Waghäusel/Angelbachtal

Freiheitskämpfer Hecker hinterließ tiefe Spuren

Amerikanische Nachfahren von Friedrich Hecker waren in der Region zu Besuch in Waghäusel, Angelbachtal und Heidelberg.

21.06.2023 UPDATE: 21.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Ging in die Geschichtsbücher ein: Die Badische Revolution von 1848/49. Foto/Repro: Of

Waghäusel/Angelbachtal. (Of) Friedrich Karl Franz Hecker ist eine zentrale Figur der Badischen Revolution von 1848/49. Ebenso die "Schlacht bei Waghäusel" am 21. Juni 1849. Auf dem Gelände der Zuckerfabrik und Eremitage Waghäusel standen sich vor 174 Jahren die badischen und die zahlenmäßig deutlich überlegenen preußischen Truppen gegenüber.

Autor und Journalist Frank Winter, in Karlsruhe geboren, in Bruchsal aufgewachsen und heute in Frankfurt lebend, hat sich nun in seinem Buch "Den Feigen tritt jeder Lump" dem Leben und Wirken Heckers gewidmet und einige Hecker-Nachfahren aus Amerika in der Rhein-Neckar-Region begrüßt.

Geboren am 28. September 1811 in Eichtersheim, war Hecker nach der Niederlage des nach ihm benannten Aufstands, des "Heckerzugs", nach Amerika emigriert, wo er am 24. März 1881 im Alter von 70 Jahren in Summerfield, Illinois, verstarb. Sein Markenzeichen: der breitkrempige Heckerhut mit badischem Farbenband, Rosette und Federschmuck.

Eine Gedenktafel in Heckers Geburtshaus erinnert an ihn wie auch ein Gymnasium in Radolfzell und eine Schule in Sinsheim, die seinen Namen tragen. In vielen Städten Badens, darunter Heidelberg, wo Hecker Jura studierte, sind Straßen nach ihm benannt.

Frank Winters Vorfahr, Johann Winter, war im Jahr 1845 ebenfalls nach Illinois emigriert. Journalist Winter hatte daher in der Vergangenheit Archive gesichtet und mit Nachfahren Heckers in St. Louis/Missouri gesprochen. Auf ihrem Deutschland-Trip machten die Hecker-Nachkommen nun in Heidelberg, Angelbachtal und Waghäusel Station: "Fast alle trugen das Hecker-Namensschild am Revers oder hatten den Hut auf", so Winter. Hecker hatte insgesamt neun Kinder gezeugt, wobei vier schon sehr früh starben. Nach den in Deutschland geborenen Kindern Arthur, Malvina und Erwin kamen später in Belleville/Illinois weitere Nachkommen zur Welt. Lansing Hecker, Deutsch-Amerikaner der vierten Generation, würdigte seinen Ururgroßvater in einem Vorwort als "den stürmischen, rothaarigen Heißsporn". Er sei ein überzeugter Demokrat gewesen, der frustriert nach Amerika ausgewandert sei, um dort neu zu beginnen.

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Das Geburtshaus von Friedrich Karl Franz Hecker befindet sich in Eichtersheim, heute Angelbachtal. Foto: Of

Verheiratet war Friedrich Hecker seit 1839 mit der Mannheimerin Marie Josefine Eisenhardt. Als guter Redner sei er von seinen radikaldemokratischen, sozialistischen Ideen überzeugt gewesen, forderte 1847 unter dem Eindruck grassierender Hungersnöte und des Missverhältnisses zwischen Kapital und Not eine deutsche Republik und die Demokratie ein. Versammlungen in Offenburg und Karlsruhe hatten im Frühjahr 1848 Hoffnung geschürt, doch die Eingaben am Frankfurter Vorparlament scheiterten.

Enttäuscht unternahm Hecker zusammen mit seinem Gesinnungsgenossen und Freund Gustav von Struve am 13. April 1848 dann den bewaffneten Aufstand von Konstanz nach Karlsruhe: Dieser ging zwar als "Heckerzug" in die Geschichte ein, scheiterte jedoch an der übermächtigen gegnerischen Militärmaschinerie im entscheidenden Gefecht. "Wir standen auf und unterlagen, weil beim Volke der Mut der Tat nicht dem Mut des Wortes gleichkam", so Hecker 1848 in Straßburg.

Im Anschluss floh er zunächst nach Basel, zog später ins Elsass weiter, wo ihm die Behörden umgehend mit Ausweisung drohten. Hecker beschloss also, in die USA auszuwandern: Am 20. September 1848 setzte er von Le Havre aus nach New York über, wo ihm bei seiner Ankunft 20.000 Menschen zujubelten. Im Mai 1849 reiste er nochmals für kurze Zeit nach Europa. Er wollte die badische Revolutionsarmee unterstützen, die allerdings schon kurz nach seiner Ankunft – blutiger als zuvor – niedergeschlagen wurde. Am 23. Juli 1849 siegten damit die preußischen Truppen in Rastatt.

Hecker war zu spät und kehrte Baden damit endgültig den Rücken, fristete das harte Leben eines Bauern in Illinois und erreichte, was kaum einem Akademiker gelang: Seine Farm in der Prärie florierte, doch auch in den USA legte er seine Überzeugungen nicht ab.

Er zog als Oberst des "24th Illinois Infantry Regiment" in den amerikanischen Bürgerkrieg und kämpfte auch dort für Freiheit und Gerechtigkeit. Ein letztes Mal, 1873, besuchte er Deutschland. Der promovierte Jurist Hecker, der seine gut gehende Anwaltspraxis in Mannheim verließ, um für die Demokratie zu kämpfen, nahm auch in Mannheim kein Blatt vor den Mund. Vor einer riesigen Menschenmenge erklärte er, dass Einheit ohne Demokratie gar nichts bedeute.

Frank Winter, überrascht davon, dass es bisher weder ein Buch, geschweige denn ein Denkmal über Hecker gab, will weiter "am Ball" bleiben und auch künftig auf seinen Spuren in der Region unterwegs sein und Buchlesungen anbieten.

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