Viele Rückmeldungen

GRN-Klinik startete Aufruf zum Nähen einfacher Schutzmasken

Inzwischen haben sich so viele Näherinnen gemeldet, dass die Lebenshilfe nicht mehr zuliefern kann.

31.03.2020 UPDATE: 01.04.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden
Mitarbeiter der Gesundheitszentren Rhein-Neckar (GRN) schnitten den Stoff zurecht, ehe er an die ehrenamtlichen Näherinnen verteilt wurde. Diese daraus gefertigten Masken dienen dazu, eine Ausbreitung des Coronavirus unter dem Krankenhauspersonal und den Patienten zu minimieren. Sie helfen nicht, sich selbst vor einer Infektion zu schützen. Der beste Eigenschutz ist immer noch: Abstand halten. Foto: König

Von Philipp Weber

Weinheim. Mit so einer Resonanz hat selbst die Ideengeberin nicht gerechnet: Dr. Elke König hatte die Initiative ergriffen. Die Chefärztin der Anästhesie und Intensivmedizin an der GRN-Klinik in Weinheim sah, wie in der Coronakrise Material knapp wurde. Das galt nicht zuletzt für einfache Mund-Nasenschutz-Masken, mit denen Ärzte und Pfleger die Patienten vor Ansteckungsgefahren bewahren. König wollte etwas tun – und ließ ihre Beziehungen zum Industriekonzern Freudenberg spielen. Und tatsächlich: Die Firma spendete den notwendigen Stoff, mit dem sonst Bettwäsche für Allergiker hergestellt wird.

Inzwischen haben sich so viele Näherinnen – nach Königs letztem Stand ist kein Mann darunter – gemeldet, dass die Lebenshilfe nicht mehr zuliefern kann. Diese hatte zunächst den Transport des Stoffs zu den Freiwilligen gemanagt, da die Fahrzeuge wegen der andauernden Schulschließungen kaum Verwendung finden.

> Das Material und die Verarbeitung: Laut Chefärztin König und der GRN-Pressestelle hat Freudenberg rund 200 Kilo beziehungsweise 2000 Quadratmeter Stoff geliefert (500 mal vier Quadratmeter). Das reicht für mindestens 10.000 Mundschütze. Zugute kommen sollen sie der GRN-Klinik in Weinheim, dem dortigen GRN-Betreuungszentrum und dem Pilgerhaus. Zugeschnitten und gewaschen wurde der Stoff in Klinik und Betreuungszentrum. Beschäftigte aus mehreren Abteilungen hatten sich für diese Arbeit gemeldet.

Als Näherinnen sprangen zunächst Frauen ein, die üblicherweise Herzkissen nähen. Diese sollen Brustkrebspatientinnen Mut machen. Doch die Aktion hat längst weitere Kreise gezogen. Einzelne und Gruppen aus Weinheim und Umgebung meldeten sich, boten ihre Hilfe an. "Mein letzter Stand war, dass wir bei über 150 Näherinnen sind", so König. Schon am vergangenen Freitag habe die Lebenshilfe 100 Adressen angefahren. Die Lieferanten klingelten kurz, legten die Taschen mit Stoff, Musterschnitt und Anleitung vor die Türen der Näherinnen. Dann ging’s weiter, unnötiger Kontakt wurde so vermieden. Inzwischen sollte jeder – oder besser: jede – den Stoff selbst holen und die Masken zurückbringen. Jede Näherin hat die Erlaubnis, zwei Exemplare zu behalten.

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> Die Masken und die Verwendung: Die selbst gefertigten Masken können theoretisch an Menschen mit Atemwegsinfektionen – unabhängig welcher Art – verteilt werden, um andere vor Ansteckung zu schützen. Sie werden nicht bei der Behandlung von Infizierten eingesetzt. Das heißt: Wer eine solche Maske aufhat, schützt gerade in der jetzigen Situation andere davor, sich bei ihm oder ihr mit dem Coronavirus anzustecken. Sie schützt keineswegs davor, sich selbst bei anderen zu infizieren. Wenn eine derartige Maske zum Beispiel aus Baumwolle besteht und doppellagig ist oder aber aus speziellem Kunststoff wie dem von Freudenberg, ist sie normalen Mund-Nasenschutz-Masken ebenbürtig. Letztere kommen weiter bei Operationen zum Einsatz. Generell schützt diese Art von Masken Patienten vor dem Tröpfchenschleier, der beim Sprechen entsteht. Jede der Masken sollte an den Rändern eng an der Haut aufliegen, dann gewährt sie dem Gegenüber einen guten Schutz vor einer Ansteckung.

Die Nähanleitung stammt von Andrea Buttermann, Schneiderin und Betreiberin eines Modeateliers. Die Anleitung wird an die ehrenamtlichen Näherinnen verteilt, wenn diese den Stoff abholen. Wer später ein Masken-Set zu drei bis vier Stück bekommt, soll das Material wiederverwenden, indem sie oder er es abends zehn Minuten lang auskocht. Außerdem kann man die Masken waschen, bei mittlerer Wärme bügeln und zum Trocknen aufhängen. Im Einsatz sollte die Maske alle zwei Stunden gewechselt werden. Grundidee ist, dass jeder jeden schützt.

> Klinikbetrieb und Ausrüstung: Nach eigenen Angaben haben alle vier GRN-Kliniken im Rhein-Neckar-Kreis am Montag 2000 Mund-Nasenschutz-Masken (MNS) erhalten sowie 5000 sogenannte FFP2-Masken. Bei Letzteren handelt es sich um spezielle Filtermasken, die Ärzte und Pfleger vor Ansteckung durch Covid-19-Patienten schützen. Es gingen 240 MNS- beziehungsweise 600 FFP2-Masken an die Klinik in Weinheim. Weitere Lieferungen sind für diese Woche angekündigt, aber noch nicht angekommen. Chefärztin König freut sich zudem, dass die Baumarktkette Bauhaus 2000 Schutzanzüge gespendet hat.

> Infizierte und Verdachtsfälle: Es gibt in der Weinheimer Klinik elf bestätigte Fälle und sechs Verdachtsfälle, die auf Normalstation isoliert sind. Ein bestätigter Fall ist es auf der Intensivstation. Der oder die Betroffene wird beatmet. Zur Zeit reichen die Beatmungsbetten aus, es seien insgesamt recht wenige beatmete Fälle, teilt die GRN mit (Stand Dienstag).

Info: Wer helfen will, kann sich an Dr. Elke König wenden. Kontakt: elke.koenig@grn.de. Infos gibt es auch bei Inge Langer aus Fürth, die selbst näht. Mails an langer.inge@t-online.de.

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