plötzlich das Blatt im Gemeinderat in eine ganz andere Richtung. Obwohl die Kosten auch schon im Technischen Ausschuss knapp drei Monate zuvor in dieser Höhe benannt worden waren, regte sich dagegen nun deutlicher Widerstand. Den Anfang machte Renate Tokur (Grüne). Sie meinte, den Spielplatz würden viele wohl gar nicht kennen, da er doch etwas abgelegen liege.

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Auch auf diese Problematik hatte Mallinger übrigens schon im Technischen Ausschuss aufmerksam gemacht. Damals hieß es: "Der Spielplatz liegt versteckt, entlang vom Brenkenbach im hinteren Eck der Wohnstraße ,Am Kirchberg’ und wird gegebenenfalls als Ziel von Spaziergängen und Ausflügen oder von den Kindern aus der unmittelbaren Umgebung besucht."

Bienenhotel statt Spielfläche?

60.000 bis 70.000 Euro könne man sich für die Erneuerung vorstellen, sagte Tokur jetzt, 108.000 Euro seien aber in jedem Fall zu viel. Dem Einwand von Architekt Kindinger, es gehe auch günstiger, begegnete Bürgermeister David Faulhaber mit der Frage "Was ist Pflicht, was ist Kür?". Er schaue "sehr akribisch" auf den Haushalt und sehe zudem in Dossenheim im Vergleich zu Nachbarkommunen eine Spielplatz-Dichte. So gebe es in Schriesheim neun Spielplätze, in Edingen-Neckarhausen elf und in Dossenheim derer 20 ...

"Der Spielplatz ist seit drei Jahren geschlossen und niemand hat es groß gemerkt", meinte Alexander Willwert (CDU). Auch die überschaubaren 26 Rückmeldungen seien ein Indiz dafür, dass die Sperrung nicht groß aufgefallen sei. Er fürchtete zudem, dass die Kosten eher noch weiter steigen könnten. Im Namen der CDU-Fraktion schlug er vor, das Spielplatz-Areal künftig als ökologische Fläche mit Sitzbänken und Attraktionen wie einem Bienenhotel oder einer Blumenwiese zu nutzen. Jule Gramlich (Freie Wähler), Manuela Holzapfel (FDP), Steffen Schmitt (SPD) und Matthias Dellbrück (Grüne) erklärten für ihre Fraktionen sofort ihre Zustimmung. Damit war die Spielplatz-Sanierung vom Tisch.

Mit alternativen Möglichkeiten soll sich nun wiederum der Technische Ausschuss befassen. Faulhaber betonte, das Thema sei weitreichend. Die Inflation liege bei über sieben Prozent, die weltpolitische Situation sei angespannt und für eine Gemeinde wie Dossenheim gehe es in diesen Zeiten darum: "Was können und wollen wir uns die nächsten Jahre leisten?"

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