Gastronom denkt in Zeiten der Corona-Krise an andere
Ein Zeichen der Solidarität - Er kocht jetzt für Menschen - Freiwillige liefern aus

Von Philipp Weber
Weinheim. Ein Stammgast hat Philipp Weigold und seine Frau Renate auf die Idee gebracht: Der Herr hatte die beiden Gastronomen dringend darum gebeten, ihn auch in der Zeit der Corona-bedingten Restaurant-Schließung zu verköstigen. Jetzt wollen die Betreiber der gehobenen Gastronomie "Esszimmer in der Alten Post" kochen – unentgeltlich und in allererster Linie für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, sich zu Hause ein ordentliches Essen zuzubereiten. Das können ältere oder kranke Menschen sein, aber zum Beispiel auch ein elfjähriger Junge, dessen Eltern derzeit rund um die Uhr in der Klinik schuften. "Unser Kühlhaus ist noch gut bestückt, und solange die Händler noch Waren übrig haben, machen wir das gern", so Philipp Weigold.
Zunächst habe er überlegt, das Essen in seiner Wohnung zuzubereiten, schließlich griff er aber doch auf die Restaurantküche zurück. "Die Kosten laufen ja weiter, sodass wir unsere Infrastruktur auch sinnvoll nutzen können." Die Auslieferung übernehmen Freiwillige. Sie klingeln bei den Abnehmern, dann verlassen sie den Bereich vor der Haustür, um Ansteckungsgefahren auszuschließen. Das Essen selbst wird vakuumiert verpackt. Wer es bekommt, muss es nur noch aufwärmen. Renate und Philipp Weigold halten bei der Zubereitung der "Carepakete" alle Hygieneregelungen ein, wobei in der professionellen Gastronomie ohnehin hohe Standards gelten.
Als die RNZ am Sonntag beim "Esszimmer" anrief, hatten die Weigolds gerade Essen für die Woche verkocht. Geld wollen die Gastronomen nicht. Wer etwas geben will, kann dies tun. Die Beträge sollen am Ende der Aktion aber gespendet werden, so Philipp Weigold. "Wir wollen auch keine Konkurrenz zu den Tafeln hier in der Region aufbauen", sagt er. Das verdeutliche er auch allen Lieferanten, die ebenfalls kein Geld für die übrig gebliebenen Waren verlangen.
Am Anfang wollten die Weigolds vor allem Weinheim in den Blick nehmen. Doch nach einem ersten Aufruf über Facebook meldeten sich auch Menschen aus Hirschberg-Großsachsen und Gorxheimertal. Um die Idee zu verbreiten sind die Weigolds und ihre Partner auch auf soziale Einrichtungen und die Stadt Weinheim zugegangen. Sie können sich auch vorstellen, für Polizisten, Feuerwehrleute oder Menschen aus dem Gesundheitswesen zu kochen. Prinzipiell ist alles möglich, so lange Waren und Kochkapazitäten ausreichen.
Auch interessant
Wichtig ist Weigold, dass die ganze Sache nicht als Werbung für seine gehobene Gastronomie zu verstehen ist, mit der er sich in Weinheim auch so wohlfühle. "Wir haben einfach etwas übrig und wollen etwas Gutes tun", betont er.
Info: Und so funktioniert’s: Wer zur Zielgruppe gehört, kann sich unter willkommen@esszimmer-weinheim.de oder unter 06201/8 77 67 87 bei dem Restaurant melden, jeweils am Vortag der Lieferung und bis 14 Uhr. Die Ess-Pakete kommen am darauf folgenden Tag zwischen 11 und 13 Uhr. Spenden von Lebensmittelhändlern und Firmen sind willkommen.



