Pfarrerin Simone Britsch wechselt nach Weinheim
Mit der RNZ sprach sie über ihre fast 17 Jahre in Großsachsen

Pfarrerin Simone Britsch mit dem Taufstein in der Großsachsener Kirche, der für sie eine besondere Bedeutung hat. Foto: Dorn
Von Annette Steininger
Hirschberg/Weinheim. Simone Britsch sitzt am Schreibtisch im evangelischen Pfarramt und beantwortet Anrufe, weil die Sekretärin im Urlaub weilt. So kennt man die Großsachsener Pfarrerin: immer ansprechbar und zupackend. Sie wirkt gelöst und froh, aber keineswegs aufgeregt. Und das obwohl für die 54-Jährige eine große Veränderung ansteht: Zum 1. November wechselt sie nach Weinheim in die Weststadt-Gemeinde.
"Ich habe noch gut 14 Dienstjahre vor mir; ich glaube, da darf auch eine Veränderung sein", sagt die Pfarrerin über ihre Gründe. "Das Neue darf man wagen, wenn man über 50 ist", fügt sie schmunzelnd an. Besonders schön fand sie, dass der Kirchengemeinderat und andere Menschen in der Gemeinde zwar mit Bedauern, aber positiv auf ihre Entscheidung reagiert hätten.
In den 16,5 Jahren in der Evangelischen Kirchengemeinde Großsachsen hat sie Spuren hinterlassen. Kein Wunder, ist sie doch mit Leib und Seele Pfarrerin. "Dass ich diesen Beruf ergreifen will, wusste ich schon zu Schulzeiten", sagt Britsch. Bereits damals schaute sie sich "probeweise" Theologievorlesungen an. Zudem war sie etwas "vorbelastet", hat sie doch Pfarrersvorfahren in der Familie. Als "prägend" bezeichnete sie ihr Religionsabi und Schuldekan Ulrich Höfer, "der mich immer gut begleitet und mich ermutigt hat, Fragen zu stellen".
"Es war eine spannende Zeit; Kirche war damals sehr politisch", erinnert sie sich. Nach ihrem Theologiestudium wurde die gebürtige Mannheimerin Lehrvikarin in Heddesheim. Nach einer Zeit in Wiesloch boten sich aus ihrer Sicht drei Stellen an. Doch nur auf eine durfte sie sich bewerben. Sie entschied sich für Großsachsen. "Die Menschen dort waren mir gegenüber sehr offen und wertschätzend, vor allem die älteren Kirchengemeinderäte", erzählt Britsch.
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Den ersten Gottesdienst, den sie dann in Großsachsen hielt, wird sie nie vergessen: Er fiel nämlich auf den Sonntag nach dem 11. September 2001, als die USA und die ganze Welt von den Terroranschlägen erschüttert wurden. "Wie kannst du einen Festgottesdienst halten, wenn die Erde andernorts bebt?", hätte sie sich gefragt. Die Pfarrerin entschied sich daher, in ihrer Predigt etwas zu thematisieren, das viele Menschen bewegte: "Sind Orte der Zerstörung gottlose Orte?"Und sie gab auch die Antwort dazu: "Natürlich nicht. Denn Gott ist mittendrin und leidet mit uns doppelt und dreifach mit."
Schwierige Themen scheute Britsch nicht. Ihren Schwerpunkt setzte sie ganz bewusst in der Seelsorge. Aber auch die religiös-pädagogische Arbeit an der Schule und diejenige mit den Erzieherinnen und Kindern des evangelischen Kindergartens "Das Baumhaus" lagen ihr am Herzen. Hier freut sie sich auch heute noch "über die tolle Unterstützung" durch Bürgermeister und Gemeinderat.
Apropos Unterstützung: Die bekam sie auch vom Kirchengemeinderat, als sie einen monatlichen Abendgottesdienst einführen wollte - für all diejenigen, deren Sonntagsplanung nun einmal anders aussieht. "Dafür habe ich Verständnis", sagt die Pfarrerin.
Nicht ganz so einfach gestaltete sich dagegen die Neugestaltung des Kircheninnenraums 2005 und 2006. "Das war ein sensibler Prozess", erinnert sie sich. "Mitunter hatte man den Eindruck, man geht in ein Schlafzimmer und schiebt das Ehebett auseinander", schildert sie sehr plastisch die persönlichen Reaktionen mancher Gemeindemitglieder. "Es ist ein Verdienst des Kirchengemeinderats, dass alles gut ausgegangen ist." Und aus finanzieller Sicht ein Verdienst des Kircheninnenrenovierungsvereins unter dem engagierten, mittlerweile verstorbenen Spendeneinwerber Herbert Gassert. Symbol dieses "guten Endes" ist für Britsch der Taufstein. Er hat für sie eine besondere Bedeutung. Denn zum einen gab es einen solchen vorher nicht. Und zum anderen sei eine Taufe ein rührender Moment mit Botschaft: "Du bist gewollt. Für dich habe ich eine Zukunft."
In ihren 16,5 Jahren in Großsachsen hat Britsch übrigens mindestens 250 Taufen, 120 Trauungen (inklusive Jubelhochzeiten) vorgenommen und gut 300 Beerdigungen gehalten. Bei alldem ist die Zahl der Gemeindemitglieder mit 1500 immer konstant geblieben. In Weinheim kommen mit 5000 noch einige mehr auf sie zu. Dafür hat sie dann eine volle Stelle, noch einen weiteren Pfarrer und zwei Diakone an ihrer Seite. In Großsachsen hatte sie "nur" eine Dreiviertel-Stelle, wohnte aber dafür im Pfarrhaus. In Weinheim haben sie und ihr Mann sich nun etwas Eigenes gesucht.
Gespannt darf man sein, wer nun ins Pfarrhaus einziehen wird. Wie lange das dauert, ist aber ungewiss. Bis Januar sei aber schon alles geklärt, sagt Britsch über die Vertretungssituation. Eine Vakanz gibt es auf jeden Fall; die Stelle ist noch nicht ausgeschrieben. "Es haben aber schon einige Kollegen bei mir angerufen und sich erkundigt", erzählt sie. "Ich bin jedenfalls guter Dinge, dass es hier gut weiterläuft."
Info: Am 20. Oktober wird Pfarrerin Simone Britsch in Großsachsen verabschiedet, am 22. Oktober hält sie dort einen Gottesdienst mit vier Taufen. Und am 31. Oktober findet der große Jubiläumsgottesdienst zur Reformation in der Sachsenhalle statt. Den ersten Gottesdienst mit den Weinheimern feiert sie am 5. November in der Markuskirche.



