Weinheim

Die Trockenheit schadet den Bauern mehr als Corona

Landwirte beschäftigen kaum Helfer aus Osteuropa - Regenfreies Frühjahr kann zu Ernteeinbußen führen - Kampf um Flächen

09.04.2020 UPDATE: 15.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Vor sechseinhalb Jahren klärte ein Bürgerentscheid das Schicksal der Breitwiesen unweit des Autobahnkreuzes: Sie werden kein Gewerbegebiet, sondern bleiben Ackerland und Wiesen. Heute ist die Kulturlandschaft wieder bedroht – von der anhaltenden Trockenheit. Fotos: Kreutzer

Von Philipp Weber

Weinheim. So verschieden kann es zugehen innerhalb einer Branche: Während die Obst- und Gemüseproduzenten in Hirschberg und Ladenburg zuletzt händeringend nach Erntehelfern suchten, sehen die Weinheimer Bauern die Lage entspannt. Das gilt jedenfalls in Bezug auf die Coronakrise. Andere Thematiken treiben die Landwirte dagegen nach wie vor um. Dazu zählt die Tatsache, dass das Frühjahr bislang trocken ausgefallen ist. Insgesamt erfreulich sei es dagegen, dass die Stadtbevölkerung in diesen Tagen öfter rauskomme auf die Felder, so Fritz Pfrang, Vorsitzender des Weinheimer Bauernverbands.

Bauernverbandsvorsitzender Fritz Pfrang.

Der Verband vertritt 15 Landwirte. Laut Vorsitzendem Pfrang überwiegen in Weinheim und den Nachbarkommunen im Norden klassischer Ackerbau und Viehzucht. "Einige Weinheimer Betriebe haben Helfer aus Osteuropa", so Pfrang. Dabei handle es sich aber um wenige Kräfte, nicht um eine dreistellige Zahl von Menschen. Traditionell stehe in Weinheim der Anbau von Getreide, Mais und Futtergras im Vordergrund, wobei die Fläche für Weiden zuletzt stark abgenommen habe, berichtet Pfrang.

"Zu Beginn der Coronakrise sind die Getreidepreise stark gefallen", so der Bauernvertreter. Da die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln aber ungebrochen ist, hätten sich auch die Preise erholt. "In Bezug auf dieses Thema können wir also entspannt sein", sagt er. Das gilt allerdings nicht in Bezug auf das Klima.

Wobei auch hier das Sein das Bewusstsein prägt: Während sich Händler und Städter über das zuletzt trockene Wetter freuten, ist es für die Landwirte ein Problem. "Es hat wochenlang nicht geregnet", erklärt Pfrang: "Viele hatten zuvor Dung ausgebracht, der seine Wirkung kaum entfalten konnte. Daher kann es passieren, dass die Ernteerträge geringer ausfallen. Es gibt dann weniger tragende Ähren."

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Sollte die Trockenheit mit heftigen Regengüssen enden, hätten die Bauern gleich ein neues Problem. Der Dung könnte fortgespült werden. Das trockenste Frühjahr, an das Pfrang sich erinnern kann, liegt indes noch vor der Zeit der Klimadebatten. Das war 1976. Damals ließ sich der Regen Zeit, bis in den Sommer hinein. Dieses Jahr verschärft sich das Problem indes, weil der Wind zuletzt sehr oft von Osten blies. Westwind bringt mehr Feuchtigkeit, was Pflanzen eher spüren als Menschen.

Pfrang könnte noch viel mehr erzählen, etwa über die Folgen der letzten Hitzesommer. Oder darüber, dass auch die Menge an Silage kleiner geworden ist. Freude macht ihm dagegen, dass es die Weinheimer wieder hinaus auf die Felder zieht. "Es sind bestimmt doppelt so viele Leute unterwegs wie sonst", schätzt er. Ab und an merke er, dass es viele gar nicht gewohnt sind, einem Fuhrwerk ausweichen zu müssen.

"Die scheinen gar nicht zu wissen, was der Bauer von ihnen will, wenn er aufs Feld abbiegt und die Leute im Weg stehen", sagt Pfrang. Er grüße trotzdem jeden. "Wir Bauern kämpfen in Weinheim um den Erhalt unserer Flächen", erinnert Pfrang an die Auseinandersetzungen um die Ausweisung neuer Gewerbegebiete. Wenn die Menschen auf die Feldwege strömen, nähmen sie wieder den Wert der fruchtbaren Ebene im Westen der Stadt wahr, so Pfrangs Hoffnung.

Ein Termin ist jetzt doch vertagt worden, erklärt Pfrang in Bezug auf die Coronakrise: die Versammlung der Jagdgenossenschaft. Bei Jagdgenossen handelt es sich um Eigentümer von Grundstücken. Präziser: von Flächen, auf denen Jäger ihrem Handwerk nachgehen können. Diese Jagdpächter wiederum müssen Gelder an die Jagdgenossen zahlen. Über die Verwendung dieser Mittel wird im Verlauf der Versammlung entschieden.

Oft erscheint nur ein Bruchteil der Berechtigten. Das Geld fließt dann meist in Maschinen, die gemeinsam genutzt werden. Der Weinheimer Oberbürgermeister hat den Vorsitz inne, da der Gemeinderat ihn dazu ermächtigt hat. "Das ist eine Weinheimer Besonderheit, die es anderswo in dieser Form nicht gibt", sagt Pfrang. Aber auch hierzu hat er eine Anekdote parat.

Bis ins Jahr 2013 habe Heiner Bernhard, der damalige Oberbürgermeister, die Versammlungen geleitet. Dann kam Weinheims letzter Bürgerentscheid. Die Mehrheit der Wähler verhinderte eine Gewerbeentwicklung im Gewann Breitwiesen. Danach habe Bernhard – ein glühender Befürworter dieser Entwicklung – die Versammlung nie mehr besucht. Für ihn übernahm Erster Bürgermeister Torsten Fetzner – übrigens nicht nur bei dieser Gelegenheit.

Fetzner sprang auch im Frühjahr 2019 ein, als der heutige OB Manuel Just die Wahlanfechtungsprozesse seiner Gegnerin Friedhild Miller abwartete. Diesen Frühling hätte Just "Premiere" feiern dürfen. "Jetzt haben wir die Versammlung mit Just verschoben, aber sie findet noch statt", verrät Pfrang. Stets einer der Tagesordnungspunkte: das "Gespräch mit der Verwaltungsspitze".

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