Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wahlsystem in der Region Heidelberg
Am Sonntag werden neue Gemeinderäte gewählt - Unechte Teilortswahl ist echt kompliziert

Neckargemünd. (cm) 23.928 Stimmen haben die Wähler bei der Gemeinderatswahl vor fünf Jahren in Neckargemünd "verschenkt" - entweder absichtlich oder unabsichtlich. Der Anteil dieser sogenannten Fehlstimmen an den möglichen Stimmen lag bei 18,43 Prozent - und damit viel höher als in anderen Kommunen in der Region, wo es etwa fünf Prozent waren. Schuld war die unechte Teilortswahl. Dieses Wahlsystem gibt es bei der Gemeinderatswahl in der Region rund um Heidelberg nicht nur in Neckargemünd, sondern auch noch in Meckesheim und Lobbach.
Was ist die unechte Teilortswahl? Dieses Wahlsystem resultiert aus den Eingemeindungen der 70er Jahre. Es sichert den einzelnen Ortsteilen eine garantierte Zahl an Sitzen im Gemeinderat zu. Somit soll gewährleistet werden, dass deren Interessen gewahrt bleiben. "Unecht" ist die Teilortswahl deshalb, weil die Kandidaten aus einem Ortsteil auch von Bürgern aus anderen Ortsteilen gewählt werden können. Bei einer echten Teilortswahl können Bürger aus einem Ortsteil auch nur Bewerber aus diesem Ortsteil wählen.
Was müssen die Wähler beachten? Zunächst gilt, was bei jeder Gemeinderatswahl gilt: Die Wähler können nur eine bestimmte Anzahl an Stimmen vergeben - in Neckargemünd sind es 22. Dabei können sie einem Kandidaten bis zu drei Stimmen geben. So weit, so klar. Doch dann wird es kompliziert: In Neckargemünd gibt es vier Wohnbezirke. Für die Kernstadt dürfen maximal 14 Bewerber gewählt werden, für Dilsberg vier sowie für Mückenloch und Waldhilsbach jeweils zwei. Bei der vergangenen Gemeinderatswahl wählten viele Bürger mehr als die zulässige Zahl an Kandidaten pro Wohnbezirk. Die Konsequenz: Der Stimmzettel war zumindest in Teilen ungültig. Es kam jedoch auch vor, dass sie zum Beispiel für den Dilsberg nur vier Stimmen vergaben, obwohl sie vier Bewerber mit jeweils drei Stimmen hätten wählen können. Das Stimmenkontingent wurde also nicht voll ausgeschöpft.
Wie kann man Fehler vermeiden? Nichts falsch machen kann man, wenn man eine Liste abtrennt und diese abgibt. Dann bekommt jeder Kandidat darauf eine Stimme. Das machen aber erfahrungsgemäß nur wenige Wähler, weil sie Kandidaten von mehreren Listen wählen wollen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man markiert die Kandidaten und gibt den gesamten Stimmzettel ab oder man trennt eine Liste ab und schreibt darauf weitere Kandidaten von anderen Listen.
Wichtig dabei: Die weiteren Kandidaten müssen in denselben Wohnbezirk eingetragen werden. Weil das eine Fehlerquelle ist, rät die Stadt dazu, lieber den ganzen Stimmzettel zu verwenden. Bevor man den Stimmzettel abgibt, empfiehlt die Stadt zudem, diesen doppelt zu kontrollieren: zum einen dahingehend, dass insgesamt nicht mehr Stimmen als zulässig vergeben wurden. Und zum anderen darauf, dass pro Wohnbezirk nicht mehr Kandidaten als zulässig gewählt wurden.
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Was tut die Stadt gegen die hohe Fehlerquote? Nach der vergangenen Kommunalwahl hat die Stadt angekündigt, die Wähler künftig besser zu informieren. Insbesondere die knapp 600 Erstwähler dürften Bedarf haben. Die Stadt setzt vor allem auf die Information durch die Wahlhelfer im Wahllokal. Außerdem sei das Wahlrecht auf einem mitgelieferten Merkblatt klar erklärt. Im Bürgerbüro und auf der Internetseite gibt es zudem Informationen "in einfacher Sprache".
Wie werden die Sitze im Gemeinderat verteilt? Für jeden Wohnbezirk zieht eine festgelegte Zahl an Bewerbern ein. Doch tatsächlich kann der Gemeinderat wegen der unechten Teilortswahl größer als 22 Sitze werden. Das ist sogar sehr wahrscheinlich. Aktuell hat er 24 Sitze, maximal können es 44 werden. Im ersten Schritt wird nach dem Verhältniswahlrecht errechnet, welcher Partei beziehungsweise welchen Parteien in einem Wohnbezirk die Sitze zustehen. Diese gehen dann an die Bewerber mit den meisten Stimmen auf der jeweiligen Liste.
Es kann durchaus passieren, dass ein nicht gewählter Bewerber in einem Wohnbezirk mehr Stimmen bekommen hat als ein gewählter Bewerber in einem anderen Wohnbezirk. Im zweiten Schritt wird dann - wie in jeder anderen Kommune auch - die Sitzverteilung nach den Parteien ermittelt. Und zwar bezogen auf die gesamte Stadt. Gibt es eine Diskrepanz zu dem Parteien-Verhältnis der gewählten Bewerber aus den Wohnbezirken, kommt es zu Ausgleichssitzen. Der Gemeinderat wird "aufgefüllt", bis das Verhältnis passt.