Die Kramer-Mühle wird zum Kraftakt von über 20 Millionen Euro
Schrittweise sollen Umbau und Erweiterung realisiert werden.

Von Sebastian Lerche
St. Leon-Rot. Nutzungskonzept und Architektenentwurf stehen jetzt fest, so konnten erstmals konkrete Zahlen genannt werden: Umbau und Erweiterung der Kramer-Mühle in St. Leon-Rot werden wohl über 20 Millionen Euro kosten. Das wurde in der jüngsten Gemeinderatssitzung deutlich, die ausnahmsweise in der Sommerpause stattfand, um zeitnah wichtige Weichenstellungen zu treffen.
Zwei Zuschüsse von Land und Bund mit einer Gesamthöhe von rund drei Millionen Euro hat die Gemeinde für die Mühle bereits erhalten. Die sind mit einer Frist verbunden und drohen zu verfallen, daher hat die Verwaltung eine Verlängerung beantragt. Dass man ein Projekt dieser Größenordnung zügig und reibungslos umsetze, sei von Anfang nicht zu erwarten gewesen, sagte Bürgermeister Alexander Eger.
Holger Maier (Grüne), der auch im Freundeskreis Kramer-Mühle aktiv ist, äußerte die Hoffnung, dass weitere Zuschüsse fließen werden, schließlich befindet sich die Mühle im Gebiet des Ortskernsanierungsprogramm des Landes. Dieser Hoffnung mussten Bürgermeister Alexander Eger und Rouven Dittmann (Junge Liste) einen Dämpfer verpassen: Solche Landeszuschüsse seien kein Automatismus, schon gar nicht in Höhe der bis zu 60 Prozent, die andere Maßnahmen in St. Leon-Rot schon erhalten haben.
Auch für den Bürgermeister waren die Kosten "eine Riesenhausnummer". Aber: "Wir sollten an dem eingeschlagenen Weg festhalten", plädierte Eger, schließlich gehe es darum, ein Stück Geschichte zu bewahren. Rückblickend bewertete er den bisherigen Weg nämlich positiv, "mit gutem Ergebnis". Die Millionensummen werden nicht auf einmal ausgegeben: Wie Ortsbaumeister Peter Dietz erläuterte, sind momentan drei Bauabschnitte angedacht, das werde aber noch präzisiert.
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Bürgermeister Eger und andere Ratsmitglieder erinnerten an die bisherige Entwicklung des Mühlen-Projekts. 2015 hatte der Gemeinderat sich für den Kauf entschieden, nicht willens, ein weiteres historisch bedeutsames Gebäudeensemble zu verlieren. Nicht verschwiegen wurde, dass die damals drängende Frage der Flüchtlingsunterbringung ein wichtiger Aspekt der Entscheidung war.
Wohngebäude für Geflüchtete oder Einkommensschwache auf der Mühlenwiese verhinderte aber ein Bürgerentscheid 2017. Auch diese Fläche sollte nach dem Willen der Mehrheit weiter frei nutzbar bleiben. Mehr als 100 ideenreiche Beteiligte fand im selben Jahr die "Bürgerwerkstatt", durch die ein Nutzungskonzept für die Mühle erste Gestalt annahm.
Es beinhaltet eine große Mediathek, eine Bücherei mit reichhaltigem digitalen Angebot, ein Restaurant mit Außenbewirtung, Trauzimmer, Festsaal, Künstlerwerkstatt, Vereins- und Seminarräume und mehr. Das Nutzungskonzept bildete die Grundlage für den Architektenwettbewerb, der in diesem Frühjahr entschieden wurde. Das Team um Renzo Vallebuona von "Vast Architekten" aus Karlsruhe hatte das richtige Gespür bewiesen und erhielt den mit 40.000 Euro dotierten ersten Preis. Für die Jury, die bei 6 zu 1 Stimmen dafür war, gaben der Respekt vor Großzügigkeit und Charme der historischen Räumlichkeiten, die Erlebbarkeit der Idylle am Kraichbach und der geplante moderne Anbau den Ausschlag. Das Gebäude, das sich neu dazu gesellt, verhindert, dass zu sehr in die Bausubstanz eingegriffen werden muss.
Das sei ein großer Vorteil, betonte Ortsbaumeister Dietz jetzt. Trotz neuer Infrastruktur wie Heizung, Lüftung, Strom, Internet, Wasser und Abwasser sowie Barrierefreiheit greife man vergleichsweise wenig in die historisch gewachsene Erscheinung der Mühle ein. Viel davon könne außen angebaut statt innen installiert werden, "das wird kein Komplettumbau": Und das gefalle dem Denkmalamt sehr.
Jetzt in der Sitzung ging es um die offizielle Beauftragung des Büros "Vast Architekten". Das Honorar beträgt knapp 2,6 Millionen Euro und basiert auf den anrechenbaren Kosten für das Gesamtprojekt von 16 Millionen Euro. Sowohl Vast Architekten als auch Denkmalamt "wollen zeitnah konkrete Maßnahmen starten", schilderte Ortsbaumeister Peter Dietz. Daher hatte man nicht bis zur September-Ratssitzung warten wollen. Weitere Planungsaufträge in Höhe von 30.000 Euro gingen an das Projektmanagement-Büro Thost, das bereits den Architektenwettbewerb betreute: Es wird sich beispielsweise Untersuchungen von Tragwerk und Bauphysik widmen.
Als "Meilenstein für das Projekt" und "großen Schritt Richtung Baubeginn" bewertete Carsten Kamuf (CDU) diese Ratsentscheidung. Die erwähnten anrechenbaren Kosten von 16 Millionen "sind ein Batzen Geld", aber "dafür bekommen wir einiges", blickte er auf all die Vorhaben im Konzept. Vor allem aber werde "ein Kulturdenkmal erhalten". Er appellierte an die Verwaltung, den Rat stets über den Projektfortschritt und die jeweils fälligen Ausgaben auf dem Laufenden zu halten, außerdem ein Auge auf mögliche Zuschüsse zu haben. Die "hervorragende Öffentlichkeitsbeteiligung" lobte Michael Herling (FDP), die Bürgerschaft sei immer eingebunden, viele ihrer Wünsche ins Projekt aufgenommen worden. Das Büro Vast habe die nötige Erfahrung, meinte er.
Holger Maier hob hervor, dass die Mühle bereits jetzt ein Veranstaltungsort sei, der "gut angenommen wird". So erinnerte er an Feste der Mühlenfreunde oder das verlagerte St. Leoner Straßenfest, außerdem an den "Kultursommer", der nun wieder am 11. und 12. September mit Konzerten auf dem Mühlenareal stattfindet. Der Siegerentwurf sei zukunftsweisend, meinte Maier, und die Bürgerschaft warte bereits ungeduldig darauf, dass es an der Mühle losgehe.
Rouven Dittmann war es, der die in der Verwaltungsvorlage genannten "anrechenbaren Kosten" in den Kontext setzte. Mit Nebenkosten, Honoraren, weiteren Leistungen und dem eigentlichen Kauf der Mühle 2015 liege man bei über 23 Millionen Euro. Die bereits erhaltenen Zuschüsse eingerechnet, seien es immer noch über 20 Millionen, so Dittmann. Auch er war trotzdem dafür, den Weg weiterzugehen, solange der Rat permanent in alle Entscheidungen eingebunden bleibe. "Wir werden uns die Mühle was kosten lassen", zeigte er sich "zuversichtlich, dass die Bürgerschaft sie gerne annimmt".
"Die engagierte Bevölkerung wartet sehnsüchtig darauf, dass es vorangeht", sagte Wolfgang Werner (SPD). Er lobte den "schönen Entwurf". "Bei den Kosten haben wir schon geschluckt", so Tobias Rehorst (Freie Wähler). Die lägen deutlich über dem, was anfangs avisiert worden sei. Doch seien viele Ideen der Bürgerschaft und der Freien Wähler ins Projekt eingeflossen, da sei Weitermachen die logische Konsequenz. Der Rat müsse aber jederzeit mit Informationen versorgt bleiben.
"20 Millionen sind erst der Anfang": Für Adolf Geider (Freie Wähler), der als einziger mit Nein stimmte, war eine Investition dieser Größenordnung inakzeptabel. Er habe bereits früh prophezeit, dass für die Mühle ein zweistelliger Millionenbetrag fällig werden würde und sei ausgelacht worden. Jetzt seien seine schlimmsten Befürchtungen übertroffen worden. Zumal die Standsicherheit der Mühlengebäude für ihn höchst zweifelhaft sei und hier noch weitere Ausgaben drohten. Das müsse geprüft werden, meinte Michael Herling darauf, aber die Mühle stehe immerhin bereits über 500 Jahre, "andere Gebäude wären längst weg".