Weinheim

Harsche Kritik an "Sport-Gebühr" der TSG für die Sportkita

Künftige Zusatzbeitrag von Eltern - SPD, GAL, WL und Linke sind strikt dagegen - Abstimmung gefordert

11.04.2019 UPDATE: 12.04.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 35 Sekunden

In Seppl’s Herberge entsteht eine Sportkita, Betreiberin ist die TSG 1862. Foto: Kreutzer

Weinheim. (web) Die TSG Weinheim lässt die frühere Stadiongastronomie "Seppl’s Herberge" in eine Sportkita umbauen. Hier sollen schon ab dem kommenden Sommer 35 Kinder unterkommen, was der Stadt angesichts der angespannten Platzsituation in den Kindergärten nur recht sein kann.

Doch da gibt es ein Problem: Während die allgemeinen Kita-Gebühren hier genauso hoch sind wie in fast allen anderen Weinheimer Kindergärten, will die TSG als künftige Betreiberin einen Zusatzbeitrag für ihre sportpädagogischen Angebote erheben. Der Verein begründet dies mit Kosten für Sportmaterial und Fachpersonal.

Zweites Problem: Als im Winter noch die grundsätzliche Aufnahme der Sportkita in den stätischen Bedarfsplan zur Debatte stand, hatte die Verwaltung die Höhe des Zusatzbeitrags auf rund 100 Euro monatlich taxiert. Außerdem hatten die Verwaltungsvertreter um Bürgermeister Torsten Fetzner angeregt, den Zusatzbeitrag eventuell sozial zu staffeln: anhand der Einkommen der Eltern. Doch damit ist es jetzt vorbei. Es soll bei 100 Euro bleiben, für alle.

Bei einer sozialen Staffelung könne der Verein auf einem Defizit sitzen bleiben, das die Stadt Weinheim tragen müsste, erklärt die Verwaltung. Doch damit entstehe ein Präzedenzfall, auf den sich auch andere Einrichtungen berufen könnten. Die umstrittene Zusatzgebühr stand am Mittwoch auf der Tagesordnung des Gemeinderats.

Allerdings war kein Beschluss vorgesehen, sondern nur eine Kenntnisnahme vonseiten des Gremiums. Der Gemeinderat werde im kommenden Herbst eine Abstimmungsvorlage zum Thema "Sozialstaffelung von Betreuungsgebühren" erhalten, so Fetzner.

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Würde es nach Heiko Fähndrich (CDU) gehen, könnte ohnehin alles so bleiben, wie es ist. "Wir haben schon eine soziale Staffelung, nämlich anhand der unter 18-jährigen Kinder in einer Familie."

Einkommensunterschiede gleiche in erster Linie der Bund aus, über das Thema "Besteuerung". Ebenso wie er brachte auch Christina Eitenmüller (Freie Wähler) Verständnis für die Zusatzgebühr auf. Ausgebildete Sportpädagogen würden eben Geld kosten.

Allerdings habe sie sich geärgert, weil die Verwaltung auf das Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes verweist. "Dabei werden nur zehn Euro übernommen. Doch wer sich die 100 Euro nicht leisten kann, schafft auch keine 90 Euro."

Stella Kirgiane-Efremidou brach erneut eine Lanze für die Sozialstaffelung: "Es gibt Familien, die ihre fünf Kinder locker finanzieren; aber eben auch Alleinerziehende, die schon mit einem überfordert sind." Wenn dazu noch eine 100-Euro-Zusatzgebühr komme, drohe - zumindest Kita-intern - die Errichtung einer Zweiklassengesellschaft. Sie verlangte von Sitzungsleiter Fetzner, über die Vorlage abstimmen zu lassen. Was dieser aus rechtlichen Gründen jedoch ablehnen musste. "Damit haben wir über die Zusatzgebühr nie abgestimmt. So sollte man in Zukunft nicht mehr vorgehen", rügte die SPD-Sprecherin und verlangte energisch, das Thema im Herbst aufzugreifen.

Auch Cornelia Münch-Schröder (GAL) warnte vor einer sozialen Spaltung der Kindergartenkinder. Sie regte erneut an, die Zusatzgebühr an die Kosten für die bereits bestehende Kindersportschule der TSG anzugleichen. "Es ist schade, dass dieses Thema im neuen TSG-Journal so nicht vorkam", übte die Grüne Medienkritik: "Aber immerhin haben wir viel über das pädagogische Konzept gelernt, was für die letzten Sitzungen hier nicht galt." Auch Michael Lehner (WL) knöpfte sich den Mehrspartenverein vor: "Die TSG muss sich fragen, ob sie den Sport-Nachwuchs nur noch aus den Reihen der Besserverdienenden rekrutieren will", sagte er.

Nachdem sich Wolfgang Wetzel (FDP) auf die Seite der Verwaltung geschlagen hatte, war die Bühne frei für Carsten Labudda (Die Linke). "Wir sind hier nicht für die bundesweit geltende Besteuerung von Einkommen zuständig! Wir haben hier in Weinheim 2000 Menschen, die am Tropf von Hartz 4 hängen!", wetterte er gegen Zwischenrufe aus dem "bürgerlichen" Lager an. Kinder von Erwerbslosen oder Geringverdienenden hätten keine Chance auf Teilhabe an dem Sportangebot.

Ort des Geschehens

Uli Sckerl (GAL) ging konzilianter vor. Er wolle die TSG nicht kritisieren, sagte der Stadtrat und Landtagsabgeordnete. Aber ein Präzedenzfall entstehe eben auch dann, wenn die 100-Euro-Gebühr für alle Sportkita-Kinder kommt. Wer könne denn garantieren, dass es nicht irgendwann auch eine Kita mit musischem oder inklusivem Zusatzangebot gibt, das ebenfalls extra kostet, fragte er sich. Und: Ebenso wie der soziale Ausgleich über die Besteuerung von Einkommen gehöre auch der gleichberechtigte Zugang zu Bildungseinrichtungen zu den Grundprinzipien dieses Staates: "Deshalb werden wir noch einmal darüber reden müssen."

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