Die Stadt bekommt eine neue politische Kraft
Die Stadträte Susanne Tröscher und Matthias Hördt sowie weitere Bürger stellen sich 2024 als Wählervereinigung "Mehr Demokratie in Weinheim" zur Wahl.

Von Philipp Weber
Weinheim. Die Wahlberechtigten in der Zweiburgenstadt bekommen für die Kommunalwahl 2024 aller Wahrscheinlichkeit nach eine weitere Option. Etablierte Kommunalpolitiker und interessierte Bürger wollen unter dem Namen "Mehr Demokratie in Weinheim" (WMD) eine Wählervereinigung bilden und bei der Wahl antreten. Das bestätigt eine der Aktiven, Susanne Tröscher, am Donnerstag im RNZ-Gespräch. Die Journalistin Christina Schäfer hatte zuerst berichtet. Die WMD-Liste wird im Gemeinderat nicht vor 2024 aktiv, bis dahin bleiben alle Beteiligten, wo sie heute sind.
> Die Personen: Die seit 2004 amtierende Stadträtin Susanne Tröscher hatte bis Oktober 2021 der CDU-Fraktion angehört. Nachdem ihr die Fraktionskollegen das Mandat für den Technischen Ausschuss entzogen hatten, trat sie aus. Seither ist sie fraktionsfreie Einzelstadträtin. Im weiteren Verlauf des Jahres 2021 scheiterte auch ein Engagement im interkommunalen Gutachterausschuss auf dem Ticket der GAL, da eine Mehrheit des Gemeinderats sie in einer hitzigen Sitzung abgelehnte. Um Matthias Hördt, ebenfalls ein erfahrener Lokalpolitiker, gab es zuletzt weniger Aufregung. Er sitzt seit 2014 an der Seite von Carsten Labudda in der Fraktion von "Die Linke". Hördt und Tröscher eint die Kritik an der gewerblichen Erschließung von fruchtbarem Ackerland. Zuletzt hatten beide geholfen, Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen ein Festhalten an der 2019 beschlossenen Bebauung der Hinteren Mult zu sammeln.
Der Initiator der Wählervereinigung ist jedoch Friedrich Scheurich, der die Ratspolitik intensiv beobachtet und sich Veränderungen wünscht. Vierter im Bunde ist Thomas Bosch von der "Schutzgemeinschaft Hintere Mult". Weitere Bürger hätten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit signalisiert, Interessierte seien jederzeit willkommen, so Tröscher.
> Die Motivation: "Wir haben uns über das Thema Hintere Mult zusammengefunden", sagt Tröscher. Dass OB Manuel Just und die Ratsmehrheit trotz eines rund 5000 Unterschriften zählenden Bürgerbegehrens an der Bebauung des Gebiets festhielten und im Gemeinderat mit zwei Auftragsgutachten konterten, habe die Bürger politisiert, so Tröscher. Das Engagement der Wählervereinigung solle aber weit über das Thema Bodenschutz hinausgehen. Denn auch sonst wünsche man sich eine stärkere Rückkoppelung des jeweils für fünf Jahre gewählten Gemeinderats an die Bevölkerung.
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> Erste politische Positionen: Die WMD sehe sich in der politischen Mitte, betont Tröscher. Extrempositionen seien nicht willkommen. Eine der ersten Forderungen besteht darin, die Bewirtschaftungsmittel des Oberbürgermeisters zu senken: Seit 2014 darf der Weinheimer OB über Aufträge im Wert von bis zu 100.000 Euro selbst entscheiden. Die neue politische Kraft plädiert für eine Halbierung dieses Betrags auf 50.000 Euro. Was darüber hinausgeht, soll wieder im Gemeinderat entschieden statt dort nur zur Kenntnis genommen werden.
In Bezug auf weitere Details verweist Tröscher auf eine Vorstellung der Vereinigung, die noch kommt. Prinzipiell strebe man eine andere Gewichtung in dem von Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Kräften dominierten Gemeinderat an. Es geht ihr um nicht weniger als ein neues, ehrlicheres und pragmatischeres Miteinander von Bürgern, Gremien und Verwaltung.
> Was der Linken-Fraktionschef dazu sagt: Aussagen, laut denen Hördt der linken Seite des Ratssaals aufgrund einer zuletzt unrunden Zusammenarbeit den Rücken kehren will, möchte Labudda im RNZ-Gespräch nicht kommentieren: "Solche Dinge gehören nicht an die Öffentlichkeit." Die Fraktion von "Die Linke" werde bis zur Wahl und Neukonstituierung des Gemeinderats 2024 verlässlich weiterarbeiten. "So ist die Absprache." Wer dann für "Die Linke" in den Gemeinderat einzieht, entschieden die Wählenden.