Von den Kita-Kosten bis zum Kriegerdenkmal
Fraktionen haben 22 Haushaltsanträge eingereicht - Mehrere Gruppen unterstützten Kulturgemeinde - CDU beantragt Zukunftswerkstatt

Während die GAL sozial gestaffelte Betreuungsgebühren fordert, will die SPD einen barrierefreien Ratssaal und gemeinsam mit weiteren Fraktionen eine Perspektive für die Kulturgemeinde. Die Linke möchte das Kriegerdenkmal besser erläutern (im Uhrzeigersinn). Fotos: Dorn
Von Philipp Weber
Weinheim. Die Verwaltung dürfte in diesen Tagen gut zu tun haben. Wenn die Weinheimer Haushaltsverhandlungen am Mittwoch, 30. Januar, in die nächste Runde gehen, müssen sich Bürgermeister Torsten Fetzner und seine Fachkräfte zu 22 Haushaltsanträgen äußern. So lagen im Vorfeld der vergangenen Ältestenrats-Sitzung Anträge aus allen Fraktionen vor. Ob jeder einzelne ein Fall für die Etatberatungen ist, muss sich aber noch zeigen. Die RNZ stellt alle Anträge vor. Die abschließende Etatberatung ist für den 20. Februar geplant.
> Die CDU setzt sich dafür ein, Gemeinderatssitzungen künftig auch in den Ortsteilen abzuhalten. Dafür hatte sich auch OB-Wahlgewinner Manuel Just im Verlauf seines Wahlkampfs starkgemacht. Nun fordert die CDU, die finanziellen Mittel für entsprechende Logistik und Technik in den Haushaltsplan 2019 einzustellen. Ziel sei, die Gewichtung der Ortsteile in der Kommunalpolitik zu stärken.
Auch der zweite CDU-Antrag hat einen Bezug zu Justs Wahlprogramm. Darin fordern die Christdemokraten, die "Zukunftswerkstatt Weinheim" zu planen und durchzuführen. Die Haushaltsgelder werden für die Verfahrens- und Prozessbegleitung gebraucht. Die Zukunftswerkstatt solle Möglichkeiten aufzeigen, die maßgeblich zur Entwicklung von Stadt und Stadtgesellschaft beitragen.
Die CDU beantragt außerdem Gelder für eine Weinheim-App, über die man neben Sehenswürdigkeiten und Veranstaltungen auch Staus oder freie Parkplätze abrufen kann. Bürger sollen zudem die Möglichkeit erhalten, Missstände direkt per App an die Stadt weiterzumelden. Weitere Beteiligungsmöglichkeiten solle sukzessive dazukommen.
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> Die SPD fordert eine Planungsrate in Höhe von 6000 Euro mit dem Ziel, einen "barrierefreien und dem Charakter des Schlosses angemessenen Zugang" zu Trauzimmer und Sitzungssaal zu ermöglichen. Artikel 21 der UN-Behindertenkonvention räumt Behinderten das Recht ein, sich Informationen und Gedankengut frei zu beschaffen. Dafür sollten auch Ratssitzungen gut erreichbar sein.
Ebenso wie Freie Wähler, FDP und "Die Linke" wollen die Sozialdemokraten den Zuschuss für die Kulturgemeinde erhöhen, damit diese die Theatersaison 2019/20 vertragsgemäß abwickeln kann. Damit erhöht sich der Zuschuss auf 190.000 Euro. Bislang ist die Kulturgemeinde ein Verein. Ob sie das bleibt oder ob die Kulturarbeit künftig direkt bei der Stadt angesiedelt wird, ist noch offen.
Die SPD fordert die Verwaltung außerdem dazu auf, bis März eine Vorlage zur Situation in der Stadthalle vorzulegen. Darin sollen neben der Kulturgemeinde und ihrer Zukunft die Belegung der Stadthalle, das Stadthallenmanagement sowie das Thema "Catering oder Verpachtung" erörtert werden. Aktuell seien viele Veranstalter verunsichert und wünschten Informationen.
Im Verlauf der Begehung des Waidsee-Ufers am gestrigen Mittwoch forderte SPD-Co-Fraktionschefin Stella Kirgiane-Efremidou zudem Geld für neue Duschen im städtischen Strandbad (siehe weiteren Bericht). Die Sozialdemokraten setzen sich dafür ein, dass die Aufenthaltsqualität in dem Strandbad verbessert wird. Auf ihre Anregung hin war auch die Begehung erfolgt.
> Auch die Freien Wähler haben ihren Antrag auf Erhöhung des Zuschusses für die Kulturgemeinde ausformuliert. "Kultur ist ein Geschenk, das erhalten werden muss. Wer seine Kultur vernachlässigt hat, war kurz vor dem Untergang", wählt Fraktionschef Günter Bäro pathetische Worte. Allerdings fordert er auch, bis Ende des Jahres ein finanziell realisierbares Konzept vorzulegen.
> Die GAL will 50.000 Euro, um den Fahrradverkehr zu fördern. Damit sollen Radstellplätze an Marktplatz, Amtshausplatz, Windeckplatz und Hauptbahnhof sowie auf weiteren öffentlichen Plätzen finanziert werden. Außerdem will die GAL radfahrende Schüler schützen und den Schulen bei der Erarbeitung von Schulradwegeplänen unter die Arme greifen, etwa mithilfe von Fachleuten.
Die Fraktion nimmt auch einen neuen Anlauf, um "sozial gerechte" Beiträge für die Kinderbetreuung zu erreichen. Die GAL strebt ein "Weinheimer Modell" an, das ein Runder Tisch mit Fachleuten und Bürgern erarbeitet. Grundsätzlich sollen die Gebühren nach dem Jahreseinkommen der Familie, dem Betreuungsangebot und der Zahl der Kinder, für die Kindergeld gewährt wird, gestaffelt werden.
Mit der Beantragung von 10.000 Euro will die GAL ein Mobilitätskonzept für Weinheim auf den Weg bringen. Die Fraktion geht von wachsenden Verkehrsströmen aus. Sie will daher die Vernetzung der Verkehrsträger ÖPNV, Schiene und Straße fördern - und dem Radverkehr eine wichtigere Rolle zuweisen. Dies unter Einbeziehung der Arbeitgeber und mithilfe von Fördermitteln.
Zuletzt will die GAL 30.000 Euro in ein Flächen- und Wohnraum-Management investieren. Anstatt weiter auf Baugebiete am Stadtrand zurückzugreifen, sagt die Fraktion Überalterungen, Modernisierungsrückständen, Leerständen und Fehlnutzungen in bestehenden Wohn- und Gewerbearealen den Kampf an. Mit der Aufwertung älterer Bereiche werde die Ressource Boden geschützt.
> Die Weinheimer Liste (WL) beantragt, maximal neun zusätzliche städtische Stellen im Haushalt auszuweisen. Die Verwaltung wollte 15,5 Stellen (ohne Beamte) mehr, bei der letzten Hauptausschuss-Sitzung seien immer noch 13 Stellen übrig geblieben, so die Stadträte. Die WL wolle eigentlich gar keine Personalmehrungen mehr. Um mehrheitsfähig zu bleiben, plädiere man nun für neun Stellen.
Mit 20.000 Euro will die Fraktion eine Machbarkeitsstudie für einen "Metropolitan Bike-Way Weinheim/Viernheim/Mannheim" erstellen lassen. Der Fraktion schwebt dabei eine Art Radschnellweg auf dem Gelände der früheren Bahntrasse zwischen Weinheim und Mannheim vor. Diese könnte möglicherweise von der Weinheimer Kernstadt bis zum BASF-Gelände am Rhein führen.
Um eine Kreisentlastungsstraße von Weinheim bis zur Autobahn-Anschlussstelle in Großsachsen zu schaffen, will die WL eine Planungsrate von 50.000 Euro in den Haushalt 2019 einstellen. Zumindest die Begründung ist unstrittig: Eine solche Straße würde für die Bürger eine erhebliche Entlastung, eine Erhöhung der Wohnqualität und des Umweltschutzes mit sich bringen. Auch für Großsachsen sei dies dringend nötig.
> Die FDP fordert 200.000 Euro für Hochwasser-Schutzmaßnahmen am Landgraben in der Ofling und am Neugraben bei Sulzbach. Auch die für 2020 vorgesehenen Gelder zur Sanierung der Brücke "Landgraben/Pumpwerk", ebenfalls um die 200.000 Euro, müssten wohl auf 2019 vorgezogen werden. Die FDP erinnert daran, dass ein 2018 beauftragtes Gutachten in diesem Quartal fertig wird.
Die FDP beantragt zudem, dass die Verwaltung spätestens zu Beginn der Haushaltsverhandlungen 2020 eine Eröffnungsbilanz vorlegt, wie sie das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen des Landes fordert. Die Voraussetzungen - insbesondere eine Inventur und Bewertung der Vermögenswerte - müssten bereits 2019 erfüllt werden.
Mit der zuletzt fehlenden Eröffnungsbilanz befasst sich auch der dritte Antrag der FDP. Falls die personell gebeutelte Kämmerei die 2019 und 2020 erforderliche Bilanz und die dazugehörenden Rechenschaftsberichte weiter nicht vorlegen kann, plädiert die Fraktion dafür, eine Wirtschaftsprüfungskanzlei zu beauftragen und die Mittel dafür einzuplanen.
Außerdem wollen die Liberalen die Anträge zugunsten der Kulturgemeinde, der Tagesmütter und des Generationentreffs "Das Wohnzimmer" unterstützen.
> Denn "Die Linke" möchte den Zuschuss für Tagesmütter von 1,50 auf zwei Euro pro Betreuungsstunde erhöhen. Die Tagesmütter stellten eine wichtige Säule im Betreuungsangebot der Stadt dar. Seit 2013 bekommen sie 1,50 Euro je Betreuungsstunde von der Stadt. Seither seien unter anderem die fachlichen und baulichen Anforderungen gestiegen. Auch das Land habe seine Gelder nicht erhöht.
Die Fraktion fordert zudem 10.000 Euro, damit der Bürgerverein Weinheim West die Kosten für das ehrenamtlich betriebene Projekt "Das Wohnzimmer" leichter tragen kann. Der Ende 2018 eröffnete Treffpunkt mit Café-Charakter beuge der Vereinsamung Älterer und Ärmerer vor. Mithilfe des Förderbetrags hätten die Betreiber Planungssicherheit.
Den Linken-Stadträten sei vor einem Jahr in Aussicht gestellt worden, die Infotafel am Kriegerdenkmal in der Bahnhofstraße mit einem QR-Code zu versehen, heißt es im nächsten Antrag. Damit könnten internationale Gäste die Erläuterungen zu den historischen Hintergründen des Denkmals in mehreren Fremdsprachen abrufen. Da sich seither nichts getan habe, beantrage man nun 5000 Euro.
Außerdem wollen die Linken, dass Weinheim den Zuschuss für die Stadtkapelle von 3200 auf 5000 Euro erhöht. Die ehrenamtlichen Mitglieder der Kapelle spielten eine wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt. Die Erhöhung des Zuschusses sei daher auch als Wertschätzung zu verstehen. Außerdem solle die Zusammenarbeit der Kapelle mit der Musikschule vertieft werden.



