Bei Bürgerbeteiligung und Digitalisierung muss er liefern
Manuel Just über Vorgespräche mit den Fraktionen, Ansiedelung von Gewerbe und Bürgerspaziergänge

Manuel Just. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim. Von der GAL bis hin zur Weinheimer CDU: Vier Fraktionen und Angehörige eines breiten politischen Spektrums haben sich OB-Kandidat Manuel Just (39, parteilos) angeschlossen. Welche beiden gemeinsamen Ziele ihn und seine Anhänger antreiben, wie er die seit dem Bürgerentscheid 2013 vorhanden Gräben zuschütten würde und was er aus den Begegnungen mit den Bürgern mitgenommen hat, darüber sprach er mit der RNZ.
Herr Just, "Miteinander Gutes Schaffen. Kompetent für Weinheim" haben Sie sich auf die Fahnen geschrieben. Sind Sie der Einzige, der es kann?
Es ist nicht meine Absicht, anderen etwas abzusprechen. Die Beurteilung liegt beim Wähler. Ich habe mich von Anfang an auf mich und meinen Wahlkampf konzentriert. So habe ich das bereits 2007 bei meinem ersten Wahlkampf in Hirschberg gemacht. Ich glaube aber, dass ich diese Aufgabe in Weinheim kompetent meistern kann. Ich bringe über zehn Jahre Erfahrung als Bürgermeister von Hirschberg mit und habe dort gezeigt, dass ich nicht nur verwalten, sondern auch gestalten kann - und den Ansprüchen an Bürgernähe gerecht werde. Dies zählt zu den Punkten, die ich als Bewerber um das Amt des OBs anbiete. Wie gesagt, entscheiden müssen die Wähler.
Die Wähler haben auch 2013 entschieden - gegen ein Gewerbegebiet in den Breitwiesen. Würden Sie diese Fläche raushalten oder mangels Alternativen erneut zur Diskussion stellen?
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Es wäre schön, wenn es eine einfache Antwort gäbe. Der Bürgerentscheid hat emotionale Gräben aufgerissen, die meines Erachtens immer noch nicht zugeschüttet sind. Hebt die Verwaltung das Thema erneut kurzfristig aufs Tableau, geht die Sache so aus wie damals. Wichtig ist aber auch, die Gesamtsituation zu betrachten: Wenn die Stadt ihre Infrastruktur erhalten will, muss sie ihren Haushalt konsolidieren. Und wenn auf der Ausgabenseite kaum Luft ist und Weinheim bei den Abgabesätzen schon unter den Top Drei im Kreis ist, sehe ich dort kaum Spielraum. Das nachhaltigste Instrument ist die Stärkung der Gewerbesteuer-Einnahmen über die Neuansiedlung von Betrieben. Daher muss Weinheim Gewerbeflächen ermöglichen, aber auch der Versiegelung gleichzeitig Grenzen setzen. Dies wäre ein wichtiges Thema meiner Zukunftswerkstatt 2030, in der wir auch über Nachverdichtungen reden müssen. Im Rahmen dieser wird man zwangsläufig das Thema Breitwiesen streifen.
Müsste man nicht auch mit Firmen wie Freudenberg reden? Offenbar scheuen Gewerbetreibende einen Umzug in den Technologiepark, da sie dessen Infrastruktur mitfinanzieren müssten.
Auch mir wurde gesagt, dass die Erschließungskosten für externe Betriebe dort oft zu hoch sind, sodass sich die Nachfrage verflüchtigt hat. Der gesetzlich festgeschriebene Grundsatz "Innen- vor Außenentwicklung" gilt für mich selbstverständlich nicht nur für Wohn-, sondern auch für Industrie- und Gewerbeflächen.
Sie haben das Stichwort genannt: Es braucht Wohnungen im günstigen Segment. Könnte eine Wohnungsbaugesellschaft Impulse geben?
Nein, das sehe ich eher nicht. Eine schnellere Reaktionsfähigkeit könnte man meiner Meinung nach auch mit einem organisatorisch eigenständigen, aber rechtlich unselbstständigen städtischen Eigenbetrieb oder mit verstärkten Aktivitäten im eigenen Haus erreichen. Wenn wir eine GmbH aufbauen, bekommen wir auch steuerlich eine ganze andere Thematik. Mir geht es ums Thema, nicht um die Form. Es gibt Ecken, in denen der normale Polizist keine Wohnung mieten kann. Ich bitte aber auch darum, anzuerkennen, dass Weinheim den richtigen Weg eingeschlagen hat. Mit der Festsetzung auf 20 Prozent preisgemildertem Wohnraum ist man zusammen mit Stuttgart und Konstanz Vorreiter im ganzen Land.
Die viele Kritik - gerade an Bau- und Erschließungsthemen - könnte damit zu tun haben, dass Bürger sich nicht mitgenommen fühlen. Und das obwohl Weinheim schon Beteiligungsformen anbietet.
In Sachen Bürgerbeteiligung hat sich in den letzten zehn, 15 Jahren viel gewandelt. Zwar gibt es in Bebauungsplanverfahren bereits gesetzlich definierte Beteiligungsinstrumente. Meine Erfahrung aber ist, dass man auf die Anlieger eingehen sollte, bevor ein Entwurf auf dem Tisch liegt. Wenn man mit dem fertigen Entwurf an die Öffentlichkeit geht, meinen viele Bürger, sich stärker artikulieren zu müssen, um ihre Interessen durchzusetzen. Wenn man die Leute in einem früheren Stadium mitnimmt, kommt man oft zu dem Ergebnis, dass die Bedürfnisse der Betroffenen oft gar nicht so weit weg von den Vorstellungen der Politik sind.
Ist das ihr Ansatz zu mehr Beteiligung?
Ich würde zusammen mit den Bürgern gerne einen städtebaulichen Rahmenplan erarbeiten; Bürgerbeteiligung würde zudem in der Zukunftswerkstatt und der von mir gewollten Prioritätenliste für Bauprojekte verankert. Darüber hinaus brauchen wir niederschwellige Angebote. In Hirschberg haben wir Einwohnertage eingeführt, bei denen die Bürger zwanglos auf Verwaltung und Gemeinderat zugehen können. Es liegt nicht jedem, in großen Versammlungen zu reden. Über allem aber steht das Vorhaben, mit dem Gemeinderat eine Beteiligungsrichtlinie zu erarbeiten. Dabei können wir die Beteiligung innerhalb immer wiederkehrender Prozesse erneuern. Wer ist wann an welchen immer wiederkehrenden Prozessen wie zu beteiligen?
Das klingt gut. Doch woher wollen Sie das Personal dafür nehmen?
Ich kenne die Weinheimer Stadtverwaltung bisher auch nur von außen. Sollten an dieser Stelle Probleme auftreten, gibt es zwei Lösungsansätze. Man kann Kompetenz von außen holen - oder das Tempo drosseln. Grundsätzlich aber muss jedem klar sein, dass Bürgerbeteiligung zeitintensiv ist und Geld kostet. Eigenes Personal kostet, aber auch ein Externer sitzt nicht kostenlos in der Bürgerbeteiligung.
Bietet die Digitalisierung da nicht auch die eine oder andere Chance?
Die gibt es, und die würde ich prüfen. Bei Sparmaßnahmen in der Verwaltung bin ich aber skeptisch. Selbst wenn wir Prozesse vereinfachen oder gar geringfügig Personal einsparen, muss die Digitalisierung an anderer Stelle betreut werden, etwa durch EDV-Experten. Zudem wird man an anderen Stellen in den nächsten Jahren zusätzliches Personal benötigen: Stichworte Erziehung und Betreuung.
Sie haben mit CDU, Freien Wählern, GAL und FDP verhandelt. Wie haben Sie das unter einen Hut bekommen?
Ich habe nicht gewartet, bis mir die Fraktionen Vorschläge machen. Ich bin mit klaren Vorstellungen in die Gespräche gegangen. Dann haben wir diskutiert und einander sensibilisiert. Konkret kamen zwei Themen immer wieder: Die Bürgerbeteiligung, die wir in die Stadtpolitik implementieren müssen. Und die Digitalisierung, deren Chancen wir nicht verpassen dürfen - in deren Zug wir aber auch Angebote für Menschen erhalten müssen, die da nicht mitgehen können oder wollen. Den Bauantrag muss der Bürger weiter auf dem Amt abgeben können. Mindestens genausostark schlagen sich auch Anregungen nieder, die ich bei den Bürger-Terminen in den Ortsteilen bekomme. An einigen Gängen haben sich bis zu 60 Bürger beteiligt.
Was stammt konkret von den Bürgern?
Auf grundsätzlicher Ebene habe ich in den Gesprächen mitgenommen, dass Weinheim einen Sportentwicklungsplan braucht. Ein konkreter Vorschlag - den ich für Weinheim so gar nicht auf dem Schirm hatte - war, eine öffentliche Kehr- und Putzwoche einzuführen. Frei nach dem Motto: "Weinheim putzt sich raus." So etwas haben wir schon in Hirschberg: Die Leute bekommen eine Ausrüstung und helfen dann, bestimmte Flächen in Schuss zu bringen. Das Ganze wird in eine Kampagne eingebettet, an der sich zum Beispiel Schulen oder Kitas beteiligen. Das schafft Identifikation mit der Stadt.
Können Sie in einem Satz sagen, warum die Bürger Sie wählen sollen?
Trotz meines relativ jungen Alters bekommen die Leute mit mir einen erfahrenen und kompetenten Bürgermeister aus der bürgerlichen Mitte, der in der Lage ist, gemeinsam mit den Menschen deren Umfeld zu gestalten.