OB-Wahl Wiesloch: Kandidat Dirk Elkemann im RNZ-Interview

"Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut" - Den Leitbildprozess der Stadt wiederbeleben - "Wiesloch war immer eine stolze Stadt"

21.09.2015 UPDATE: 22.09.2015 06:00 Uhr 4 Minuten, 49 Sekunden

Dirk Elkemann. Foto: Pfeifer

Wiesloch. (oé) Am 4. Oktober wird der neue Oberbürgermeister der Weinstadt gewählt. Wir haben mit den beiden Kandidaten ein Gespräch zu ihrer Kandidatur, zu ihren Motiven und Zielen geführt. Heute steht Dirk Elkemann Rede und Antwort.

RNZ: Herr Elkemann, Sie haben Ihren Hut bei der OB-Wahl in Wiesloch erst spät in den Ring geworfen. Wie kam es zu Ihrer Kandidatur? Und was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Dirk Elkemann: Wiesloch kenne ich schon seit vielen Jahren als Heimat meines Schwagers, der aus Baiertal kommt. Durch Familienfeste und gelegentliche Besuche ist mir die Stadt also wohl vertraut, es ist eine schöne und attraktive Stadt. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr hat seinen Hut ja relativ früh in den Ring geworfen und er ist ein anerkanntermaßen aussichtsreicher Kandidat. Wenn man sich im Kollegenkreis über das Thema unterhalten hat, erschien es deshalb so, als wenn die Wahl schon gelaufen wäre. Daher auch mein Ausspruch, dass ich Wiesloch gar nicht so auf dem Schirm hatte. Das bezog sich nicht auf die Stadt, sondern auf die Wahl.

Dann gab es in Wiesloch den Wunsch verschiedener politischer Gruppierungen, einen weiteren Bewerber mit Verwaltungserfahrung und Personalkompetenz zu suchen. Der Blick von außen war wohl ein weiteres Kriterium. Da ist man auf mich gekommen. Die Idee dazu hatte Karl Klein, der mich als Kollegen kannte. Er hat gesagt, fragt den doch mal. Ich bin daraufhin neugierig geworden, habe Gespräche mit den unterschiedlichen Gruppierungen geführt, die sich nun zu mir bekennen, und bin so zu dem Schluss gekommen, dass die Wahl doch noch nicht gelaufen ist. Weil eine solche Kandidatur ohne familiären Rückhalt nicht möglich ist, habe ich mich intensiv mit meiner Frau beraten. Am Ende war dann klar: Ja, ich bewerbe mich.

Seither bin ich immer mal wieder mit durchaus kritischem Unterton gefragt worden, warum ich mir gerade Wiesloch ausgesucht habe. Darauf antworte ich: Leute, wisst ihr eigentlich, wie schön eure Stadt ist? Mit der Landschaft, dem Blick über Kraichgau und Rheinebene, der attraktiven Fußgängerzone mit ihrem immer noch guten Besatz an inhabergeführten Geschäften, den historischen Ecken und der vielen Kunst im Straßenraum. Ich empfinde das als sehr schön.

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Hintergrund

Dirk Elkemann (45) stammt aus Coesfeld in Westfalen und lebt mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn in Schwetzingen. Dort ist er seit 2009 Beigeordneter mit dem Titel Erster Bürgermeister.

Elkemanns Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst zum

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Dirk Elkemann (45) stammt aus Coesfeld in Westfalen und lebt mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn in Schwetzingen. Dort ist er seit 2009 Beigeordneter mit dem Titel Erster Bürgermeister.

Elkemanns Ausbildung im gehobenen Verwaltungsdienst zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) schloss sich ein Jurastudium in Münster an. Seine juristische Ausbildung beendete er nach dem Referendariat am Landgericht Münster mit dem zweiten juristischen Staatsexamen.

Berufliche Stationen waren die Kreisverwaltung in Coesfeld und die Stadtverwaltung in Weil am Rhein, wo er auch für Ordnungs- und Baurechtsamt zuständig war. Elkemann bezeichnet sich als Familienmensch, betreibt intensiv Ausdauersport (Triathlon) und interessiert sich für Kunst und Kultur.

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Sie gehen mit Unterstützung eines parteiübergreifenden Bündnisses ins Rennen, das praktisch alle kommunalpolitischen Kräfte außer den Grünen umfasst. Bei Ihrer ersten Vorstellung haben Sie Unabhängigkeit und Überparteilichkeit als "Basis und Bedingung" Ihrer Kandidatur bezeichnet. Es gibt aber auch Stimmen, die genau diese Unabhängigkeit in Zweifel ziehen und Sie in die Nähe der CDU rücken. Was antworten Sie darauf?

Wenn ich in eine Partei hätte eintreten wollen, dann hätte ich das in meinen bisher 45 Lebensjahren sicher getan und hätte auch ausreichend Gelegenheit dazu gehabt. Nein, es ist meine feste Überzeugung, dass es in einer Stadt unserer Größenordnung auf Sachfragen ankommt, und nicht auf Parteiraison. Wenn ich Oberbürgermeister werden sollte, dann möchte ich mich ausschließlich am Wohl der Stadt Wiesloch orientieren und nicht an Parteiabsprachen.

Wiesloch war früher einmal eine reiche Stadt, aber jetzt sind die Kassen leer, Wiesloch ist arm geworden, es ist hoch verschuldet, die Investitionen müssen fast ausschließlich über Kredite finanziert werden. Wie wollen Sie dieser fast schon chronischen Finanznot begegnen?

Ich bin ein Mensch, der nach vorne schaut und die Situation so annimmt, wie sie nun einmal ist. Bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten gibt es zwei Möglichkeiten: entweder Ausgaben kürzen oder Einnahmen verbessern. Wie ich bisher mitbekommen habe, gibt es auf der Ausgabenseite kaum noch Spielraum. Es wurde in vielen Schritten massiv gekürzt und jeder weitere Schritt würde sehr weh tun. Ohnehin sind rund 90 Prozent der kommunalen Ausgaben gesetzlich vorgeschrieben. Und was dann noch übrig bleibt, die Bereiche Kultur, Sport, Bibliotheken, Sportstätten - das wären sehr harte Einschnitte, die ich nicht machen möchte.

Bleibt also die Aufforderung, die Einnahmen zu verbessern. Auch hier bieten sich zwei Möglichkeiten an: über Einwohnerzuwächse und entsprechend höhere Schlüsselzuweisungen; oder aber, was meine bisherigen Gespräche nahelegen, die Bemühungen um neue gewerbliche Ansiedlungen zu intensivieren. Am Bahnhof zum Beispiel haben wir ein Gewerbegebiet, das noch der Nutzung harrt. Hier sehe ich das Potenzial, über einen direkten und engen Kontakt zu Unternehmen und Interessenten, potente Investoren anzulocken und auch zu halten. Da muss man dicke Bretter bohren, das geht sicher nicht von heute auf morgen. Aber ich denke, dass man mit Beharrlichkeit und einem dienstleistungsorientierten Ansatz auch zu Abschlüssen kommen an. Unternehmen muss man Angebote machen, man muss sie an der Hand nehmen und es ihnen einfach machen, die Entscheidung für Wiesloch zu treffen. Im Übrigen müssen wir uns auch weiterhin um Zuzug bemühen, denn der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer ist eine enorm wichtige Einnahmequelle der Stadt Wiesloch.

Ein anderes beherrschendes Thema der letzten Jahre ist die Verkehrssituation. Zuletzt hat sich im Gemeinderat ja eine Mehrheit für eine Südumgehung formiert, aber das klappte erst im dritten Anlauf und auch erst, nachdem das Land die Straße bereits aus dem Generalverkehrsplan gestrichen hatte. Was meinen Sie: Gibt es jetzt überhaupt noch eine realistische Chance, die Straße in einem überschaubaren Zeitraum zu realisieren? Wie wollen sie die Verkehrsprobleme angehen?

Durch die Herausnahme des Projekts aus dem Generalverkehrsplan ergibt sich zwangsläufig, dass es in allernächster Zeit keine Lösung mit Blick auf eine Umgehung geben wird. Das bedeutet aber nicht, dass man die Hände in den Schoß legt und sagt, so ist es halt. Ich würde das Thema gerne weiterverfolgen. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die Wieslocher sich einig sein müssen, wohin die Reise gehen soll, damit ich auch mit einem entsprechenden Mandat an die zuständigen Behörden herangehen kann. Es bedarf einer Verlässlichkeit, dass grundlegende Entscheidungen auch Bestand haben. Dann halte ich es für durchaus möglich, mit stetem Einsatz langfristig auch eine Umgehung hinzubekommen.

Das hilft den Anwohnern der viel befahrenen Straßen aber zunächst einmal nicht viel, so dass man sich für diese Straßen Zwischenlösungen wird einfallen lassen müssen. Diese könnten in Temporeduzierungen und in erleichterten und sicheren Übergängen bestehen.

Sollten Sie am 4. Oktober die Wahl gewinnen und mit Beginn des neuen Jahres ihr Amt antreten, was hätte bei Ihnen oberste Priorität?

Ich würde nicht in blinden Aktionismus verfallen, sondern zunächst den Dialog führen mit der Verwaltung, die mich ja erst einmal kennenlernen müsste, mit dem Gemeinderat und natürlich mit den Bürgern. Neben den formalen gibt es auch informelle Strukturen. Diese gälte es zu durchschauen und ihre Potenziale zu ergründen. Wenn mich die Leute auf der Straße fragen, dann sage ich immer: Ich komme jetzt nicht hierher und erkläre euch Wiesloch. Im Prinzip wissen nämlich die Wieslocher selber, wo der Schuh drückt. Viele Lösungen sind ja in den Grundzügen auch schon sichtbar und es geht nur darum, sie zu bündeln und einer geordneten Meinungsbildung zuzuführen, zu entscheiden und sie dann umzusetzen.

Und wie soll sich Wiesloch Ihrer Meinung nach weiter entwickeln?

Ich habe den Eindruck, dass in Wiesloch Entscheidungen oft an Einzelthemen festgemacht werden. Ich würde gerne dahin kommen, dass man sich mit Bürgern und Gemeinderat grundsätzlich auf Ziele einigt, um anhand dieser Zielvereinbarungen Einzelfälle leichter und durchgängiger entscheiden zu können. Dazu könnte man den bereits einmal angestoßenen Leitbildprozess wieder erneuern: Also dass man grundlegende Entscheidungen fasst und daran dann auch festhält. Das bezieht die städtebauliche Entwicklung mit ein, aber beispielsweise auch den Verkehr.

Wiesloch war immer eine stolze Stadt. Ich habe das Gefühl, dass dies in jüngster Zeit ein wenig verloren gegangen ist. Ich würde den Wieslochern den Stolz auf die eigene Stadt gerne wieder zurückgeben.

Herr Elkemann, herzlichen Dank für das Gespräch.

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