Bürger entscheiden über Gewerbegebiet
Der Gemeinderat nahm den Antrag der Bürgerinitiative "Schriesheimer Hof" an. Die Abstimmung über Bebauungsplan-Aufhebung findet im September statt.

Rathaus Wilhelmsfeld. Foto: Reinhard Lask
Wilhelmsfeld. (ths) Die Bürger können selbst darüber entscheiden, ob im Nordwesten der Gemeinde Flächen für ein mögliches Gewerbegebiet entstehen. Das ist das Ergebnis einer Abstimmung des Gemeinderats über den Antrag der Bürgerinitiative "Schriesheimer Hof" (BIS): Nach weit über 300 Zustimmungen zum Bürgerbegehren findet nun parallel zur Bundestagswahl am 26. September ein Bürgerentscheid statt. Dabei geht es um die Aufhebung der im November vom Gemeinderat beschlossenen Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet "Schriesheimer Hof". Benötigt wird im Bürgerentscheid ein Quorum von mindestens 20 Prozent der rund 2600 Wahlberechtigten im Luftkurort.
Die vielen Zuhörer in der Odenwaldhalle spitzten natürlich besonders die Ohren, als Annegret Fiedler von der Verwaltung zusammen mit Bürgermeister Christoph Oeldorf nochmals auf die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens einging. Sie erläuterte dabei die Modalitäten für den Bürgerentscheid "Erhalt von Grün- und Ackerflächen in Wilhelmsfeld" und formulierte ferner die für einen Bürgerentscheid zwingend eindeutige Frage: "Sind Sie dafür, dass der Beschluss des Gemeinderats vom 24. November 2020 zur Aufstellung eine Bebauungsplans für das Gebiet ,Schriesheimer Hof’ aufgehoben wird?"
Zuvor war Joachim Finkbeiner-Rinn von der BIS im Beisein der beiden weiteren Vertrauenspersonen Jakob Höhn und Edgar Wunder sowie des Ortsvorsitzenden vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Steinachtal, Jochen Schwarz, auf die wichtigsten Beweggründe der Bürgerinitiative eingegangen, warum man für den Erhalt des Areals eintritt. Er prangerte dabei wenig Demokratie, mangelnde Toleranz und ein "intransparentes Verfahren" an, was eine Bürgerbeteiligung verhindere. Für den pensionierten Studiendirektor zeigten sich dabei "Widersprüche zu übergeordneten Raumordnungsplänen" mit dem für ihn drohenden Ergebnis einer "Gefährdung des Prädikats ,Luftkurort’". Er wandte sich zudem gegen den möglichen Flächenverbrauch und die damit einhergehende Versiegelung des Gebiets, bevor er die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte geißelte. Aus seiner Sicht drohe nämlich dem "bestehenden Einzelhandel im Ortskern durch einen Supermarkt auf der grünen Wiese" eine massive Verödung.
Die Kritik der BIS nahm Stefan Lenz (Freie Wähler) vor der Zustimmung zum Anlass, die Argumente Finkbeiner-Rinns einzeln zu zerpflücken. Er sprach hierbei noch von "keinem fertigen Planentwurf". Der Rat habe mit dem Aufstellungsbeschluss nur das Ziel verfolgt, die Nahversorgung kurz- und mittelfristig zu erhalten, was auch Melanie Oberhofer (CDU) untermauerte. Zudem gab es laut Lenz "Anregungen aus der Bürgerschaft, ein Ärztehaus mit entsprechenden Parkmöglichkeiten zu ermöglichen". Deshalb wies Lenz die Unterstellung zurück, nur ein "Gewerbegebiet" ansiedeln zu wollen. Geplant sei die "Etablierung eines Vollversorgers" und das "am liebsten durch die Weiterentwicklung des derzeitigen Marktes". Ebenso wehrte er sich wie Michael Gärtner (Bürgergemeinschaft Wilhelmsfeld) gegen die Vorwürfe von fehlender Transparenz und bezüglich der Versiegelung. Letzterer stellte er das doch "sehr aufgelockerte Ortsbild mit vielen Grünflächen" entgegen.
Einem Vorschlag von Finkbeiner-Rinn stimmten am Ende alle Räte zu: Sämtliche Fraktionen sind für baldige Gespräche mit der BIS. Dies unterstrich auch Rainer Stüwe (Grüne Initiative Wilhelmsfeld), der der Initiative den Rücken stärkte.



