"Ich wollte verhindern, dass jemand stirbt"
Die Leimenerin Daniela Bartel verfolgte eine Betrunkene auf einer halsbrecherischen Unfallfahrt - Polizei ist dankbar, rät aber davon ab

Daniela Bartel vor dem Ford eines Bekannten, den sie gerade fährt: "Mit meinem VW Polo wäre ich nicht hinterher gekommen", schmunzelt die 38-jährige Leimenerin. Foto: Alex
Von Christoph Moll
Sandhausen/Leimen. "Diesen Abend werde ich nie vergessen", sagt Daniela Bartel. Kein Wunder. Denn was die 38-Jährige am Freitag ab 23 Uhr erlebt hat, bietet Stoff für einen Actionfilm. Die Leimenerin verfolgte eine Betrunkene, die über zig Kilometer auf der Fahrt von Sandhausen bis nach Mannheim mehrere Unfälle verursachte und immer wieder mit Karacho davonbrauste. Dank der Hinweise von Daniela Bartel gelang es der Polizei schließlich, die 37-jährige Unfallfahrerin endgültig stoppen. Die Polizei ist dankbar, rät aber von solchen Verfolgungsjagden grundsätzlich ab.
So schnell kann es gehen. Daniela Bartel war am Freitagabend noch kurz beim Rewe-Markt in Sandhausen etwas einkaufen - und fand sich wenige Minuten später schon mitten in einer Verfolgungsjagd wieder. Auf dem Rückweg nach Leimen kam der 38-Jährigen in der Bahnhofstraße ein Renault entgegen, der fast auf ihrer Seite fuhr. "Im Rückspiegel habe ich gesehen, dass die Fahrerin mit ihrem Wagen mehrere Poller abgeräumt hat - fast wäre sie auch noch mir ins Auto gefahren", erzählt die Hausfrau. "Dann hat sie sich aus dem Staub gemacht."
Daniela Bartel fuhr hinterher. In der Heidelberger Straße gelang es ihr per Warnblinker, die Frau zum Anhalten zu bewegen und auf den Unfall anzusprechen. "Schon als sie ausgestiegen ist, schwankte sie", erzählt die Leimenerin. "Da habe ich gemerkt, dass da etwas nicht stimmt und wohl Alkohol im Spiel ist." Deshalb versuchte Daniela Bartel, die Fahrzeugschlüssel aus dem Auto zu nehmen. Doch als die 37-Jährige dies bemerkte, wurde sie aggressiv und schubste die Leimenerin weg. Anschließend stieg sie in ihr Auto und brauste davon. Daniela Bartel fuhr wieder hinterher und wählte den Polizeinotruf. "Ich habe die Polizistin am Telefon die ganze Zeit informiert, wo die Frau fährt und mit welcher Geschwindigkeit", erzählt Bartel.
Die Betrunkene überfuhr unter anderem eine rote Ampel. Es ging weiter auf die Sandhäuser Umgehungsstraße L 598. "Die Frau hat mehrmals richtig Gas gegeben und fast einen Frontalzusammenstoß verursacht", berichtet Bartel. "Im letzten Moment hat sie das Lenkrad noch nach rechts gerissen." Auf der Auffahrt zur B 535 sei die Betrunkene dann in die Leitplanke geprallt, aber dennoch weitergefahren. Weiter ging es auf die Speyerer Straße, wo die 37-Jährige erneut die Leitplanke touchierte. "Immer wieder sind Teile des Autos weggeflogen", berichtet Bartel. "Das war wie im Film oder wie in der Fernsehserie Alarm für Cobra 11."
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Anschließend ging es auf die A 5, über die die Unfallfahrerin laut Daniela Bartel mit bis zu 170 Sachen heizte - bei einem Tempolimit von 100. "Dabei hat sie fast drei Lastwagen touchiert", so Bartel. Als die Betrunkene dann auf die A 656 abbog, konnte Daniela Bartel sie nicht mehr verfolgen. Der Polizei ist es aber dank ihrer Hinweise gelungen, die 37-Jährige in Mannheim an der Abfahrt zur Bundesstraße 38a zu stoppen. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 1,8 Promille.
Daniela Bartel ist einfach nur froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. "Ich wollte verhindern, dass jemand stirbt", sagt die Leimenerin. "Ich habe ein paar Mal einen Frontalzusammenstoß kommen sehen." Dass sie sich mit der Verfolgungsjagd selbst in Gefahr bringen könnte, darüber hat sie nicht nachgedacht. "Ich bin sonst eine ruhige Fahrerin", sagt sie. Zufall war, dass sie gerade einen Ford Focus mit 105 PS von einem Bekannten fährt. "Mit meinem 54 PS starken VW Polo wäre ich nicht hinterhergekommen", schmunzelt Bartel.
Nach der Verfolgungsjagd sei sie stark aufgewühlt gewesen, erzählt Daniela Bartel. "Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, die ganzen Bilder habe ich nicht aus dem Kopf bekommen." In der Nacht meldete sich die Polizei noch einmal bei ihr, so Bartel: "Die Beamten haben sich bei mir bedankt und gesagt, dass ich alles richtig gemacht habe."
In diesem Fall sei dies so, schränkt Polizeisprecher Christoph Kunkel aber ein. Wichtig sei, dass man sich selbst und andere nicht in Gefahr bringt, so Kunkel. "Denn wenn jemand verfolgt wird, könnte er noch schneller fahren." Es sei auch in diesen Situationen nicht erlaubt, schneller als erlaubt und über rote Ampeln zu fahren. "Verfolgungsjagden sollte man der Polizei überlassen, denn wir sind dafür speziell geschult", sagt Kunkel. "Wir brechen so eine Fahrt auch mal ab, wenn es zu gefährlich wird." Manchmal reiche es auch, das Kennzeichen weiterzugeben. Die Beamten könnten dann die Adresse ermitteln und Alkoholsünder zu Hause "empfangen". Kunkel: "Wir raten grundsätzlich eher davon ab, mit dem Auto hinterherzufahren."



