10 Jahre Tafel Wiesloch

"Ausgleich schaffen zwischen Überfluss und Mangel"

103 Ehrenamtliche sammeln mit zwei Fahrzeugen jede Woche vier Tonnen Lebensmittel ein, sortieren, portionieren und verteilen

08.05.2017 UPDATE: 10.05.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden

Die Ehrenamtlichen der ersten Stunde erhielten Ehrenurkunden für ihr Verdienst um den Wieslocher Tafelladen. Rechts OB Dirk Elkemann, links Lars Castellucci, der Rosen für die engagierten Helfer beisteuerte. Foto: Helmut Pfeifer

Wiesloch. (aot) Vor zehn Jahren betrat die erste Kundin den Wieslocher Tafelladen - und seither kauft sie jede Woche hier ein: Grundnahrungsmittel und was es gerade so im Angebot gibt. Letzte Woche war es ein Päckchen Spargel, erzählte sie der RNZ im Rahmen der Jubiläumsfeier, das könnte sie sich bei einer Rente von 800 Euro ansonsten nicht leisten. Die Frau kommt nicht nur zum Einkaufen in den Tafelladen, sondern auch, um sich hier mit anderen Kunden oder den ehrenamtlichen Helfern zu unterhalten, das bringe Abwechslung in ihr Leben.

"Der Tafelladen will einen Ausgleich zwischen Überfluss und Mangel schaffen, das ist unser Anliegen", erklärte die Vorsitzende Sonja Huth zur Begrüßung der zahlreichen Gäste, die gekommen waren, um gemeinsam das zehnjährige Bestehen der Wieslocher Tafel zu feiern. Es könne doch nicht sein, dass einerseits Lebensmittel verderben und andererseits Menschen es sich nicht leisten könnten, sie zu kaufen, so Huth weiter. Dass die Idee des Tafelladens in Wiesloch vor zehn Jahren umgesetzt werden konnte, verdanke man der Bürgerstiftung mit der Vorsitzenden Annegret Sonnenberg und dem Stiftungsratsvorsitzenden Prof. Lars Castellucci, die damals für eine Anschubfinanzierung in Höhe von 25.000 Euro gesorgt hätten. Ihr Dank gelte auch der katholischen Kirche, die zentral gelegene und geschützte Räume zur Verfügung stelle, ebenso den Märkten und Einzelhändlern, die bereitwillig für Nachschub bei den Lebensmitteln sorgten, wie Sonja Huth betonte.

Nicht zu vergessen die 103 Ehrenamtlichen, die mit zwei Fahrzeugen jede Woche vier Tonnen Lebensmittel einsammeln, sortieren, portionieren und verteilen. Die Vorsitzende der Wieslocher Tafel erklärte, sie sei stolz auf diese hoch motivierten, engagierten Menschen, die auch immer ein offenes Ohr für die vielfältigen Nöte der Kunden hätten und mit einem netten Wort und einem aufmunternden Blick Hemmschwellen abbauten. Man wäre auch froh über kleine und große Geldspenden, die den laufenden Betrieb in Gang halten.

Auffällig sei, wie viele junge Menschen sich mit fantasievollen Spendenaktionen beteiligten. Abschließend meinte sie: "Wir können alle stolz sein, was aus der Tafel geworden ist. Sie ist Teil des sozialen Netzes in der Stadt."

Diesen Gedanken griff Oberbürgermeister Dirk Elkemann auf. Das ehrenamtliche Engagement in Wiesloch sei groß und bewundernswert und die Tafel habe Leuchtturmcharakter. Er erinnerte daran, dass diese Einrichtung eigentlich öffentliche Aufgaben übernehme. Das politische Streben nach sozialer Gerechtigkeit könne noch so groß sein, es würden sich immer wieder Lücken in der öffentlichen Fürsorge auftun. Elkemann erinnerte auch an die Probleme vieler Menschen, die sich ihrer Armut schämten und deshalb nicht zum Sozialamt gingen. Sonja Huth sprach er für ihre Arbeit seine hohe Wertschätzung aus, sie sei eine Stadträtin mit hoher Sozialkompetenz.

Auch interessant
Kultur der Anerkennung in Wiesloch: Die Ehrung der Ehrenamtlichen

Gerd Schneider überbrachte Grußworte des Landesvorstandes Tafel Baden-Württemberg und bedankte sich im Namen der Walldorfer Tafel für die gute Zusammenarbeit. Er berichtete, dass es in Baden-Württemberg 140 Tafeln und 180 Ausgabestellen gebe, in ganz Deutschland seien es 2100 Ausgabestellen mit mehr als 60.000 Helfern. Landtagsabgeordneter Karl Klein (CDU) zollte Huth "höchsten Respekt" für ihre verdienstvolle Arbeit und stellte die Frage: "Wo wären wir bei der Flüchtlingsbewegung im vergangenen Jahr gewesen ohne die Hilfe der Tafelläden?"

Den Reigen der Gratulanten beschloss Christa Stängel für die katholische Kirche St. Laurentius. Eine Abordnung des katholischen Kindergartens überreichte ein von den Kindern gestaltetes Plakat, darauf zu sehen ist ein Tisch voller Lebensmittel, um den viele Kinder sitzen.

Bei herrlichem Frühlingswetter nahmen dann die Gäste im Freien an langen Tafeln Platz und ließen sich die Kartoffelsuppe mit Würstchen schmecken. Olli Roths Pop-, Blues- und Countrymusik sorgte für die passende Begleitung.

Im Rahmen der kleinen Feierstunde wurde 29 Ehrenamtlichen der ersten Stunde eine Ehrenurkunde überreicht. Lars Castellucci steuerte jeweils eine Rose bei und brachte die Zielsetzung des Tafelladens auf den Punkt: "Es wäre schön, es gäbe keine Tafel, es wird aber immer wieder Menschen geben, denen auf diese Weise geholfen werden muss, wenn auch nur zeitweise." Sonja Huth pflichtete ihm bei: "Ich wünsche mir, dass die Tafel eines Tages unnötig wird."

Ausgezeichnet wurden: Brigitte und Werner Ameisbichler, Eleonore Bonin, Doris Braun, Marianne Collins, Katrin Floegel, Annelie Hack, Karl-Heinz Hammerschmidt, Brigitte Hetzel, Birgit Hofstätter, Sonja Huth, Marianne Kammer, Antje Köhrer, Karin Lehner, Brigitte Ludigkeit, Rudolf Mahrla, Bernd und Lieselotte Müller, Renate und Hartmut Nissen, Monika Röderer, Volker Scheerer, Manfred Schmitt, Irma und Karl-Heinz Schweizer, Anne Sonnenberg, Dietmar Sperling, Edeltrud Stier, Karl-Heinz Tschakert.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.