Ein Eselsohr war früher Anlass für eine Schlägerei
Die Schatthausener waren einst gar nicht gut auf ihren Necknamen zu sprechen. Zur Herkunft gibt es mehrere Geschichten.

Von Anja Hammer
Schatthausen. Die Schatthausener sind die "Esel". Das ist kein Geheimnis. Aber warum sind die Bewohner des Wieslocher Stadtteils nach dem Grautier benannt? Um die Herkunft des Spitznamens ranken sich zahlreiche Geschichten und Legenden. Für die Serie "Die Uznamen der Region" hat sich die RNZ auf Spurensuche begeben. Ergiebigste Quelle ist dabei sicherlich das Buch "Die Ortsnecknamen in Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckar-Kreis – von Bloomäuler, Lellebollem und Neckarschleimer" von David Depenau.
Einige Geschichten hängen eng mit dem Wasserschloss von Schatthausen beziehungsweise mit dessen Besitzern zusammen. Das sind seit rund 200 Jahren die Freiherren Göler von Ravensburg. Diese stammen von einem alten Kraichgauer Adelsgeschlecht ab. Mit der Hochzeit von Karl Göler und Karoline Freiin von Zyllnhardt kamen die vormals Zyllnhardt’schen Güter in Schatthausen, Bammental, Gauangelloch, Ochsenbach und Mauer und Schatthausen 1828 in den Besitz der Familie Göler.
Was den Eselsnamen angeht, so gibt es die Geschichte, dass es einmal einen Streit zwischen den Schatthausenern und den Grundherren gab. Während sich die Mauermer erfolgreich der Ansage von oben widersetzten, sollen die geduldigen und friedfertigen Schatthausener klein beigegeben und dabei "I aah" gesagt haben. Mit dem Eselslaut war es nicht genug: "Sie seien weiter aufgrund ihrer Zustimmung auch fortan die Dummen gewesen – die ,Essl’ also", schreibt Depenau.
Andere behaupten, dass der Eselsname daher rührt, dass die Schatthausener angeblich einmal den Esel vom Fuhrwerk der adligen Kinder nahmen, ihn schlachteten und verspeisten. Übrigens, was Depenau nicht schreibt: Im 14. und 15. Jahrhundert gab es einen Ritterbund, der nannte sich "Turniergesellschaft zum Esel".
Dieser hatte sich nach dem Esel benannt, da man im Mittelalter das Tier mit dem Leben Jesu in Verbindung brachte: Man denke nur an den Stall in Bethlehem, die Flucht nach Ägypten und den Einzug in Jerusalem. Der Rittergesellschaft "Zum Esel" gehörten unter anderem Ritter aus dem Odenwald und aus dem Kraichgau an – darunter auch die Familie Göler von Ravensburg. Somit gibt es noch eine Verbindung zwischen Schatthausen und dem Esel.
In Baiertal hat Depenau derweil eine vollkommen adelsfreie Eselsgeschichte aufgeschnappt. Demnach sei einmal ein Gemüsehändler mit seinem Pferdegespann von Baiertal nach Schatthausen gekommen. Er hatte auf seinem Wagen Kürbisse geladen. Das Gemüse war allerdings in Schatthausen nicht bekannt und so wurde der Händler gefragt, was er da habe. Dieser antwortete: "Eselseier."
Man müsse sich auf sie draufsetzen und ausbrüten. Daraufhin soll sich ein Schatthausener solch ein "Eselsei" gekauft haben. Auf seinem Weg entglitt ihm aber der Kürbis und zerbrach. Durch den Lärm wiederum soll ein Hase aufgeschreckt worden und davongerannt sein. Der Schatthausener Bauer rief dem Langohr hinterher: "Halt, Essele, do isch dein Vadder!"
Bei all diesen Geschichten verwundert es nicht, dass der Name "Esel" einst eine große Beleidigung für die Bewohner des heutigen Wieslocher Stadtteils darstellte. Und jede Anspielung darauf wurde gar nicht gutgeheißen. Der frühere Baiertaler Ortsvorsteher Georg Gropp erzählte Depenau, dass die Baiertaler einst mit Absicht auf die Schatthausener Kerwe gingen und dabei einen abgeknickten Zipfel eines Taschentuchs aus der Hosentasche hängen ließen: ein Eselsohr. "Des hewee sich die Schatthaiser net gfalle glossd, drum hots Hibb gewee", wird Gropp zitiert. "Mer hot druffgwesche, dass widder Ruuh gwesd isch bis zu de nägschde Kerwe."
Das hat sich inzwischen komplett geändert. Die Schatthausener tragen ihren Uznamen mit Stolz. Die Kerwe heißt "Eselskerwe", der Kerweumzug wird von echten Eseln angeführt, die Kindertanzgruppe des örtlichen FC Fortuna nennt sich "Tanzesel" und seit 2005 wird der Brunnen in der Oberdorfstraße von einer bronzenen Eselstatue des Künstlers Klaus Wendel geschmückt.
Info: "Die Ortsnecknamen in Heidelberg, Mannheim und dem Rhein-Neckar-Kreis – von Bloomäuler, Lellebollem und Neckarschleimer" von David Depenau, erschienen 2002 im Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher, ISBN: 3-89735-205-2, 13,90 Euro.