Winzergenossenschaft Kraichgau diskutiert Namensänderung

Die Generalversammlung will sich mit dem Winzerkeller neue Märkte erschließen 

21.02.2017 UPDATE: 22.02.2017 06:00 Uhr 3 Minuten, 9 Sekunden

Voll besetzt war der Saal bei der Generalversammlung der Winzergenossenschaft Kraichgau. Es gab auch wichtige Themen zu besprechen. Foto: Pfeifer

Wiesloch. (oé) Auch die Welt der Winzer verändert sich: Die Zahl der aktiven Genossenschaftswinzer geht zurück, die Anbauflächen verringern sich, die Vermarktung wird schwieriger und die Erlöse schrumpfen. Vor diesem Hintergrund fand jetzt im Winzerkeller Wiesloch die Generalversammlung der Winzergenossenschaft Kraichgau statt, der mit knapp 300 Mitgliedern und fast 200 Hektar Rebfläche größten Einzelgenossenschaft des Winzerkellers. Vor allem zwei Themen beherrschten dabei die Tagesordnung: die Umfirmierung des Winzerkellers Wiesloch in "Winzer von Baden" und damit eng verbunden die Frage, wie es mit dem genossenschaftlichen Weinbau in der Region weitergehen soll. Beide Fragen wurden im voll besetzten Saal lebhaft und kontrovers diskutiert.

Hintergrund

Die Wahlen hatten folgende Ergebnisse: Der Vorstandvorsitzende Klaus Müller wurde bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung im Amt bestätigt. Im Aufsichtsrat wurden Gerd Holfelder, Thomas Körner und Bernd Dorobek turnusgemäß wiedergewählt, Frank Salomon wurde für den

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Die Wahlen hatten folgende Ergebnisse: Der Vorstandvorsitzende Klaus Müller wurde bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung im Amt bestätigt. Im Aufsichtsrat wurden Gerd Holfelder, Thomas Körner und Bernd Dorobek turnusgemäß wiedergewählt, Frank Salomon wurde für den verstorbenen Hubert Spieß neu berufen (die Voten erfolgten einstimmig beziehungsweise bei einer Enthaltung). Im Beirat wurden Kurt Dorobek und Jürgen Matz sowie Hans Ritz einstimmig bestätigt. Stefan Ebert und Andreas Wipfler ohne Ersatzwahl schieden aus dem Beirat aus, da das Gremium verkleinert werden soll.

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Dass die Winzergenossenschaft Kraichgau kerngesund und "sehr eigenkapitalstark" ist - daran ließ der Finanzbericht von Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Carsten Wipfler keinen Zweifel. Dennoch plagen die Winzer Sorgen. Wo der Schuh drückt, machte der Prüfbericht des Genossenschaftsverbands deutlich, den der Aufsichtsratsvorsitzende Lothar Stier verlas: Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft sind zwar geordnet und die Geschäftsentwicklung ist "noch zufriedenstellend". Doch liegt der Erlös "unter dem Durchschnitt" vergleichbarer Genossenschaften und hat sich "deutlich verschlechtert" (2015/16 lag der Durchschnittsertrag je Kilo bei 67 Cent netto, der Hektarerlös bei netto 6500 Euro). Vor allem sei die Vermarktungsleistung des Vertragspartners Winzerkeller "stark zurückgegangen".

Als ein möglicher Weg, die Vermarktungschancen zu verbessern, erschien den Verantwortlichen die Namensänderung des Winzerkellers. "Diese Entscheidung wird von uns mitgetragen", unterstrich Klaus Müller, Vorstandvorsitzender der Kraichgau-Genossenschaft, für Vorstand und Aufsichtsrat. Von der Umfirmierung in "Winzer von Baden" erhoffe man sich die "Erschließung überregionaler Märkte". Regional sei das Wachstum hingegen begrenzt. Nur 20 Prozent des Absatzes flössen in die Region, so Müller, der aber auch ausdrücklich bedauerte, dass bei der Namensänderung die Mitgliederbeteiligung "zu kurz gekommen" sei. Dass sich die Winzer bei dieser Entscheidung "nicht so ganz mitgenommen fühlten", hatte auch der Beiratsvorsitzende Jürgen Matz moniert. Vorstandsmitglied Rüdiger Hilswicht bat allerdings auch um Verständnis, dass man "nicht mit jedem Winzer" habe vorab diskutieren können. Ihm selbst habe die Entscheidung "in der Seele wehgetan". Aber er habe zugestimmt, weil "wir vom Verkauf unseres Weins leben müssen".

Hilswicht reagierte damit auf Kritik aus dem Plenum an der Namensänderung und der Art und Weise, wie sie zustande kam. Die Winzer seien "über den Tisch gezogen" worden, hieß es etwa. Vor allem Walter Kloé hatte mit Kritik nicht gespart, als er die Entlastung der Vorstandschaft beantragte. Er beklagte, dass die Kosten gleich blieben, während die Erlöse jedes Jahr zurückgingen und heute kleiner seien als zu D-Mark-Zeiten. Während Kloé Vorstand und Aufsichtsrat der Kraichgau-Genossenschaft bescheinigte, unter "widrigen Umständen gute Arbeit" geleistet zu haben (beide Gremien wurden bei zwei beziehungsweise einer Gegenstimme und zwei beziehungsweise einer Enthaltung entlastet), machte er aus seiner Unzufriedenheit mit der Geschäftspolitik des neuen Winzerkeller-Geschäftsführers Curt-Christian Stoffel keinen Hehl.

Hier bat der Vorsitzende Klaus Müller indes um Fairness für den neuen Winzerkeller-Chef. Der sei nicht schuld an den schlechten Zahlen. Man dürfe nicht vergessen, dass 2015 von den Erträgen her "einer der schlechtesten Herbste" überhaupt gewesen sei und man schlimmer als andere Regionen unter Trockenschäden gelitten habe. "Wir sind von der Natur abhängig." Der neue Mann sei gerade mal ein gutes Jahr im Amt und versuche, neue Ideen zu entwickeln. Diese Chance müsse man ihm geben. Aus dem Plenum gab es auch Zustimmung und Verständnis für die Notwendigkeit einer Namensänderung. Man müsse unternehmerisch auch etwas wagen, so eine Stimme.

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Curt-Christian Stoffel selbst appellierte an die Unterstützung der Winzer und zeigte sich optimistisch. In der Nachfrage verspüre man momentan einen "starken Schub", die Umsatzentwicklung der letzten sieben Monate zeige ein deutliches Plus. Stoffel verschwieg aber auch nicht die Probleme in einem "massiv veränderten Weinmarkt", der von der Dominanz weniger großer Handelsunternehmen, einem wachsenden Onlinehandel und rückläufigen Vermarktungszahlen geprägt sei. Der Handel sei "sehr stark konzentriert". Das mache es schwierig, Zugang zu finden und gute Preise zu erzielen. Mit der von der Generalversammlung des Winzerkellers einstimmig beschlossenen Namensänderung wolle man die "Dachmarke Baden" stärker in den Fokus rücken und sich im überregionalen Bereich "das eine oder andere Feld eröffnen". Dabei werde die Marke "Winzerkeller Wiesloch" weiter "regional verankert bleiben". Auf den Flaschen werde sowohl "Winzerkeller Wiesloch" als auch "Winzer von Baden" zu lesen sein.

Zu den Kosten der Umfirmierung hielt sich der Winzerkeller-Geschäftsführer allerdings bedeckt - trotz der Forderung, die Zahlen "auf den Tisch zu legen". Die Umstellung koste "ein bisschen was", aber nicht die "exorbitant hohen Kosten", die kolportiert worden seien, erklärte Stoffel. Noch nicht spruchreif ist auch die Höhe der Investition zur Erneuerung der über 30 Jahre alten Abfüllanlage, die der Geschäftsführer ins Auge fasst. Investitionen seien nötig, wenn man die Durchschnittserlöse erhöhen und die Kosten im Griff behalten wolle, so Stoffel.

In der Aussprache fiel immer wieder der Name Breisach und die Frage nach einer engeren Zusammenarbeit oder gar einem Anschluss an den Zentralkeller. Carsten Wipfler hielt dem jedoch die 80-jährige Tradition des Winzerkellers entgegen: "Wiesloch ist unser Standort und in Wiesloch wollen wir bleiben."

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